Ausgabe 26 10/2003
FolkWorld CD-Besprechungen
Eliza Carthy "Anglicana"
Label: Topic
Records ; TSCD539; 2002; Spielzeit: 54.31 min
Eliza Carthy ist dem Freund Englischer Folk Musik sicherlich ein Begriff. Diese
Junge Dame hat sowohl zusammen mit ihren Eltern (Martin Carthy und Norma Waterson)
als Waterson:Carthy als auch als Kopf ihrer eigenen Band sich einen guten Ruf
erarbeitet.
Die junge Sängerin und Geigenvirtuosin zeigt immer wieder, dass auch junge
Leute großes Interesse an den Traditionen haben können aber auch
bei anderen jungen Leuten hervorrufen können...
Elizas Musik ist Englisch - eindeutig Englisch - wie der Name der CD ja schon
sagt. Eliza hat das Talent die Musik stark in den Traditionen verwurzelt zu
lassen, dabei aber auch moderne Elemente einzubauen, so dass sie erfrischend
und neu klingt. Ein schönes Album!
Christian Moll
Wenzel singt Woody Guthrie "Ticky Tock"
Label: Conträr
Musik; 1925-2; 2003; Spielzeit: 49.26 min
(Hans-Eckhardt) Wenzel ist ein Sänger, der so in deutscher Sprache singt,
dass einem unter die Haut geht. Er hat seinen eigenen Interpretationsstil gefunden
irgendwo zwischen Chanson, Liedermacher, Folksänger, Kabarett-Sänger
mit anleihen an alle möglichen anderen Musikrichtungen...
Wenzel ist bisher eher dafür bekannt seine eigenen tiefgreifenden, lustigen,
eingängigen, kabarettistischen, kritischen Lieder zu interpretieren. Auf
dieser CD widmet er sich einem anderen Projekt - er hat sich Lieder von dem
legendären amerikanischen Songwriter Woody Guthrie ausgesucht, sie ins
deutsche übersetzt und neu interpretiert und vertont. Und wie er das tut!
Er schafft ein neues Gesamtkunstwerk - man könnte zum Teil denke Woody
hätte die Lieder gerade dafür geschrieben, dass Wenzel sie ins Deutsche
übersetzt und neu interpretiert...
Insgesamt tragen 20 Musiker und Sänger zu dieser gelungenen Platte bei.
Erwähnenswert ist noch, dass das Booklet ausgesprochen informativ und sehr
schön aufgemacht ist.
Wenzel hat übrigens - meiner Meinung nach sehr zu recht - den deutschen
FolkPreis Ruth gewonnen. Und nun geht und hört Euch den neuen deutschen
Guthrie an!
Management-Homepage: http://www.sansibarkult.de/,Kontakt:
home@sansibarkult.de, Kontakt zum Label: rolf.limach@contraermusik.de
Christian Moll
Tammorra "Sali"
Label: Vollton;
Biber 76711; 2001; Spielzeit: 44.05 min
Manchmal ist es schon überraschend - da sieht ich zufällig ein Plakat
von einer Gruppe Namens 'Tammorra' mit dem Untertitel 'Worldmusic from Sicily'...
Auch wenn ich noch nie von der Gruppe gehört hatte, der Name und Untertitel
klang doch sehr ansprechend...
Zum Glück bin ich zu dem Konzert gegangen - die Süditaliener der Gruppe
Tammorra machen viel Spaß. Ihre Konzerte sind sehens- und hörenswert.
Die sechs Sizilianer singen alle, dabei begleiten sie sich auf Bouzouki, Tammorra
(große Südtalienische Handtrommel), Flöten, Sax, Gitarren, Bass
und Perkussion.
Fast alle Stücke des Salz- (Sali) Albums klingen tief in den Traditionen
Siziliens verwurzelt, sind jedoch von Salvatore Meccio geschrieben und zusammen
mit anderen Mitgliedern der Gruppe komponiert worden. Das Album zeigt sehr schön
was Tammorra auf dr Bühne präsentieren können.
Auch wenn sie sich das Perkussions-Solo doch lieber nur für den Life-Auftritt
aufgehoben hätten - ist es insgesamt doch ein gelungenes Album.
Kontakt: meccioarte@interfree.it,
Kontakt zum Label: music@vollton.com
Christian Moll
VA -Venner Folk Frühling 2002 "It's Good
to see you"
Label: Artychoke; AP-1002-CD; 2002; Spielzeit:
77.25 min
In dem kleinen Ort Venne in Norddeutschland findet schon seit einigen Jahren
ein Frühlingsfolkfest statt. Diese CD enthält Live-Aufnahmen von dem
Festival 2002 (nun ja - wir sind etwas spät dran mit der Besprechung -
sorry!)
Der Titel der CD ist auch gleich das erste Stück - interpretiert von dem
Autor des Stückes, dem englischen Songwriter Allan Taylor zusammen mit
seinem norddeutschen Freund, dem Plattdeutschen Liedermacher Helmut Debus. Drei
Stücke singen sie gemeinsam (in englisch und Plattdeutsch) auf dieser CD
- das macht doch neugierig, ob die beiden nicht bald mal ein echtes Duoalbum
herausbringen.
Andere Musiker/Gruppen, die sich auf der CD finden sind u.a. Susanne Lundeng
aus Norwegen, Liederjan und Laway aus Norddeutschland, Mannijo aus Frankreich
und Deutschland und Iki Dünya aus Deutschland, die türkische Lieder
interpretieren.
Hört sich nach einem netten, gemütlichen Festival an - für mehr
Infos schaut auf der Webseite nach...
Festival-Homepage: http://www.folkfruehling.de
Christian Moll
Salsa Celtica "El Agua de la Vida"
Label: G2/Greentrax;
G2CD7010; 2003; Spielzeit: 46.37 min
Ich wundere mich immermal, wer auf die Idee gekommen ist, die zu der Gründung
einer Band geführt hat... Bei Salsa Celtica ist das auch so - wer ist wohl
auf die Idee gekommen zwei so unterschiedliche Musikstile wie Salsa und Schottische/Irische
Musik zu kombinieren?
Naja ist ja auch egal - auch wenn man es sich nicht wirklich vorstellen kann,
irgendwie passt es doch zusammen. Die Mischung ist heiß - das haben viele
Besucher des TFF Rudolstadt auch dieses Jahr merken können. Es ist schon
außergewöhnlich wenn man ein schottischen oder irischen Tune auf
dem Banjo, der Geige oder dem Dudelsack hört - und dann plötzlich
die Musik südamerikanische Rhythmen bekommt. Sehr gelungen ist die Version
von Auld Lang Syne - die man in Rudolstadt um fast 4 Uhr früh noch genießen
konnte.
Verrückt - aber gut tanzbar...
Band/Musiker-Homepage: http://www.salsaceltica.com/,
Kontakt: info@salsaceltica.com, Kontakt zum Label: greentrax@aol.com
Christian Moll
Polkaholix "Denkste"
Label: Löwenzahn/Heideck, Vertrieb: Buschfunk;
HD20032; 2003; Spielzeit: 48.15 min
Tja, was hat sich wohl eine Band auf die Fahnen geschrieben, die sich Polkaholix
nennt? Genau, den 2/4 Takt des Polkas. Die 9 Jungs aus Berlin haben sich so
dem Polka verschrieben, dass sie eigentlich alles, was ihnen in die Finger kommt,
zu einem schnellen up-to date-polka verarbeiten... So findet sich im DenkstePolka
ein 'Berliner Megahit von 1902' im IdealPolka (Ich steh auf Berlin) ein Kultsong
ausMauerzeiten, ein Lied von Paul Linke oder ein Ohrwurm von 1930...
Die Jungs die das Alles veranstalten sind Michael Holix (Lead-Gesang, Trompete),
Rob Gutowski (Trombon, Gesang), Andreas Wieczorek (Saxophone, Gesang), Oliver
Oltersdorf (Saxophon, Klarinette, Gesang), Wacky Waterstradt (Kontrabass, Bassgitarre),
Wolfgang Meyering (Mandoline, Gesang), Mario Ferraro (Gitarren, Gesang), Jo
Meyer (Akkordeon, Gesang) und Frank Hille (Schlagzeug, Gesang).
Für alle, die gerne neue interessante Interpretationen von alten, gutbekannten
Hits mögen, und für alle Polkafans, ein Muss!
Band/Musiker-Homepage: www.polkaholix.de,
Kontakt: info@polkaholix.de
Christian Moll
Yat-Kha "tuva.rock"
Label: Pläne
Records; 88886; 2003; Spielzeit: 54.08 min
Tuva - die meisten Menschen können diese Region, wenn ihnen der Name überhaupt
etwas sagt, nicht genau einordnen. Tuva ist die jüngste und unbekannteste
Republik der Russischen Föderation, es liegt 1000 Kilometer südlich
von Krasnoyarsk und nördlich der äußeren Mongolei. Es ist eine
klimatisch sehr extreme Region, deren 300 000 Einwohner in großer Armut
überleben müssen. Der Bandname kommt übrigens nicht von dem mongolischen
Instrument gleichen Namens sondern heisst übersetzt soviel wie 'armer kleiner
(Verwandter)' - was auf Tuvas lage in der Russischen Föderation anspielt.
Yat-Kha ist eine junge Ethno-Rock-Band aus Tuva. Die drei Jungs Albert Kuvezin
(Stimme, Gitarren), Radik Tiuliush (Stimme, Igil, Morinhuur) und Zhenya Tkachev
(Schlagzeug, Djembe, Dungur, Gongs) sowie ihre beiden Gastmusiker Sailyk Ommun
(das Instrument Yat-Kha, Gesang), Mikhail Skripal'schkov (bass) kreieren einen
spannenden Gesamtklang.
Die Musik klingt oft recht hart, wechselt dann aber auch immer wieder zu ruhigeren
traditionellen Teilen über. Der Kehlkopfgesang ergibt mit den harten Gitarrenriffs
eine faszinierende Einheit. Der Gesang ist teilweise in Englischer Sprache gesungen,
dies passt eigentlich ganz gut zu der Rockmusik - anderseits denke ich, dass
die Gruppe ruhig mehr in ihrer eigenen Sprache singen sollte.
Die Stücke sind zum großen Teil von Bandmitgliedern, vor allem Albert
Kuvezin, komponiert worden. Es finden sich aber auch traditionelle Stücke.
Mich hat das Album fasziniert - Kehlkopfgesang und Tuvas Traditionen passen
gut zu harter Rockmusik...
Band/Musiker-Homepage: www.yat-kha.com,
Kontakt zum Label: info@plaene-records.de
Christian Moll
Xiradela
Label: Xingra;
XC0102CD; 2002; Spielzeit: 32.35 min
Es gibt verschiedene Regionen in Europa, in der mehrstimmiger kraftvoller weiblicher
Gesang a-capella vorgetragen Tradition hat. Galicien am nordwestlichsten Zipfel
Spaniens ist eine dieser Regionen. Es ist immer wieder eine Freude neue Gruppen
von jungen Frauen zu entdecken, die ihren Traditionen treu bleiben.
Xiradela sind acht junge Frauen, die ihren Gesang auf dieser CD in purer Form
präsentieren: bis zu achtstimmiger Gesang ausschließlich von Perkussionsinstrumenten
vor allem der Pandereita (Tambourine) begleitet. Und wer nun denkt, dass klingt
langweilig, der täuscht sich gewaltig. Xiradela schaffen ein kraftvolles
Rhytmus-basiertes Gesamtwerk ihrer Tradition.
Ihre Lieder finden die Frauen, indem sie durch Galicien fahren und in den verschiedenen
Gegenden Menschen nach ihren Traditionen befragen. Es ist gut zu sehen, dass
so viele traditionelle Lieder die Chance haben auch in weiteren hundert Jahren
noch gesungen zu werden.
Die acht Damen sind aber auch schon auf einigen Bühnen der Welt aufgetreten.
So sind sie schon gemeinsam mit Carlos Nunez, den Chieftains oder Dulce Pontes
aufgetreten und das zu Recht, denn Xiradelas Musik ist grandios.
Konbtakt-Homepage: www.mareproduccion.com
Christian Moll
The Irish Folk Festival 03 "The road to tradition"
Label: Magnetic
Music; MMR CD 1038; 2003; Spielzeit: 63.37 min
Das Irish Folk Festival präsentiert auch in 2003 (vom 10.10. bis zum 16.11.)
dem Deutschen Publikum eine Auswahl Irischer (und Schottischer) Musiker und
Bands. Dieses ist das Album auf dem sich die einzelnen Künstler dem Publikum
vorstellen - für den Sammler ist in guter Tradition noch zu erwähnen,
dass die Stücke für diese CD extra neu eingespielt sind.
Der bekannteste Musiker der diesjährigen Tour ist der legendäre Uilleann
Piper Paddy Keenan, der von dem Gitarristen Tommy O'Sullivan begleitet wird.Weiterhin
dabei sind die schottische Harfinistin Catriona McKay und der Shetlandische
Geiger Chris Stout, die gälische Sängerin Eilis Kennedy und ihre Band
und als Abschluss die junge Band Galldubh, die als akustisches Sextett die Irische
Szene aufmischen wollen. Alle vier Gruppen/Duos sind jeweils mit vier Stücken
auf der CD vertreten.
Aber erstmal geht zu den Konzerten - in Live ist Musik doch immer noch am schönsten.
Festival-Homepage: www.irishfolkfestival.de,
Kontakt: info@magentic-music.com
Christian Moll
Ambrozijn "kabonka"
Label: Wild
Boar Music ; WBM 21038; Spielzeit: 42.58 min
Ambrozijn ist meine persöhnliche Lieblingsband aus Belgien. Die vier Jungs
gehören zu den Vorreitern der neuen Welle von Folkmusik in Belgien. Mit
Kabonka, ihrer dritten CD sind sie nach einem kurzen Ausflug zu einem Major-Label
wieder zu dem kleinen feinen belgischen Wild Boar Label zurückgekehrt.
Ich finde es immer grandios, was fuer ein volles Klangbild die vier Musiker
rein akustisch erreichen können. Die vier sind der Sänger Ludo Vandeau,
Tom Theuns an Gitarre, Gesang, Mandocello, Psalterion, Harmonium, Banjo, Sitar,
Bass und Piano, Wim Claeys an diatonischem Accordeon, Perkussion und Dudelsack
und Wouter Vandenabeele an Violine, Viola und Mandoline. Auf dieser CD ist außerdem
noch die Sängerin Sylvie Berger vertreten und Gabriel Yacoub, der das Album
produziert hat, singt auch mit.
Ich denke, es ist eine gute Entscheidung gewesen, Gabriel das Album produzieren
zu lassen. Die Harmoniegesänge sind umwerfend, wie auch das Album insgesamt.
Ambrozijn haben es raus, gleichzeitig innovativ, traditionell, avantgardistisch
und einzigartig zu klingen. Kabonka ist sicherlich ein Höhepunkt ihrer
Kunst!
Band/Musiker-Homepage: www.ambrozijn.be,
Kontakt: info@ambrozijn.be
Christian Moll
Garmarna "Garmarna"
Label: Westpark
(Germany)/ Massproduktion (Sweden);
No.Westpark 87096; 2003/1992-1993
Garmarna sind heute die wohl bekannteste Folkrock-Band Schwedens. Dieses Album
bringt uns zurück zu den Anfängen der Band, zu Garmarnas erster EP
von 1993. Neben den Stücken der jener EP finden sich zusätzlich 6
bisher unveröffentlichte instrumentaleDemo-Aufnahmen aus dem Jahre 1992.
Garmarna waren damals noch nicht so laut, so rockig, wie sie heute klingen -
aber auch schon damals hervorragend und voll von spannenden musikalischen Ideen.
Auf jener EP war auch schon die Stimme Emma Härdelins zu hören - eingeladen
als Gastsängerin für die Aufnahmen, ist sie bald festes Bandmitglied
geworden.
Eine willkommene Wiederveröffentlichung, mit jenen alten Bonus-Tracks,
die die CD auch für Fans zu einem "Muss" macht, die die EP schon
besitzen.
Michael Moll
Myriam Lattanzio "Rosa Rabbia e Sangue"
Label: Folkclub
Ethnosuoni; ES5326; 2003; Spielzeit: 41.07 min
Das Album 'Rosa Rabbia e Sangue' bietet kraftvollen Neapolitanischen Gesang
der Italienerin Myriam Lattanzio. Myriams Stimme ist sehr ausdrucksstark und
emotionsgeladen, ihr Gesangstil äußerst energiegeladen. Ein großer
Teil der vorgetragenen Lieder sind von Myriam Lattanzio selbst verfasst worden.
Zur Untermalung und verstärkung hat sich die Napoletanerin eine siebenköpfige
Band zusammengestellt. Francesco Ponzo spielt Gitarren und Bouzouki, Alfredo
Venoza Bass, Vittorio Cataldi und Piero de' Asmundis Accordeons, Emidion Ausiello
Perkussion, Riccardo Veno Saxophon und Daniella Lunelli Cello. Auf je einem
Stück sind noch die Stimmen von Marco Fancini und Geppy Gleijeses zu hören.
Der kraftvolle Gesang ist aber immer der Mittelpunkt dieser CD.
contact to label: info@folkclubethnosuoni.com
Christian Moll
Jeffersons Club "Broken dreams repaired"
Label: Frenzsongs Publishing, Banana Records
LC02003; 2002; 14 Tracks; Spielzeit: 62:26 min; Germany
Da man der Hitze des Sommers 2003 nicht entfliehen konnte, musste man sich mit
ihr arrangieren. Die einen tanzten Salsa bis sie kollabierten, die anderen nahmen
aus allen Bewegungen das Tempo raus. Da jede Stimmung über eine musikalische
Entsprechung verfügt, konnte auch letztere Klientel auf einen eigenen gemäßigten
Sommersoundtrack zurückgreifen. Jefferson’s Club präsentieren mit dem Album
“Broken dreams repaired” den idealen Begleitrhythmus zu Eiswürfelklappern im
Glas und dem gelegentlichen Knarzen eines auf der Veranda kippelnden Stuhls.
Fünf Musiker mit unterschiedlichem musikalischen Background bremsen Songs von
Dylan, Jimi Hendrix und den Stones aus, mischen etwas kubanischen Son von der
eher klagenden Sorte unter, deuten ein wenig Blues an und klopfen gemütlich
auf verschiedenen Percussionsinstrumenten herum. Das klingt etwas ölig und gedämpft,
erstaunlicherweise jedoch nicht langweilig. Eher so, als würde Willy de Ville
“Guantanamera” spielen und das Lied damit adeln. Das ist genau der Takt, den
man an einem nicht kühler werdenden Abend benötigt, wenn Gedanken träge schleichen
und die einzige zügige Bewegung dem Tod einer Mücke gilt, die am Hals sitzt.
Jefferson’s Club können solche Abende angenehm vertonen.
Band/Musiker-Homepage: www.jeffersons-club.com,
Kontakt: management@banana-records.com
Karsten Rube
Värttinä "Iki"
Label: Westpark
Music; LC07535; 2003, 12 Tracks; Spielzeit: 46:17 min, Finnland
Fans und Rezensenten sind schwer zufrieden zu stellen. Einerseits mögen sie
es nicht, wenn sich ihre Lieblingsbands verändern und alte Bekannte verschwinden,
andererseits sind sie enttäuscht, wenn eine CD so klingt, wie die andere. Die
finnische Band Värttinä hat sich stetig verändert. Nach zwanzig Jahren Bandgeschichte
sind von der ursprünglichen Zusammenstellung gerade mal zwei Leute übrig geblieben:
Janne Lappalainen, der die Bouzouki ebenso zuverlässig spielt wie das Saxophon,
sowie Mari Kaasinen, eine der vielen Sängerinnen, die das Gesicht von Värttinä
maßgeblich prägten. Gegangen sind prachtvolle Stimmen, Sari Kaasinen schon vor
Jahren und zuletzt Kirsi Käkonen. Ob Letztere nur eine saisonale Auszeit nimmt
oder sich für immer von der Band verabschiedet hat, weiß ich nicht. Schade ist
es in jedem Fall. Doch nicht nur Verluste hinterlassen Spuren im Gesicht der
Band, sondern auch besonders erwähnenswerte Gewinne. So stieg vor einigen Jahren
der Akkordeonist Markku Lepisto ein, ebenso die Sängerin Susan Aho. Sie hat
sich seit ihrem Einstieg als starke Frontfrau ausgezeichnet. Värttinä hat sich
kontinuierlich entwickelt. Von der Folklorekapelle, die zum Tanz in der Dorfscheune
aufspielt, zur erfolgreichsten finnischen Band überhaupt. Auf unorthodoxe Weise
vermengt Värttinä finnisch-karelisches Volksgut mit poppigem Sound, zusammengehalten
vom vielstimmigen Gesang der Frauen um Mari Kaasinen. Ein Gesangsstil, der einmalig
und unnachahmlich ist und die Gruppe über Europas Grenzen hinaus bekannt gemacht
hat. Värttinä jüngstes Album heißt "Iki". Der schrille Gesang der Frauen hat
sich etwas gelegt, auch sind es nur noch drei Sängerinnen, die agieren. "Iki"
ist insgesamt etwas getragener und weniger quirlig, als alle Alben vorher, dafür
gefühlvoller und melodiöser. Manchmal blitzt eine Erinnerung aus ihrer Anfangsphase
hervor und dann, zur Mitte des Albums hin, wird es doch schnell, schrill und
laut, wie in den Zeiten von “Vihma” und “Ilmatar”. Der Reiz der CD liegt darin,
dass das Album wie eine Werkschau aus zwanzig Jahren Värttinä erscheint - eingebettet
in komplett neue Kompositionen. Wer das Gesamtwerk der Band kennt und "Iki"
in Ruhe hören kann, erinnert sich schnell an andere Lieder aus dem großen Repertoire
Värttinäs. In sofern ist der Titel “Iki” - “Ewig” sehr passend gewählt.
Band/Musiker-Homepage: www.Varttina.com
Karsten Rube
V.A. "Celtic Spirit - A selection of beautiful
Celtic airs featuring some of Scotlands's leading folk artists"
Label: Lochshore/KLR;
CDLDS 7002; 2003; 13 Tracks; Spielzeit:
47:55 min; Scotland
Normalerweise lassen Anhäufungen mit der Bezeichnung: "Das Beste aus der keltischen
Musik" wenig Angenehmes erwarten. Zu häufig, dass Kaufhäuser und Keltenkultverehrer
ihre persönliche Hitparade der elektronikverschmierten Keltenschnarchsongs auf
CD bügeln, um das perfekte musikalische Ambiente zu einem Abendessen bei kalorienreduzierter
Kost und ätherischem Öllampenduft zu erzwingen. Um so gründlicher wurden meine
Vorurteile in die Knie gezwungen, als ich die Sammlung "Celtic Spirit -A selection
of beautiful Celtic airs featuring some of Scotlands's leading folk artists"
des schottischen Lochshore-Labels auflegte. Hier hat sich jemand von allem angesagten
Schnickschnack ferngehalten und tatsächlich schnörkellose geradlinige Musik
der schottischen Folkszene zusammengesucht. 13 Songs verschiedener Musiker,
die sich auf die klassische Instrumentierung der keltischen Musik beschränken
ohne Anfällen von eventuell vorhandener Freude an afrocubanischer Musik nachzugeben.
Man spielt noch Bagpipe, Fiddle, Akkordeon und Gitarre. So finden sich traditionelle
Arrangements der Gruppe Tannas, neben Kompositionen von Phil Cunningham und
McAllister, sowie ein sehr romantischer Walzer von Jerry Holland auf der CD.
Holland gehört zwar eher zur Gruppe der Exilkelten, weil er aus Kanada stammt,
aber drüben am Cap Breton pflegen sie von jeher das Erbe ihrer irischen, schottischen
oder bretonischen Herkunft. Allerdings bei der vom "Igus Orchestra" ausgeheckten
schmalzig triefenden Bearbeitung von "Flower of the quern" die überdeutlich
vom Sonntagnachmittagstee bei Tante Agatha inspiriert wurde (da, wo es immer
nach nassem Pudel roch), sträuben sich mir die Nackenhaare. Der Vorteil einer
CD ist, dass man so etwas überspringen kann. Doch abgesehen davon ist das Album
ohne Skrupel anhör- und empfehlbar.
Karsten Rube
Fuxan os Ventos "Na memoria dos tempos"
Label:La Voz de Galicia; Fosve Produccións
CDF 001; 2002; 6 Tracks; Spielzeit: 22:02 min; Galicia
Das galizische Folkloreensemble Fuxan os Ventos existiert in seiner groben Konstellation
bereits seit knapp 30 Jahren. Sie klapperten diverse Festivals ab, heimsten
Preise ein und sorgten erfolgreich für die musikalische Umsetzung der galizischen
Weihnachtsgeschichte "Galicia Canta ó neno". Nach einigen Aufnahmen war 1989
erstmal Schluss. Zu schwierig wurde es Beruf und musikalische Karriere von zehn
Musikern, die sich größtenteils im Schulchor zusammengefunden hatten unter einen
Hut zu bringen. Erst 1999 spielten sie wieder zusammen ein Album ein. 2002 erschien
die jetzt vorliegende CD "Na memoria dos tempos". Übersetzt lautet der Name
der Gruppe "Lass den Wind vorbei wehen". 30 Jahre weht der Wind nun an den Musikern
vorbei ohne ernsthafte Spuren zu hinterlassen von den verschiedenen musikalischen
Strömungen, die aus allen Teilen der Welt auch auf Nordspanien einwirkten. Die
Pflege des galizischen Liedgutes, traditioneller Musik und folkloristischer
Weisen war von jeher ihr Anliegen und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Das mag ehrenhaft sein, doch das Ergebnis ist leider etwas, das in Galizien
in Flughafenwartesälen, Einkaufscentern und auf Wochenmärkten aus versteckten
Lautsprechern tropft: Fahrstuhlmusik. Zugegeben, die besitzt in Galizien ein
bemerkenswert hohes Niveau. Trotzdem bleibt der Charakter der selbe, den Fahrstuhlmusik
überall hat, sie regt nicht auf, man nimmt sie allerdings auch kaum war. So
ist das Album "Na memoria dos tempos" zwar ein qualitativ sauberes Produkt,
aber leider auch völlig belanglos und uninteressant. Vielleicht hätten die Musiker
doch manchmal dem Wind lauschen sollen.
Band/Musiker-Homepage: www.fuxanosventos.net,
Kontakt: info@fuxanosventos.net
Karsten Rube
Carlos Nuñez "Un galicien en bretagne"
Label: Sony Music, LC02540, 2003; 13 Tracks;
Spielzeit: 46:09 min; Galicien/Bretagne
Wenn man auf die Landkarte Westeuropas eine Sichel legt, von der Form, wie sie
einst die keltischen Druiden benutzten, so verbindet sie vom Griff bis zur Spitze
die keltischen Länder. Der Stiel befindet sich dabei in Schottland und reicht
bis Irland. Der Bogen der Sichel zieht sich vom Südwesten Englands, zur Bretagne
und spießt dann mit seiner Spitze den äußersten Nordosten Spaniens - Galicien
- auf. Ein Land, das nicht recht in die gängige Vorstellung keltischer Länder
passen will und dennoch fußen einige seiner vielgestaltigen kulturellen Wurzeln
in der keltischen Welt. Ein Ausdruck dieser Zugehörigkeit findet sich im Spiel
des galizischen Dudelsacks, der Gaita.
Carlos Nuñez, der virtuoseste aller galizischen Gaitaspieler, zieht seit Jahren
durch die keltischen Lande. Er spielte einige Zeit mit den irischen Chieftains
- eine Zusammenarbeit die ihn maßgeblich prägte - trat als Gastmusiker bei zahllosen
Produktionen auf, in Schottland, Irland oder der Bretagne, nicht zuletzt auch
in seiner Heimat Galizien.
Nun zog es ihn erneut in dieses bockige Stück Frankreich zwischen Finistére,
Forét de Brocéliande und dem Piratennest St. Malo. Die magische Wunderwelt,
die sich in der Bretagne erhalten hat, so man bereit ist, sie zu erkennen, inspirierte
Nuñez seit langem und mit einigen Musikern, die er zur Produktion seiner neuen
CD "Un Galicien en bretagne" einlud, hat er bereits sehr eindrucksvolle Aufnahmen
eingespielt. Die wilden Horden der Bagad Kemper zum Beispiel, die mit ihrer
extrem lauten Armada von Blasinstrumenten, vornehmlich Dudelsäcken und Krummhörnchen
in der Lage sind, Abrissbirnen überflüssig zu machen. Natürlich darf auf einer
keltischen Gastmusikerversammlung, die die Bretagne zum Thema hat nicht der
reinkarnierte Troubadix aller Bretonen Alan Stivell fehlen. Dessen sonore Stimme
wirkt immer beschwörend und dank der Begleitung auf seiner Harfe und der getragenen
Spielweise von Nuñez’ Flöte ist schnell ein imaginäre Brücke in die Welt der
Druiden geschlagen. Lediglich der bekannte bretonische E-Gitarrist Dan Ar Braz,
mit dem Nuñez bereits mehrfach arbeitete, schreckt nicht davor zurück ein Stück
abzuliefern, das penetrant nach Vorabendserie klingt. Ich glaube "Une autre
fin de terre" von Dan Ar Braz gehört zu den sträflichsten Stücken, in die Carlos
Nuñez je verwickelt wurde. Mit allen anderen Songs wird das Album den hohen
Maßstäben gerecht, an denen Carlos Nuñez musikalisches Werk gemessen wird. Bis
auf erwähnte Peinlichkeit reiht es sich nahtlos ein in die grandiose Discografie
des galizischen Dudelsackhäuptlings, des "Chieftain of the Galician Backpipe".
Band/Musiker-Homepage: www.carlos-nunez.com
Karsten Rube
Hubert von Goisern "iwasig" [DVD
Video]
Label: BMG/Lawine;
82876 51859 9; 2003; Spielzeit: ca. 120 min
Hubert von Goisern "Grenzenlos" [DVD
Video]
Label: BMG/Lawine;
08287 651860 9; 2003; Spielzeit: ca. 133 min
Im Jahre 1933 schrieb einmal der Heidelberger Karl Salomon, tätig als Musikerzieher
in Jerusalem, über Lehrer, die in den Schulen des britischen Mandatsgebietes in
Palästina versuchten, widerwillige arabische Studenten in drei- und vierstimmiger
Harmonielehre zu unterweisen. Sind Ost und West unüberwindbare Gegensätze? Oder
kann zusammenwachsen, was zusammengehört? Schließlich - so Bob
Brozman - sei vieles, was wir in den einzelnen Kulturen fänden, biologisch
bedingt. Ein Beispiel: In jeder Musik, die es je auf diesem Planeten gab, haben
alle Kulturen die Tonika, die Quinte und die Oktave.
Hubert von Goisern im Dopelpack
auf DVD: Nach zwei äusserst gelungenen Alben (-> FW#19,FW#23)
machte sich der umtriebige Meister des diatonischen Akkordeons im vergangenen
Jahr auf eine Entdeckungsreise auf den schwarzen Kontinent: Gemma, gemma, gemma
nach Afrika. Die Fahrt führt nach Ägypten und auf die Kapverdischen Inseln,
nach Senegal und Burkina Faso. Der Goiserer trifft dabei auf Mohamed Mounir, Simentera,
Fallou Dieng und Magou, und Bil Aka Kora. Er singt nebenbei auch mal. Natürlich
"Afrika" - wie oft muaß die sun aufgehn bis ma verstehn, oder muaß erst untergehn
-, und beinahe selbstironisch: Versteht eigentlich irgendwer, was i da sing;
kimmt überhaupt no' oana mit? Den Welten, die dabei aufeinander treffen, bleibt
letztendlich nur eine Erkenntnis: Es gibt nur eine Musik. Wir haben einen Samen
gesät und bewiesen, dass das gemeinsame Musizieren stärker als Blut und Krieg
ist. (Mounir) Der Clash of Cultures im positivsten Sinne des Wortes.
Die gesammelten Erfahrungen wurden gleich eingebracht in die folgende Tournee,
laut eigener Aussage eine der erfolgreichsten seiner Karriere. Und schön
war's eh, was der Autor dieser Zeilen nur bestätigen kann (-> FW#24).
Auf der DVD "iwasig" gibt es ein komplettes Konzert inklusive Backstage-Aufnahmen
und Interviews mit der Band. Hauptsächlich den Soul mit an Reggae unten drunter
von den letzten beiden Alben. Hubert schwitzt, dass da Saft 1x rinnt; das
Publikum iwasig, intasig, aufeinand, nebnanand, füreinand, miteinand, duriganand.
Zum guten Schluss der rockige "Schleiniger" aus dem alten Alpinkatzen-Repertoire
und die Ballade "Heast as nit" ... wia die Zeit vergeht.
Live wurde es während der Tournee gespielt, auf DVD bleibt es uns erspart: Derweil
er so schen schimpft, der Ex-Goiserer, sterben tausend Leut drunt in Afrika. Aber
mia habn zum Fressen und zum Saufen gnua, schaun ma dass so bleibt und drahn ma
d'Hüttn zua. Da hätte sich der Kreis wieder geschlossen.
Blanko Musik
Walkin' T:-)M
Pit Budde "Pickadill & Poppadom"
Label: Ökotopia;
ISBN 3-936286-12-4; 2003; Spielzeit: 58.44 min
Here we go 'round the Mulberry bush... Pit
Buddes Gruppe "Karibuni" begibt sich der nach der Australien-Fahrt und extensivem
Geweihnachte (-> FW#19,FW#24)
auf die Britischen Inseln, um den Kurzen angelsächsische Lebensart näherzubringen.
Kinder- oder kindgerechte traditionelle Lieder aus England und Schottland werden
im englischen Original und deutscher Übertragung gesungen: "Ring-A-Ring O'Roses",
"Lavender's Blue" und - extra für mich: "Tom, Tom, the Piper's Son". Dazu reichlich
Geschichten rund um Big Ben. Neben den üblichen Verdächtigen um Pit Budde herum,
folgen dem wee melodie man Gäste wie Piper Johannes Schiefner (-> FW#18,
FW#23), Geigerin Franziska Urton (->
FW#23) und Bodhranist Benedikt Terrahe
(-> FW#24). Abgesehen von einer ersten
Heranführung an die englische Sprache also auch ein musikalischer Genuss. Mit
allen Texten im Booklet und - wie immer - einem gleichnamigen Buch zum Tonträger
(siehe auch Buchrezensionen in dieser Ausgabe).
P.S.: Pickadills sind Rüschenkragen aus der Zeit Elizabeths I. (die Schneider
saßen damals rund um den heutigen Piccadilly Circus), Poppadoms sind
Teigblätter aus der britisch-indischen Küche, die gerne mit Minzsoßenkonzentrat
gegessen werden. (Nicht alles Englische ist nachahmenswert :-).)
Ökotopia Verlag
Walkin' T:-)M
hundsbuam "hoam"
Label: BMG/Lawine;
82876 51567 2; 2003; Spielzeit: 71.19 min
Ein wenig Goiserer (siehe DVD-Rezension
oben), ein wenig Attwenger, (-> FW#23),
ein wenig Haindling (-> FW#23).
Aber derartige Vergleiche beschreiben letztendlich kaum den dann doch ganz eigenen
Sound der hundsbuam. Früher hießen sie
noch Hundsbuam miserablige, aber besonders miserabel waren sie eigentlich
nie, sondern immer mehr oder weniger schräge Alpenrocker. Poppig-rockige Eigenkompositionen
(auch wenn "Schee staad" verdächtig nach "Hey Jude" klingt) auf bajuwarisch-volkstümlicher
Grundlage, dargeboten mit Ziehharmonika, Stromgitarre, Horn, Tuba, Bass und
Schlagzeug. Garantiert nicht Eurochanson-tauglich (obwohl mit dem Erfolg von
Urban Trad, -> FW#19,
in diesem Jahr weiss man ja auch nicht mehr so ganz genau, also probiert's doch
einfach mal). P.S.: Eignet sich wegen der (Pseudo)Hupe auf "Schroafacher" nicht
unbedingt zum Autofahren!
Blanko Musik
Walkin' T:-)M
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Nr. 26
© The Mollis - Editors
of FolkWorld; Published 10/2003
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