FolkWorld Live Review 11/2002 von Walkin' T:-)M:

Koa Hiatamadl spui i nit

Hubert von Goisern im Jovel, Münster

Fünfzehn Jahre nach Paul Simon hat auch ein gewisser P.M. entdeckt, dass man mit Weltmusik Geld machen kann. Schließlich stagniert wie fast die gesamte Branche auch der deutsche Schlager und nur in der Weltmusik sind Zuwachsraten zu verzeichnen. Damit könnte man das Thema abhaken und zu interessanteren Dingen übergehen. Weltmusik kann aber mehr sein als nur Popmusik mit Ethno-Versatzstücken und es gibt noch den ein oder anderen Künstler, der fest in eigenen Traditionen verwurzelt ist, sich andere Roots erarbeitet hat und noch dazu jeglichen modernen Musikstil im Schlaf zitieren kann. - Authentizität? Das ist was für Ethnologen. Das Wahre, Schöne und Gute erkennt man aber, wenn man es hört. Oder: Wieso können ma nit oanfach sagen, schön wars und schön is, dass sowas überhaupt gibt.

Es geschah zu Münster, Allerheiligen 1994, als Hubert von Goisern und seine Alpinkatzen zum letzten Mal die Kombination von Akkordeon und Stromgitarre erschallen ließen. Damit ging die goldene Ära der Neuen Volxmusik zu Ende, der Mischung aus traditioneller, alpiner Volksmusik und moderner Rockmusik. CD Cover FönKoa Hiatamadl spui i nit, hat er sich wahrscheinlich damals geschworen. Es folgte eine sechsjährige Bühnenabstinenz, während der er u.a. die Filmmusik zu "Schlafes Bruder" komponiert und sich tibetanischer und afrikanischer Musik gewidmet hat.

Jeder Wein war einmal Wasser, singt Hubert von Goisern heute. Vor zwei Jahren meldete er sich mit dem Album "Fön" zurück ( -> FW#19), weniger geradliniger Rock als zu Alpinkatzenzeiten, mehr ein globaler Mix von Jazz, Funk und Blues. Das aktuelle Album "iwasig" setzt den Soul mit an Reggae unten drunter fort (-> FW#23).

Das Liveprogramm ist sprichwörtlich "grenzenlos", weltmusikalisch nicht erst durch kürzliche Afrikafahrten (-> FW#21). Seine Wurzeln liegen eben nicht nur im heimischen Salzkammergut, sondern überall in der Welt, wo leidenschaftlich musiziert wird: "Er bekennt sich zu seinen regionalen Wurzeln, ist aber in seiner Umsetzung international."

Der Multiinstrumentalist spielt nicht nur sein Markenzeichen, das Knopfakkordeon, sondern auch Akustik- und Stromgitarre, Mundharmonika, Horn und Flöte kommen zum Einsatz. Dazu eine Band bestehend aus Geige, Keyboard, Gitarre, Bass, Perkussion und Schlagzeug. Die Zuschauer sind gefordert: Steh auf, kimm her und verkauf mir dei Seel. Überleg dir's schnell, weil zwoa x frag i nit und glei is vorbei. Hey, was kann dir schon passiern, ausser dass a wenig schwitzt, dass da Saft 1x rinnt, dass d' mit uns singst. Laß di eini jodlei jodlou toan ma miteinander. Das Publikum bewegt sich jedenfalls schnell iwasig, intasig, aufeinand, nebnanand, füreinand, miteinand, duriganand.

Hubert von Goisern kann offenbar selbst im hohen Norden Deutschlands die Massen anziehen, wo wahrscheinlich nur wenige seinen Texten folgen können. CD Cover iwasigJedenfalls ist das Münsteraner Jovel gepackt voll. Versteht eigentlich irgendwer, wås i då sing, kimmt überhaupt no oana mit? Keine Sorge, offenbar sind viele Exil-Österreicher zum landlerisch Tånz'n, an Påsch und Singa gepilgert.

Zum guten Schluss wird dann doch noch mal im Alpinkatzen-Revier gewildert. Huberts ehemaliger Nachbar aus dem Goisertal (dessen blaue Partei bei den österreichischen Parlamentswahlen am Tag zuvor zurechtgestutzt wurde) kriegt sein Fett weg: In an Beisl zett da Haider wie a Pfarrer auf die Obizahrer und die Schwarzfahrer, Kommunisten und die ganze Packlrass. Der sagt eanas eini des is klass. Derweil er so schen schimpft, der Ex-Goiserer, sterben tausend Leut drunt in Afrika. Aber mia habn zum Fressen und zum Saufen gnua, schaun ma dass so bleibt und drahn ma d'Hüttn zua. Hubert von Goisern hat ja nicht nur eine tanzwütige, sondern auch eine nachdenkliche und politische Seite in seinen Liedern: Ob Araber oder Jud, i oder du, ob Serb oder Kroat, um an jeden is schåd.

Vor einer abschließenden Jodeleinlage und einem Solostück verabschiedet sich Hubert mit einem Oldie : Heast as nit, wia die Zeit vergeht, huidiei jodleiri huidiridi ... Und Hubert und wir hoffen, dass es nicht noch einmal 8 Jahre und 24 Tage bis zum nächsten Konzert dauern wird.

Links:

www.hubertvongoisern.com
www.blankomusik.de

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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 12/2002.

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