FolkWorld #60 07/2016
© Walkin' T:-)M

»Ein guter Song sollte auch ohne Strom funktionieren...«

Zum 35-jährigen Bühnenjubiläum und dem Erscheinungstermin seiner 7. Solo–CD plaudert der Bayreuther Singer-Songwriter Sandy Wolfrum gerne über das Leben eines Musikers und Lieder in akustischem Gewand.

Sandy Wolfrum

Artist Video Sandy Wolfrum @ FolkWorld:
FW#27, #31, #33, #43, #54, #60

www.sandywolfrum.de

Walkin T:-)M: 35 Jahre auf den »Brettern, die die Kleinkunst bedeuten«! Was fällt dir beim Rückblick spontan ein?

Sandy Wolfrum: Nun, in der Kleinkunst geht es ja wirklich noch um die Kunst und weniger um den Kommerz. Und wenn ich dann auf 35 Jahre zurückblicken darf, in denen ich mich künstlerisch nie habe verbiegen müssen, ohne zu verhungern, dann sehe ich das als Top. Es mag komisch klingen, aber mir fällt kein Flop ein, der sich wirklich eingeprägt hätte. Vielleicht hätte ich mir den einen oder anderen Auftritt sparen können ... aber das ist völlig normal. Ich mache gerne so weiter, wie es ist.

Du hast dich der handgemachten Musik verschrieben. Wie fing es mal mit der Musik an?

Das fing bei mir, wie bei so vielen Musikern, mit der obligatorischen Schülerband an. Aber ich merkte bald, dass mir die Nachspielerei zu langweilig ist. Ich interessierte mich stark für die Aussagen der Songs, also kam ich schnell auf die Beatles und die Kinks, die sich mit intelligenten Texten und genialem Songwriting abhoben. Und irgendwann hörte ich die Songs von Leonhard Cohen, Reinhard Mey, Joan Baez und Hannes Wader. Ich musste dann unbedingt meine Songs selbst schreiben und sie auf die Bühne bringen.

Von 1982 bis 2007 warst du Mitglied des Trios Feelsaitig und ihr habt - in eigenen Worten - »Lieder und Songs zwischen Folk und Rock'n'Roll« gespielt ...

1982 gründete ich mit Robert Wachsmann und Hanzie Scharrer die Band »Feelsaitig«. Wir wollten englischen, deutschen und in Mundart gesungenen Liederfolk machen. Die Zielsetzung von Feelsaitig war es, sich in keine Schublade drängen zu lassen. Andere Bands sangen entweder englisch oder deutsch oder Mundart. Wir sangen sozusagen »dreisprachig«. Wir schrieben eigene Songs und spielten vom Rock bis zur Gitarrenballade alles, was sich ohne Computer spielen ließ.

Feelsaitig

Und außerdem war es unser Ziel, dem bürgerlichen 8-Stunden-Tag zu entgehen. Wir wollten »on the road« sein. Und das ist uns geglückt, mit 14 offiziellen Alben, bis zum Tode von Hanzie Scharrer 2007. Dann nahm ich meine Gitarre und zog alleine mit meinen Liedern durch das Land. Und das tue ich bis heute. Ein guter Song sollte auch ohne Strom funktionieren.

Wie fühlt es sich als Solokünstler an?

Tja, ich muss keine Kompromisse mehr machen, dafür fehlt mir manchmal der gegenseitige Ansporn im Studio oder nach dem Gig. Ich denke, es war eine wunderbare Zeit mit Feelsaitig, aber momentan mache ich mein eigenes Ding. Allerdings hole ich mir ja Freunde ins Studio und arbeite auch immer wieder mit Robert Wachsmann. Komplett solo spiele ich nur bei meinen Konzerten.

Du hast nun dein 7. Solo-Album »Fairness« vorgelegt. Wie magst du aktuell deine Musik beschreiben?

Oh, Selbstbeschreibungen sind sehr schwierig. Ich versuche eigentlich schon seit Jahren, das Klischee zu widerlegen, dass wir Singer-Songwriter uns nur an den Texten ergötzen und die Melodien austauschbar sind. Bei manchen KollegInnen höre ich diese Tendenz tatsächlich heraus. Ich hoffe, dass meine Songs abwechslungsreich und musikalisch »feelsaitig« sind und bleiben. Aber letztlich müssen andere entscheiden, ob mir das gelingt oder gelungen ist.

Sandy Wolfrum: Fairness

Findest du denn dein Publikum?

Na ja, dass die Szene für Nicht-Mainstreamler schwieriger geworden ist, ist klar. Ein kleines, feines Publikum war mir aber immer schon lieber, als große Hallen. Meine Musik ist nicht massentauglich. Aber dummerweise möchte ich noch immer keine andere Musik machen.

Aber hast du nach 35 Jahren noch einen Traum ...?

Ich möchte möglichst so weitermachen dürfen wie die letzten Jahre: Lieder schreiben, Aufnahmen machen und Konzerte spielen. Heuer werde ich einen Abend mit Ulrik Remy und Mario Hene bei der Landesgartenschau bestreiten, was mich sehr freut. Zwei wunderbare Kollegen. Und mit Reiner Rumpf werde ich mir auch die Bühne einige Male teilen.

Ich hoffe sehr, dass die Lieder von meinem neuen Album »Fairness« den Weg in manche Herzen finden werden. Und ich möchte alle Radiostationen der Welt auffordern, endlich wieder alle Musikrichtungen und Stile zu berücksichtigen. Dieses ewige Plastikpop-Gesäusel mit dumpfen Einheitstexten darf nicht alleinig den Radiomarkt beherrschen. Das wäre ein Traum ...


Photo Credits: (1)-(3) Sandy Wolfrum / Feelsaitig (unknown/website).


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