FolkWorld #49 11/2012

CD & DVD Reviews

Fiona J Mackenzie "Archipelago"
Greentrax, 2012

English CD Review

www.fionamackenzie.org

Die Sängerin Fiona J Mackenzie[35][40] nimmt uns mit auf eine Reise zu elf der Inseln, die vor der schottischen Küste liegen - von Skye und Arran bis nach den Orkneys und Shetlands. Jeder Insel ist ein Lied gewidmet, überwiegend ruhig und Easy-listening, mal in Scots und mal in Gaelic, einschließlich "Iorram Suirghe", mit der Fiona die Goldmedaille beim 2005er Stornoway Mod gewann, und einmal sogar in Norn, der ausgestorbenen Sprache der Shetland-Inseln ("The Unst Boat Song"). Das Booklet enthält alle Texte und, wo notwendig, englische Übersetzungen. Bekannte Lieder sind "The Great Selkie of Sule Skerrie" (Orkney), der "Arran Boat Song" und der "Eriskay Love Lilt". "Cumha Iain Ghairbh Mhic Gille Chaluim Ratharsair" (Lament for John Garve Macleod of Raasay) aus dem Jahre 1671 wäre ein Anwärter für Sandy Brechins aktuelles Konzeptalbum über die Insel Raasay gewesen.[49] Alex Hodgson zieht das Tempo an mit Ian McCalmans bekanntem Lied "Smuggler". Weitere Freundinnen und Freunde, die eingeladen wurden an der Reise teilzunehmen, sind u.a.: Sängerin Barbara Dickson,[45] Geiger Gillian Frame,[20] sowie das Duo Mairi Campbell und Dave Francis (The Cast).[34]
© Walkin' T:-)M


Mick Conneely & David Munnelly "'Tis What It Is"
Cló Iar-Chonnacht, 2012

English CD Review

www.mickconneely.com
www.davidmunnelly.com

Es ist, was es ist.[48] Traditionelle irische Musik mit Fiedel und Knopfakkordeon, die mit Schwung und Begeisterung angegangen wird. Fröhliche und mitreissende Sets, beginnend mit Barndances ("High Caul Cap") und Jigs, unterstützt von Ringo McDonaghs Bodhrán[35] und Jonas Fromseiers Banjo (Morga).[40] Nach einer kurzen Verschnaufpause im Mittelteil mit einem Walzer-Set und einem selbstverfassten Slow Air auf dem Akkordeon, wird ein rasantes Finish abgeliefert: Reels und noch mal Reels. Mick Conneely,[21] der auch griechische Bouzouki spielt, ist dabei der Geiger der Alec-Finn-Inkarnation von De Danann, David Munnelly, the Bullet from Belmullet,[27][32][46] der einstige Akkordeonist in der Niamh Parsons Band, der sich nun auch schon seit mehr als zehn Jahren mit seiner eigenen Band freigestrampelt hat. Und nun ein Duo-Album, das mehr an eine Jam-Session alter Art erinnert, wobei sich die beiden Protagonisten blind verstehen und in einen fruchtbaren Dialog treten.
© Walkin' T:-)M


Session A9 "Session A9"
RAJ Records, 2012

English CD Review

www.sessiona9.com

Seltsam, seltsam. Bei Album Nr. 4 des schottischen Septetts Session A9[28][36][45] hat man gleich ganz auf einen Titel verzichtet. Ein bißchen erklärt sich dies dadurch, dass es offenbar aus einem Solo-Projekt des Capercaillie-Geigers Charlie McKerron[36] hervorgegangen ist und dann doch die Jungs - an den Geigen Gordon Gunn, Adam Sutherland (Treacherous Orchestra),[48] Kevin Henderson (Fiddlers Bid, Boys of the Lough),[47] sowie Gitarrist Marc Clement, Keyboarder-Akkordeonist Brian McAlpine und Perkussionist David 'Chimp' Robertson - hinzugezogen wurden. Eine feine Sammlung Fiddlemusik; bereits das das Album eröffnende Medley von McKerron-Polkas ("Surfing Bride") macht Vergnügen. Gordon Duncan, Jerry Holland, Rory Campbell, ein Shetland-Reel und ein bretonischer Ridee sind neben McKerron und einem großartigen Slow Air aus der Feder Gordon Gunns die Koordinaten, in denen sich diese Session verorten lässt. Marc Clement singt außerdem drei Lieder von jeweils Karine Polwart, Jackson Browne und John Martyn in dem leichten, etwas langweiligen Folk-Pop-Stil, der augenblicklich en vogue zu sein scheint.
© Walkin' T:-)M


Michelle Mulcahy "Suaimhneas"
Cló Iar-Chonnacht, 2012

Margie Butler, Aryeh Frankfurter, Harpers Hall
"Celtic Harp"
ARC Music, 2012

English CD Review

www.goldenboughmusic.com
www.lionharp.com
www.harpershall.com

Die keltische Harfe ist das Nationalinstrument Irlands. Die alte Harfentradition ist längst ausgestorben, seit Mitte des 20. Jahrhunderts blüht allerdings wieder eine neue Tradition. Zunächst als reines Begleitinstrument zum Gesang traditioneller Musik eingeschränkt (siehe Helen Lawlor in ihrem Essay @ "Ancestral Imprints - Histories of Irish Traditional Music and Dance"),[49] hat sich das Saiteninstrument mittlerweile auch wieder ihren Platz in der instrumentalen Musik erkämpft.

Suaimhneas - Entspannung, Ruhe, Frieden - hat Michelle Mulcahy[27][40][44] ihr Solo-Album genannt. Dennoch sind nur drei Slow Airs enthalten (darunter "Carolan's Cup" im Walzertempo anstatt dem üblich 6/8-Takt), die Auswahl besteht aus Jigs, Reels & Hornpipes - zugegebenermaßen nicht gerade im Geschwindigkeitsrausch, sondern mit Grazie und Eleganz. Eines der Highlights ist ihre Eigenkomposition, der ergreifende "Karen March", zu Ehren der der ethnischen Minderheit der Karen in Burma. Deren Nationalinstrument ist ebenfalls die Harfe und Michelle Mulcahy hat ihre Doktorarbeit an der Universität Limerick einem Vergleich beider Harfentraditionen gewidmet.

Wer es dann noch immer nicht lassen kann mit der Harfe, für den repräsentieren die Kalifornier Margie Butler,[38] Sängerin und Harfenistin der Gruppe Golden Bough,[31] Aryeh Frankfurter und Harpers Hall, eine Gruppe von 15-25 Harfenspielern unter der Leitung von Verlene Schermer, noch einmal die Alte Schule. Aryeh Frankfurter wagt sich schon mal an Tanzstücke, "Fisherman’s Song for Attracting Seals" oder schwedische Polskas, Margie Butler vertraut Carolan-Stücken ("Carolan’s Draught") und Liedmelodien ("Lea Rig"). Die einzelnen Mitglieder von Harpers Hall verfügen über ein eklektisches Repertoire - vom weihnachtlichen "Christ Child’s Lullaby" über den Renaissancetanz "La Rotta" zum skandinavischen "Willafjord". Wie bei den ARC Music-Veröffentlichungen üblich ist das Booklet in Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch.
© Walkin' T:-)M


Zirp "Drehvolution"
Zyx Music, 2012

www.zirpmusic.de

Vielleicht das interessanteste und aufregendste 2012 in Deutschland produzierte Album liegt mit Zirps "Drehvolution" vor. Die Gruppe besteht vor allem aus dem von der mittelalterlichen Dresdner Formation Liederlicher Unfug[32][43] und neuerdings auch bei Faun[46] spielenden bekannten Drehleierspieler Stephan Groth, sowie dem Gitarristen Olaf Peters und dem Perkussionisten Florian Fügemann. Der Drehleier Folk (so der schlichte Untertitel), selbst auch besser als "Drehleier Fusion Folk bezeichnet, verbindet Eigenkompositionen von Groth und Peters im Stile traditioneller europäischer Tanzmusik (Reel, Walzer, Polska, ...) - aber auch einen traditionellen Schottisch aus Franken, eine Poloness aus Westfalen und eine Polka von La Machine-Sackpfeifer Julian Barbances - mit Rock- und Pop-Grooves. Die Drehleier ist elektrisch verstärkt und verzerrt. Zum Grande Finale kommen auch noch Florian Kolditz (Kontrabass) und Matthias Branschke (Schäferpfeife)[44] dazu. Das Ergebnis geht unter die Haut. Es ist abwechslungsreich, überwiegend tanzbar und an keiner Stelle langweilig. Ich frage mich zum wiederholten Mal, warum es in deutschen Landen nicht viel mehr so experimentier-freudige Musikanten gibt? Empfehlenswert!!!
© Walkin' T:-)M


Stan Rogers "Between the Breaks... Live!"
Borealis Records, 1979/2012

English CD Review

www.stanrogers.net

"Between the Breaks" ist Album Nr. 3 und das einzige zu Lebzeiten veröffentlichte Live-Album der kanadischen Folk-Ikone Stan Rogers (1949–1983).[44][47] 1978 in Torontos Groaning Board Folkclub eingespielt, ist die CD zudem die dritte von fünf Stan-Rogers-Alben die von Borealis Records remastered und wiederveröffentlicht wurden bzw. noch werden. Der Live-Mitschnitt zeigt Rogers nicht nur als handwerklich versierten und vielseitigen Songwriter und Texter, sondern auch kraftvollem Sänger und Performer. Begleitet wird er von Bruder Garnet an Geige und Flöte und David Alan Eadie am Bass, sowie den ganz speziellen Gästen Grit Laskin (Mandoline, Konzertina und Northumbrian Smallpipes) und (dem späteren Borealis-Mitbegründer) Paul Mills (aka Curly Boy Stubbs) an der zweiten Gitarre. Die Set-List enthält traditionelle Folk-Songs ("Witch Of Westmorland"), Shanties ("Rolling Down To Old Maui"), als auch Rogers-Klassiker wie das viel nachgespielte "Barrett's Privateers" und "The Mary Ellen Carter", mit denen Rogers das englisch-sprachige Kanada auf die musikalische Landkarte gesetzt hat.
© Walkin' T:-)M


Wenzel & Band "Woody 100"
Matrosenblau, 2012

www.wenzel-im-netz.de

Weltweite Hype anlässlich von Woody Guthries 100. Geburtstag: www.woody100.de.[48][48][49][49] Der ostdeutsche Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel,[42] der 2003 Guthrie-Texte ins Deutsche übersetzt und vertont hat,[26][43] trug am 26. Februar 2012 im Berliner Kesselhaus beim Festival Musik und Politik sein Guthrie-Programm vor (siehe auch Fotos und Videos): deutsche Nachdichtungen (und überwiegend auch Vertonungen) von Guthrie-Stücken, wie z.B. "Die Erde ist da für dich und mich" (This Land Is Your Land), "Schlechter Ruf" (Bad Reputation), "Erst nach 100 Jahrn" (Every 100 Years), das Kinderlied "Schlag nicht auf mich ein" (Don't You Push Me Down) und der ganz klare Überflieger "Neunzig Meilen Orkan" (Ninety Mile Wind). Mit Bob Dylans "Song to Woody" blickt Wenzel zu dem großen Vorbild auf, mit "Ahoi! Ahoi!", "Gebt mir Geld!" und "Zeit der Irren und Idioten" lässt er sein eigenes Werk Revue passieren, letzteres Lied auch schon ein Klassiker. Tom Morellos (Rage Against The Machine) Vertonung von "Ease My Revolutionary Mind" und Billy Braggs "Eisler on the Go" (beide stehen auch in persona auf der Bühne) runden das gelungene Konzert ab. Mit der Transformation der Guthrie-Songs in moderne Rock- und Rockjazz-Versionen, allerdings mehr Brecht als Springsteen, liegt sowohl eine hervorragende Kompilation als auch ein wunderbares Live-Album vor. Nur auf die eher etwas platten Ansagen hätte man meiner Meinung nach gut verzichten können. Das kann Wenzel eigentlich besser.
© Walkin' T:-)M


Dazkarieh "Eterno Retorno"
Galileo Music Comm., 2012

www.dazkarieh.com
www.dazkarieh.de

Die Folkrockband aus Lissabon wurde vor mehr als zehn Jahren gegründet. Nach mehrjähriger Suche nach ihrem Sound hat das portugiesische Quartett - z.Z. bestehend aus Joana Negrão (Gesang, Tamburin; alle Texte), Vasco Ribeiro Casais (Nyckelharpa, Bouzouki, Dudelsack, Programming; alle Musik), Rui Rodrigues (Gitarre, Cavaquinho, d.i. ein portugiesischer Vorläufer der Ukulele) und Miguel Casais (Schlagzeug) - hat man denselbigen jenseits des für Portugal typischen Fado[47] in rockigen Grooves und elektronisch verzerrten Instrumenten gefunden, der energischen und ausdrucksstarken Stimme von Joana Negrão, und Melodien, die eher bei mediterraner und keltischen Musik Anleihen machen.[39][45] Nun heißt es eterno retorno, die ewige Wiederkehr des Gleichen, aber das muss ja nichts schlechtes sein. Die Gruppe spielt nun ausschließlich eigene Kompositionen. Zwischen rockigen Titeln wie dem Opener "(ir)Real", dem sphärischen "Ladainha do Lago" und dem akustischen Wiegenlied "Embalo ao nascer do Sol" wird ein Spannungsbogen erzeugt, der den Zuhörer fesselt und kaum noch loslässt. Das Booklet enthält alle portugiesischen Texte sowie Übersetzungen ins Englische.
© Walkin' T:-)M


The Old Dance School "Chasing the Light"
Transition Records, 2012

www.theolddanceschool.com

Die englische Gruppe namens The Old Dance School wurde im Jahre 2006 gegründet, und zwar, wie sollte es auch anders sein, in der Betty Fox School of Ballet in Birmingham, einem Partykeller, wo sich Musiker aus der ganzen Stadt trafen und miteinander jammten. Aus diesem Schmelzkessel ist eine Band entstiegen, die - ganz im Gegensatz zu ihrem Bandnamen - eine äußerst moderne und zeitgemäße Form von Folkmusik spielt.[39][48] Überwiegend instrumentelle und an traditionelle Formen angelehnte Musik und überwiegend Eigenkompositionen des Gitarristen Robin Beatty, der Geigerinnen Samantha Norman und Helen Lancaster, sowie einer auf dem kanadischen "Gigue du brandy" bestehenden Variation von Perkussionist Tom Chapman. Desweiteren leisten Laura Carter (Holzblasinstrumente), Aaron Diaz (Trompete) und Adam Jarvis (Kontrabass) ihre ebenbürtigen Beiträge bei den ausgeklügelten Arrangements der cinematischen, fast epischen Sets, die zwischen eingängig und drängend bzw. subtil und lyrisch mäandern. Es ist überhaupt nicht mehr herauszuhören, dass The Old Dance School einmal Ceilidh-Band-Musik gemacht hat, ihr Platz ist im Jazzkeller und auf den Festivalbühnen. Wie auf den beiden zuvorigen Alben auch sind drei Titel Lieder. Robin Beatty hat zwei Folk-Pop-Songs geschrieben, von dem "Sula Sgier" melodisch wie auch textlich das bislang Stärkste seines Œuvres ist: Der Dialog zwischen Vater und Sohn vergleicht das traditionelle Ritual des Vogelfangs mit dem Bau moderner Windkraftanlagen und wie beides von den Elementen Wind und Wetter abhängt: Father don’t you see, we’re just the same both you and me, from the land and sea we take our share. Das traditionelle "Craigie Hill" wurde in die Jazz-Lounge transportiert. (Vergleiche dazu etwa nur die Interpretationen von Caladh Nua,[41] Dick Gaughan oder Rose Laughlin[37]).
© Walkin' T:-)M


Belzébuth "Suite 8"
Own label, 2011

English CD Review

www.bzb.qc.ca

Die franko-kanadische Gruppe Belzébuth besteht seit mehr als zehn Jahren, mit "Suite 8" liegt ihr bereits drittes Album vor, aber gehört hat man von dem Sextett auf dieser Seite des Atlantiks noch nicht besonders viel. Das ist bedauerlich und sollte sich ändern, gehört die Band aus Lanaudière doch ganz natürlich an die Seite von Formationen wie Le Vent du Nord[49]: die Kraft und Lebendigkeit zweier Geigen (Jean-Benoit Landry und Marie-Maxime Piché Richer) der Groove und Rhythmus von Akkordeon (Philippe Jetté), foot percussion und treibender Gitarre (Francis Marion), in die Beine gehende Instrumentalstücke, kraftvoller Harmonie- und Wechselgesang. Die typischen Reels aus Quebec (u.a. Kompositionen von Jean-Benoit Landry und Bass- und Banjo-Mann Jean-Michel Roch) werden mit irischen Jigs ("Knocknagow", "Tom Busby's") und amerikanischer Old-Time-Musik ("Shove the Pigs' Foot a Little Further Into the Fire") gemischt. Die traditionellen Lieder stammen aus Frankreich und Französisch-Kanada (wie dem treibenden Opener "Jean-Claude Marquis"), teilweise vertont von Louis-Vincent Gagnon (Mandoline, Bouzouki). Es wäre wohl zuviel gleich von einer Frischzellenkur zu sprechen, aber hier ist eine Leidenschaft und Energie am Werk, die seinesgleichen sucht. Jedenfalls - dem Bandnamen entsprechend - teuflich gut!
© Walkin' T:-)M


A Glezele Vayn "Roznsharf"
Flowfish, 2012

www.glezele.de

Feynherb[34] war einst der künstlerische Ausdruck des Klezmer-Quartetts A Glezele Vayn. Seit 2007 haben sich der Allgäuer Klarinettist Achim Rinderle, die in Ungarn geborene Akkordeonistin Szilvia Csaranko, der aus dem Elm stammende Gitarrist Jacobus Thiele sowie - abwechselnd - Kontrabassist Johannes Keller oder Michael Tuttle weiter entwickelt und den Gaumen verfeinert, dabei aber nicht den Geschmack abgemildert. Roznsharf ist nun die Musik. Die Schärfe des Gulaschs, die Würze von Gefiltem Fisch und und das Aroma Allgäuer Katzegschreis finden sich in dem eklektischen und abwechslungsreichen Mix aus Freylachs der jiddischen Shtetl, Horas aus den Schluchten des Balkans und Kompositionen von Achim Rinderle, die musikalisch eher in den Alpen zu verorten sind. Anders gesagt: eine Spezialitäten-Mischung, die so lange in Erinnerung bleibt wie eine feurige Peperoni.
© Walkin' T:-)M


The Fretless "Waterbound"
Eigenverlag, 2012

www.thefretless.com

Mal was anderes. Nicht gänzlich neu die Idee, aber selten in dieser Konsequenz zu Ende geführt: ein klassisches Streichquartett aus Kanada - Ivonne Hernandez (Violine, Viola), Karrnnel Sawitsky (Violine, Viola), Trent Freeman (Violine, Viola), Eric White (Cello) - spielt traditionelle keltische Tanzmelodien. The Fretless, die auf dem Irish Folk Festival 2012 ihr Europa-Debüt gegeben haben, haben dabei weniger den Salon im Auge als das Ceili-Publikum. Beide Welten - die Präzision der klassischen Musik, der Schwung und die Verzierungen der traditionellen Musik - werden erweitert durch die aus der franko-kanadischen Musik bekannte foot percussion und perkussive Bluegrass-Techniken. Es lohnt ein Blick auf das Repertoire: Melodien aus jüngerer Zeit (Liz Carroll, Jerry Holland, Gordun Duncans "Pressed for Time", ...) und Eigenkompositionen von Karrnnel Sawitsky und Trent Freeman treffen auf (einige wenige) traditionelle Melodien ("Bunch of Keys" und "Growlin Old Man and Woman"). Auf dem Debütalbum geben zudem Ruth Moody[30] mit Dirk Powells "Waterbound" (aufgenommen von Dana & Susan Robinson zum Beispiel)[31] und Norah Rendell (The Outside Track)[42] mit Karine Polwarts "Harder to Walk" ein vokales Gastspiel. (Letzteres gefolgt von der traditionellen Melodie "Hole in the Hedge" aus dem Outside Track-Repertoire).[34] Live soll Ivonne Hernandez die Rolle der Sängerin übernehmen, heißt es. Man darf gespannt sein, ob die fünfmalige Grand North American Fiddle Championness auch vokal überzeugt.
© Walkin' T:-)M


Dave Goodman & Steve Baker "The Wine Dark Sea"
Acoustic Music, 2012

www.dave-goodman.info
www.stevebaker.de

Dave Goodman[29] ist ein im kanadischen British Columbia geborener Sänger und Gitarrist, der über eine ausdrucksstarke und abwechslungsreiche Gitarrentechnik verfügt. Vor einigen Jahren siedelte er nach Bremen über (Zufall oder Fügung, dass ich mir die CD im Auto auf dem Weg in die Hansestadt anhöre?), wo er auf den in London geborenen und in der Nähe von Hamburg lebenden Mundharmonika-Virtuosen Steve Baker[27][38] traf, den musikalischen Partner von Abi Wallenstein, Chris Jones, Franz Josef Degenhardt, Klaus Doldinger, Hannes Wader u.v.a. Nach Jahren des gemeinsamen Musizierens liegt nun endlich die erste gemeinsame CD vor. Zusammen mit den Perkussionisten Martin Röttger und Oliver Spanuth sowie vokalen Gastauftritten von Big Daddy Wilson[45] und Hanna Lunnon ist ein wunderbares, weitgehend akustisches Blues-, Folk-, Country-Rock-Album entstanden. Goodman und Baker ergänzen sich aufs Vortrefflichste und reißen sich selbst und den Hörer mit, sodass keine Langeweile aufkommt. Mal melancholische, bluesy Balladen mit subtilen Instrumentaleinwürfen, mal vorwärtsgehender Folk-Rock mit groovenden Riffs. Die beiden Musiker haben den Tiger am Schwanz gepackt, wie es im letzten Lied so trefflich heißt, einmal herumgewirbelt und aufs Podest gesetzt, wo er wie eine Schmusekatze sanft schnurrt, um bei nächster Gelegenheit zu fauchen und die Krallen zu zeigen. Abgesehen von dem Nr.-1-Hit der Box Tops "The Letter" von 1967 und Skip James "Hard Time Killing Floor" sind alles sehr persönliche und emotionale Eigenkompositionen von Dave Goodman.
© Walkin' T:-)M


Eva Cassidy "The Best of Eva Cassidy"
Blix Street Records, 2012

Book Review

www.evacassidy.org

Nur 33 Jahre wurde die Washingtoner Sängerin alt. Da sie zu Lebzeiten das Lampenlicht weitgehend gescheut und sich lieber im Studio vergraben hat, als auf der Bühne zu stehen, ist sie erst nach ihrem Tod bekannt und berühmt geworden. Die dann aber nach 1996 veröffentlichten Aufnahmen mit Folk, Jazz und Blues gingen weg wie warme Semmeln.[45] Zum 50. Geburtstag versammelt "The Best of Eva Cassidy" noch einmal zwanzig Titel aus Evas zehn, zumeist posthum veröffentlichten Alben, inklusive Cyndi Laupers "Time After Time" und "True Colours", Stings "Fields of Gold", Lennons "Imagine", Curtis Mayfields "People Get Ready", das traditionelle irische "Danny Boy" und das für die Verfilmung des "Zauberers von Oz" 1939 geschriebene "Over the Rainbow", sowie das bislang noch nicht veröffentlichte "You Take My Breath Away". Eine Gelegenheit, Bekanntschaft mit einer großartigen Stimme machen, und einer Kunst, wo Stimme und Song im Zentrum des musikalischen Ausdrucks stehen und nicht die bunte Plastikverpackung.
© Walkin' T:-)M


Various Artists "No pasaran!
Scots in the Spanish Civil War"
Greentrax Recordings, 2012

English CD Review

Der Erinnerung an den Spanischen Bürgerkrieg widmet sich die CD 'No Pasaran! - Scots in the Spanish Civil War'. Das bei Greentrax erschienene Album versammelt Aufnahmen der McCalmans, von Dick Gaughan, Alison McMorland & Geordie McIntyre und vielen anderen. Da findet sich Kämpferisches, neben Pathetischem und Nachdenklichem. Letzteres gewohnt großartig von Dick Gaughan umgesetzt. Das sorgfältig editierte Booklet bietet zahlreiche Hintergrundinformationen zu den Liedern, ihren Autoren und Interpreten. Es schildert den Spanischen Bürgerkrieg aus Schottischer Sicht, erinnert an Schicksale und gelebte Solidarität. Ein Muss für Freunde des Politischen Liedes und eine Fundgrube für Geschichtsinteressierte.
© Holger Brandstaedt


One Eyed Mule "When Tomorrow Comes"
Grab Records, 2012

Article: Dänen hinterm Deich

www.one-eyedmule.com

Die Entdeckung der Dänischen Americana-Band One Eyed Mule verdanke ich einer Rezension in der Folkworld.[44] In deren Folge hab ich die Band zu einem Konzert eingeladen, eine Berliner Agentur gefunden, die die sympathischen Kopenhagener seitdem auch hierzulande vermittelt und als vielleicht größten Erfolg Daheim einen weiblichen 16jährigen Fan gewonnen, so dass die Musik aus dem Kinderzimmer durchaus zum Mitsummen anregt. 'When Tomorrow Comes' ist ihr viertes reguläres Album und auch darauf gehen die Mannen um Sänger Rasmus Dall konsequent ihren Weg. War das Debüt 'Hobo in the Land of Love' noch vom stampfendem Hobo-Blues geprägt, erweitern sie ihr musikalisches Spektrum seitdem auf den Pfaden des Americana mit Elementen aus Rock und Pop. Die Platte hat Ohrwürmer wie das Titelstück aber auch eher stille Momente wie den Opener 'Hello Morning Ray' zu bieten und ist im Vergleich zum Vorgänger 'Drifting to a happy Place' etwas rockiger und popiger geraten. Mit Simon Meiner sitzt ein neuer Mann am Schlagzeug und der treibt das Einäugige Muli gelegentlich ganz fix über den Acker. 'When Tomorrow Comes' hat Schwung für den Tag und Wärme für die Nacht. Das Album zeigt erneut über welch großes musikalisches Potential die Dänische Musikszene verfügt. Unbedingt reinhören!
© Holger Brandstaedt


Brigitte "Et vous, tu M’Aimes?"
3eme Bureau; 2011

English CD Review

www.myspace.com/brigittesisters
Nicht erst seit Zaz ist Musik aus Frankreich auch hierzulande Massen-tauglich. Mit Brigittes Debüt 'Et vous, tu m'aimes' (dt.: 'Und Sie, liebst Du mich?') wird ein ausgesprochener Megaseller aus unserem Nachbarland auch in Deutschland veröffentlicht. Das nach Stil-Ikonen wie Brigitte Bardot und Brigitte Lafontaine benannte Duo besteht aus den beiden Musikerinnen Aurélie Saada und Sylvie Hoarau, die seit 2008 mit allerlei Instrumentarium herum experimentierten bis sie drei Jahre später mit einer Mischung aus sanften Popsongs zu gar nicht so sanften Texten die französischen Charts stürmten. Von Gainsburg bis Abba über Nancy Sinatra bis Klaus Nomi reicht das dabei verwendete musikalische Spektrum. Die Platte ist absolut kurzweilig und abwechslungsreich geraten. Und wenn doch mal ein Song nicht der ganz große Wurf ist kommt gleich ein anderer, der das vergessen macht. Viel Vergnügen!
© Holger Brandstaedt

Karine Polwart "Traces"
Hegri Music/Rough Trade, 2012

Article: Summertime in England

www.karinepolwart.com

Vier Jahre mussten ihre Fans auf ein neues Album von Karine Polwart warten, doch die grandiose schottische Singer/Songwriterin war alles andere als untätig. Neben der Geburt eines Sohnes, wirkte sie am Darwin Project mit, tourte ausgiebig mit der Burns Unit und veröffentlichte gemeinsam mit den drei Herren von LAU die wunderbare Evergreen EP, sowie solo eine Live DVD. Musikalisch ging Polwart in dieser Zeit immer mehr weg vom Folk Pop ihrer früheren Alben und mehr zum Folk. Diese Entwicklung hört man 'Traces' auch an, dennoch ist dies kein reines Folk Album. Polwart ist gut in der schottischen Musikszene vernetzt und dies führte zu verschiedensten Kooperationen, in deren Folge 'Traces' nicht nur durch wunderbare Songideen und Texte, die Poesie, Privates und Politik miteinander verbinden besticht, sondern auch durch ausgesprochen komplexe Liedstrukturen und Arrangements. Alle Songs des Albums sind Erinnerungen an Menschen und Orte in Karines Leben. Das Ganze klingt erst mal nicht ganz so eingängig wie ihr 2008er Album 'This Earthly Spell', kann jedoch zum Besten gezählt werden, was 2012 erschien. Karine Polwart ist eine der vitalsten und kreativsten Musikerinnen des zeitgenössischen Folk. Mit 'Traces' hat sie ein Meisterwerk geschaffen, dass die Zahl ihrer Fans weiter vermehren wird. Unbedingt reinhören! Anspieltips: King of Birds & Salters Road.
© Holger Brandstaedt


Alex Cuba "static in the system"
Caracol/Indigo, 2012

www.alexcuba.com

Schade eigentlich, die Platte sieht viel versprechend aus, bietet dann aber doch nur Latin-Pop dem man mal ein bisschen mehr Kraft wünscht. Interpret Alex Cuba bleibt aber wohl lieber an der Oberfläche und schwimmt vermutlich genau deshalb im globalen Musikgeschäft ganz gut mit. Die Fans wird das neue Album freuen, mir ist es leider zu seicht, wobei ich schon glaube, dass der Mann sicher mehr drauf hat.
© Holger Brandstaedt


Carokistekontrabass "In der Nähe der Zufriedenheit"
Eigenverlag, 2012

www.carokistekontrabass.de

SchönSchön möchte man ausrufen und das Trio gern mal live sehen. Das Debüt von Carolin Werner (Gesang/Gitarre) Harald Bernstein (Bass) und Axel Garbelmann (diverse Instrumente) kommt ausgesprochen gelungen daher und konnte auch gleich den Förderpreis der Liederbestenliste einheimsen. Zu Recht, denn die zwölf Stücke auf 'In der Nähe der Zufriedenheit' sind in Lied, Folk und Chanson Zuhause. Die Texte aus der Feder von Carolin Werner verbinden Momentaufnahmen mit Poesie, dazu kommen abwechslungsreiche Arrangements und das gelungene Artwork von Lina Walde. SchönSchön das alles– und zweifellos eine der besten deutschsprachigen Liedproduktionen dieses Jahres! Anspieltips: Der Fernbahnhofsnebel & Herbst.
© Holger Brandstaedt


Kari Bremnes "Og Så Kom Resten Av Livet"
Strange Ways, 2012

www.karibremnes.no

Vierzehn Jahre ist es her, seit mir meine Lieblingsplattenverkäuferin eine Kari Bremnes-CD in die Hand drückte und mich in Richtung Kasse schob. Sieben Alben später zeigt die Norwegerin sich immer noch auf der Höhe der Zeit. Ein wenig poppiger ist sie geworden, aber Folk und Jazz finden ihren gewohnten Platz. Das komplett in Norwegisch aufgenommene Album 'Og Så Kom Resten Av Livet' kommt ausgesprochen abwechslungsreich daher, verliert sich aber nie in Beliebigkeit. Denn Kari Bremnes schafft mit ihrer Stimme immer wieder einen Raum, in dem der Zuhörer den Blick schweifen lassen und schwelgen kann. Aber Achtung, die Frau hat es in sich! In dem Lied 'Mann på rommet' sucht sich die Protagonistin einen Mann, den sie in einem Zimmer einsperrt um ihn dort zum idealen Partner umzuerziehen. Fazit: Empfehlenswert!
© Holger Brandstaedt


O'Hooley & Tidow "The Fragile"
No Masters, 2012

www.ohooleyandtidow.com

Wer die komplexen und wunderbar verschrobenen Songstrukturen der Unthanks mag, kommt auch bei O'Hooley & Tidow's neuen Album 'The Fragile' voll auf seine Kosten. Wie schon das 2010er Debüt 'Silent June' ist auch dies wieder eine recht aufwändige Produktion geworden. Unter der Regie von Nigel Ferguson (Chumbawunba) gesellen sich Andy Cutting, Jackie Oates, die Solo-Players und der Diversity Choir zu Heidi Tidow und Belinda O'Hooley. Letztere wirkte einst bei Rachel Unthank & The Winterset, was die kompositorische Nähe dann ja auch erklärt. 'The Fragile' ist Kammerfolk erster Güte. Wie die Platten der wunderbaren Unthanks fordert auch dieses Album volle Aufmerksamkeit, die jedoch mit jedem neuen Hören belohnt wird. Auch der Einfluss des Produzenten ist unüberhörbar. Manche der Tracks klingen eindeutig nach Chumbawumba,, andere haben ihre Paten in The Beautiful South. Abwechslung ist also Trumpf auf 'The Fragile', die wunderbaren Vocalparts von O'Hooley & Tidow sorgen jedoch dafür dass das Album nicht auseinander bricht. Anspieltips: The last Polar Bear & Ronnie's Song.
© Holger Brandstaedt


Saimaa "Juuret"
Herzel Records, 2012

www.myspace.com/saimaatrio

Saimaa heißt das Projekt der Sängerin Anna-Katariina Hollmérus, des Pianisten Christian Beckers und des Schlagzeugers David Herzel, das sich der Musik Finnlands verschrieben hat und hierzulande gut unterwegs ist. Nach Finnischen Tangos haben die drei ihr Repertoire auf dem neuen Album 'juuret' um traditionelle Stücke aus Finnland und Norwegen, Vertonungen der Kalevala und Gedichte aus den Federn von Hesse und Shakespeare erweitert. 'Juuret' das heißt Wurzeln und so macht sich das Trio gemeinsam mit Willem Schulz am Cello auf die Suche nach dem Urspung der Verbindung von Natur und Intellekt. Das Ergebnis dieser Suche ist ein von der ausdrucksstarken Stimme Anna-Katariina Hollmérus getragenes Album, das abwechslungsreich zwischen Lied, Tango, Jazz und Folk pendelt. Entstanden ist eine sehr skandinavisch klingende Produktion, die jedoch bei 'Oli Kaksi' auch einmal sehr japanisch klingt und von der Klarheit der Aufnahme an Sakamoto/Morelenbaums 'Casa' erinnert. Auffällig ist, wie sehr sich Perkussionist David Herzel bei dieser auf seinem Label erschienen Platte zurück nimmt. Anspieltips: 'Overmade' & 'Oli Kaksi' (das mit einer Überraschung aufwartet).
© Holger Brandstaedt


Em Huisken "jank frison"
Artychoke, 2012

www.emhuisken.de

Schallplatten hatten einen großen Vorteil: zwei Seiten, die jeweils ganz anders ausfallen konnten und unterschiedliche Räume für Musik schufen. So würde das vorliegende Album von Em Huisken eine englischsprachige und eine friesische Seite bieten. Letztere gefällt mir deutlich besser, auch weil Em Huisken hier Bretonisches und BALFolk einfließen lässt. Beginnend mit einer friesischen Version von Harry Belafontes 'Island in the Sun' wirkt diese Seite gefühlvoller, nachdenklicher. Huisken, der seit mehr als 20 Jahren in Ostfriesland lebt, schafft die künstlerische Verbindung zwischen der friesischen und der bretonischen Küste. Aber auch Huiskens Ausflüge in die Welt der Singer/Songwriter der späten 60er Jahre im ersten Teil der CD brauchen sich nicht zu verstecken. Nur sind diese leider nichts ganz Eigenes, das Friesisch-Bretonische schon. Und genau Dieses macht das 'jank frison' getaufte, von Gesang, Gitarre und Akkordeon getragene Album besonders.
© Holger Brandstaedt


Árstíðir "Árstíðir"
Beste!Unterhaltung, 2012

www.arstidir.com

Da laut Werbung jeder zweite Isländer Schriftsteller ist, muss wohl die andere Hälfte Musiker sein, denn was uns in den letzten Jahren an kreativem Potential von der Insel im Nordmeer erreichte ist schon erstaunlich. Stellt sich mir nur noch die Frage wer denn nun den Fisch fängt, der in Islands Wirtschaft immer noch einen erheblichen Stellenwert einnimmt? Die sechs jungen Musiker von Árstíðir sind jedenfalls gut an den Instrumenten aufgehoben. Deren harmonischer Kammerfolk verzaubert, auch wenn teilweise auf Isländisch gesungen, eine wachsende Schar von Fans überall in Europa. Und auch hierzulande war die extensiv tourende Band schon live zu erleben. Im Gepäck hatten sie dabei gleich beide 2012 auch in Deutschland veröffentlichten Alben. Das hier vorliegende ist Árstíðirs 2009er Debüt. Dieses pendelt zwischen dem Folkpop der Kings of Convienience und eher rockigeren Klängen á la Pink Floyd, sowie Beatles typischem Satzgesang. Getragen werden die Songs von Cello, Geige und Klavier, auffällig ist das Fehlen jeglicher Percussion, das zu einer konzentrierten Ruhe führt, in der sich der wunderschöne Akustiksound der Band richtig entfaltet. Wer sich also fallen lassen kann und Harmonie zu schätzen weiß, dem sei Árstíðir wärmstens ans Herz gelegt.
© Holger Brandstaedt


Rainald Grebe "Das Rainald Grebe Konzert"
Versöhnungsrecords, 2012

www.rainaldgrebe.de

Bis in die Berliner Waldbühne hat es Rainald Grebe geschafft. Die Sääle wurden immer größer, die Shows mussten mitwachsen: Chöre, Streicher und Pferde auf der Bühne – kein Ding. Mit dem neuen Programm 'Das Reinald Grebe Konzert' kehrt der Liedersänger und Entertainer zu seinen Anfängen (Gesang und Klavier) zurück. Und wo er schon dabei ist widmet er dieses auch gleich seinen Wurzeln. Grebe begibt sich auf Spurensuche und reflektiert genau beobachtet, gewohnt pointiert und schmissig die eigene Familiengeschichte von Flucht und Vertreibung der Famile über Kindheit und Jugend in Frechen bei Köln. Zehn Lieder aus dem Programm wurden auf CD gepresst und mit einem reich bebilderten Booklet versehen, in dem sich auch mein Lieblingslokal die 'Kajüte' in Ratzdorf an der Oder verewigt findet. 'Das Reinald Grebe Konzert' ist ein schöner Einstieg für alle, die noch nicht Brandenburg-infiziert sind und ein Muss für seine Fans. Hut ab!
© Holger Brandstaedt


BerlinskiBeat "Gassenhauer"
BerlinskiBeat/Edel, 2012

www.berlinskibeat.de

Man nehme einen polnischen Dudelsackspieler, einen deutschen Tubisten, einen tschechischen Trompeter, einen Sänger aus der Blutlinie eines waschechten Zigeunerkönigs, einen DJ aus Bosnien, West- und Ostberliner Schlagzeuger und Percussionisten – sowie eine Handvoll Berliner Gassenhauer, die auch gleich den Titel des Albums liefern. Fertig ist Berlinski Beat, die dank DJ nah am Balkan Beat sind und wohl jeden Club auch jenseits des Schlagschattens des Berliner Fernsehturms locker zum tanzen bringen. Doch halt, die Gassenhauer tun nur so und stammen zum Großteil aus eigener Feder und die Musiker sind niemand geringeres wie Robert Soko, der umtriebige Balkan Beat-Aktivisten und die Mannen von Corvus Corax. Produziert wurde das Album von Moses Schneider (Beatsticks / Tocotronic) und mitgewirkt haben auch Panteón Rococó, mit denen BerlinskiBeat auch durchs Land touren. Mittelalter-Berlin-BalkanBeat meets Mexico – da steht dem Vergnügen nichts im Wege. Ob das Album aber selbst ein Gassenhauer und die Band ein Dauerbrenner wird? Egal – erstmal wird gefeiert! Mir ist diese Berliner Suppe leider etwas zu fett geraten. Janz so dicke ham wat innne Hauptstadt denn doch nich.
© Holger Brandstaedt


Bargel & Heuser "Men in Blues"
TRC/ALIVE, 2012

www.bargelheuser.de

Nein, den Blues haben Richard Bargel und Klaus Heuser wohl nicht, aber sie spielen ihn gern. Und gut muss man sagen. Gut gelaunt noch dazu, was der gemeinsamen Platte 'Men in Blues' anzuhören ist. Die beiden Erfolgsmusiker müssen weder sich noch dem Publikum etwas beweisen und können recht entspannt ihrem gemeinsamen Projekt frönen. Dobro-Virtuose Bargel und Heuser, langjähriges BAP-Mitglied, der auch für die Produktion verantwortlich ist, haben sich mit Sascha Delbrouk (Bass), Matthias Krauss (Keyboard), Marcus Rieck (Drums) und Mario Argandona (Percussion) ebenso versierte jüngere Musiker um sich geschart. Bis auf Bargel ist wohl keiner darunter, der den Blues spielen muss, den der Blues nicht loslässt. Aber das tut den zehn Songs aus gemeinsamer Feder keinen Abbruch. Schade nur dass die gemeinsame Tour in diesem Herbst wegen gesundheitlicher Probleme abgesagt werden musste. Doch 'Men in Blues' ist zeitlos und so werden die beiden Kämpen wohl auch 2013 die Clubs füllen und dem Blues huldigen. Viel Vergnügen dabei!
© Holger Brandstaedt


Glenn Sharp & Paul Cheneour
"Arabian Landscapes Vol.I"
Northstar Music, 2012

www.glennsharp.co.uk

Die Engländer Glenn Sharp und Paul Cheneour beschwören in ihrem Album 'Arabian Soundscapes Vol.I' die meditative Weite und Schönheit der Wüste. Ursprünglich als Musik für Film und Fernsehen gedacht, schafft es das Album auch ohne Visualisierung Bilder im Kopf des Zuhörers entstehen zu lassen. Sharp und Cheneour sind sonst gemeinsam im Jadid Ensemble zu Gange, für diese Produktion haben sie sich als Duo zusammen gefunden. Während Paul Cheneour diverse Flöten und Ney spielt, ist Glenn Sharpe für Oud, Saz, Gitarren und Programmierung zuständig. Letzteres setzt er zum Glück recht sparsam ein, so dass die Musik Zeit hat sich zu entwickeln und in ihren schönsten Momenten an Aufnahmen des von mir sehr geschätzten Anouar Brahem erinnert.
© Holger Brandstaedt


La Brass Banda "LIVE"
Trikont, 2012

www.labrassbanda.de

Ob nun seit ihrem Rudolstadt Auftritt, als die Band das Festivalpublikum wirklich hin- und wegpustete oder seit Manuel Ungers musikalischem Heimatfilm: La Brass Banda muss man einfach lieben! Jetzt veröffentlicht ihr ebenfalls liebenswertes Label Trikont einen Livemitschnitt aus der Münchner Olympiahalle. Und auch darauf reißt die aus dem Bayrischen Übersee stammende Brassband ihre Zuhörer scheinbar mühelos mit - Bläser und Angeblasene bilden eine Einheit. Diese Band zerbirst scheinbar vor Energie und beherrscht trotzdem das Kunststück nicht die Virtuosität auf der Strecke zu lassen. Aus Bayrischer Volksmusik, Reggae, Dub und Technoeinsprengseln kocht die Banda ihre ganz eigene Suppe und diese hat eine Kraft wie dem Kessel des Mirakulix entsprungen. Sollen sie ruhig kommen, die Römer, diese Bayern in ihren Krachledernen pusten sie weg! Viel Vergnügen dabei!
© Holger Brandstaedt


Pat & Ricky Kelleher "All mixed up"
Eigenverlag, 2012

English CD Review

www.longneckmusic.com

Bis zum Anschlag voll mit Akustik-Folk ist 'All Mixed up' von Pat & Ricky Kelleher. 21 Songs mit einer Gesamtlaufzeit von 1:16:38 haben Pat Kelleher und sein Sohn Ricky aus Dripsey Co.Cork eingespielt. Fast alle davon sind Klassiker, aber die direkte Art wie Vater und Sohn diese eingespielt haben überzeugt. Und auch die Frauen der Familie sind mit von der Partie: Mutter Kathleen stellte die Wohnung für die Studioaufnahmen zur Verfügung und die Töchter Emma und Lorna singen mal mehr, mal weniger gut mit. Die Kellehers treten häufig in den Pubs von Co. Cork auf und auch in den Staaten waren sie schon unterwegs, von wo sie Lieder wie Hylo Browns 'I've Waited as long as I can' mitgebracht haben. Daneben finden sich Stücke von Tom Paxton, Finbar Furey, aber auch Johnny Cash, Eric Clapton und den Beatles auf 'All mixed up'. Eine bunte überwiegend gelungene Mischung, bei der jedoch eher das traditionelle Material überzeugt. Bei Neuerem gingen die Gesangsparts leider auch schon mal ordentlich daneben.
© Holger Brandstaedt


BORN 53 "Thieving in the Alley - Songs of Bob Dylan"
BIG NOTE, 2012

www.born53.com

Gerade veröffentliche der Meister mit 'Tempest' sein 35. Studioalbum, da legen die Schweden von BORN 53 nach und covern unter dem Titel 'Thieving in the Alley' zwölf ältere Dylan-Songs. Und dies tun sie durchaus mit Schwung und einem guten Gespür für eher unbekanntere Songs aus dem Dylan-Oevre. Dabei versuchen sie zum Glück nicht den Meister nachzuahmen, sondern orientieren sich eher an den Byrds mit einem Schuss Folkrock, sowie einem leichten Hang zu den Dire Straits. Nicht schlecht gemacht und sicher leichtere Kost als das was Dylan seinen Fans gelegentlich live vorsetzt. Trotzdem ist das Original mir lieber. Die Schweden um Sänger Anders Lindh haben aber wohl sichtlich Spaß an der Sache gehabt und können auf drei ziemlich gute Alben mit Eigenkompositionen verweisen. Warum also nicht mal Dylan covern?
© Holger Brandstaedt


Jörg KO Kokott "Zunderholz & Funken"
John Silver, 2012

www.liedhaber.de

'Zunderholz & Funken' heißt das neue literarisch-musikalische Programm von Jörg KO Kokott. Diesmal widmet sich der Barde dem Leben und Werk von Eva und Erwin Strittmatter. Letzterer wäre heuer 100 Jahre geworden und erfährt postum eine recht schmerzhafte Neubewertung seiner Biographie. Doch dies ist nicht KOs Thema, vielmehr geht es um das Zwischenmenschliche der beiden starken Schriftstellerpersönlichkeiten. Zum Programm entstand ein gleichnamiges Album mit Vertonungen von Gedichten Eva Strittmatters, das sich prompt auf der Liederbestenliste wiederfindet und die Bestenliste der Deutschen Schallplattenkritik ansteuert. Kein Wunder, ist mit KO doch ein sensibler, aufmerksamer und versierter Künstler ans Werk gegangen, dem es scheinbar mühelos gelingt Eva Strittmatters Gedichte in Lieder zu kleiden. KO, langjähriges Mitglied von 'Wacholder' begeht mit diesem, seinem 70.Programm sein vierzigjähriges Bühnenjubiläum. Das sind Zahlen wie sie sonst nur die Stones zu bieten hatten und es erstaunt wie unverbraucht der typische Kokott-Sound auch auf 'Zunderholz & Funken' daherkommt. Mitgewirkt haben dabei Cordula Schönherr (Geige), Rainer Schön (Flügel), Ron Randolf (Cajon, Mandoline) und Detlef A. Schitto (Samples & Produktion). Ich selbst hatte das Vergnügen die Lieder im Kontext mit den Texten von Erwin Strittmatter zu hören. Auf der CD fehlen diese, dafür wird der Zuhörer mit wunderbaren Arrangements belohnt. Fazit: Empfehlenswert! Anspieltips: Intimität & Anfang der Liebe.
© Holger Brandstaedt


Louise Jordan "Florilegium"
AZANIA, 2012

www.louisejordan.co.uk

Irgendwo zwischen Anne Briggs und Joni Mitchell ist die junge englische Sängerin Louise Jordan stilistisch angesiedelt. Wobei ihr neues Album 'Florilegium' solche Vergleiche fast verbietet. Zehn der zwölf Songs stammen aus der Feder von Louise Jordan, die mit Gitarre, Klavier und Cello auch alle Instrumente selbst spielt. Der Titel Florilegium (Blütenlese) bezeichnet laut Wikipedia (au ja, auch der Rezensent darf mal abschreiben, nicht nur die heimischen Schulbankdrücker) entsprechend der griechischen Anthologie eine Zusammenstellung (Blütenlese oder Lesefrüchte) von Redewendungen, Motetten, Zitaten berühmter Autoren oder auch Bibelstellen; sie können alphabetisch oder systematisch gegliedert sein. Jordans Debütalbum trug übrigens den Titel 'Tempus' (lange vor Dylan's 2012er Veröffentlichung) und barg ein Versprechen an die Zukunft in sich, das mit 'Florilegium' nun eingelöst wurde. Louise Jordan, das Eine- Frau-Kammer-Folk-Orchester hat ein zeitloses sehr reflektiertes Werk eingespielt, das Erinnerungen an Orte und Menschen widerspiegelt, das nach Innen schaut und nach Außen Wärme angibt. Fazit: Kammerfolk vom feinsten! Anspieltips: 'Where did you go' & 'Enraptured'.
© Holger Brandstaedt



FolkWorld Homepage German Content English Content Editorial & Commentary News & Gossip Letters to the Editors CD & DVD Reviews Book Reviews Folk for Children Folk & Roots Online Guide - Archives & External Links Search FolkWorld Info & Contact


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Homepage
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld