FolkWorld #54 07/2014
© Karsten Rube

Ein heißes WM-Festival

TFF Rudolstadt 2014

Artist Video TFF Rudolstadt
3. bis 6. Juli 2014


TFF Rudolstadt 2014:
Tansania / Bass / Samba


Music of Tanzania

TFF Rudolstadt 2013:
Vier Tage Sommer


www.tff-rudolstadt.de

RUTH 2014:
Alpenklezmer, Liloba, Bar-
bara Boock, Rainald Grebe


www.weltmusikpreis.de

Finale CREOLE 2014:
Serkan Özkan, Levantino, Lanaya,
Pulsar Trio, Absinto Orkestra,
Rishaba, Annuluk, Liloba,
Cicinatela, Sedaa, Kapelsky und
Marina, Sina Nossa, Volxtanz, Pari San


www.creole-weltmusik.de

Mit Enttäuschungen muss man leben lernen. Nach dem wunderbaren Jahrgang 2013 bin ich in diesem Jahr mit einiger Skepsis nach Rudolstadt gefahren. Ohne große Erwartungen. Ich wurde auf angenehme Weise enttäuscht. Es war wieder ein schönes Jahr. Es war - wie jedes Jahr - anders. Wenn man die 24 Jahrgänge miteinander vergleicht, so findet sich für jedes Jahr ein anderes einmaliges Bild.

Straenmusik, TFF 2014

Zunächst: Das Wetter hat gehalten. Es war warm bis heiß. Insgesamt gab es drei kleinere Niederschläge, die so geringfügig ausfielen, dass sie nicht einmal als Erfrischung durchgingen. Natürlich wurden auch diese Minimaltropfen von komplettausgestatteten Konzertbesuchern mit Regenjacke und Schirmen niedergekämpft. Andere sorgten selbst für Erfrischungen. Eine Wasserspritz-Pump-Gun mit Getränkeflaschenreservoir kühlte die tanzenden Massen vor der Konzertbühne ab, die Saale lud zum unautorisierten Durchwaten ein und Freibad wie städtische Brunnen waren nicht mehr sicher vor den schwitzenden Besuchern.

Trotz Hitze strömten sie wieder nach Rudolstadt: Musiker, Folkenthusiasten und Festivalhopper, sowie zahlreiche Einwohner aus der Umgebung, die das Festival inzwischen als einen kulturellen Höhepunkt der Region begreifen. In dieser Hinsicht hat sich viel getan. Das Gastgewerbe empfängt die nicht immer leise Kundschaft mit großer Freundlichkeit - bis auf die, die ihren Ruf als Wadenbeißer bereits so kultiviert haben, dass sie nicht mehr Kult wären, wären sie freundlicher.

Mit bald 90.000 Besuchern stößt das Festival organisatorisch allerdings allmählich an seine Grenzen. Es platzt aus allen Nähten. Zeltplätze werden bereits ab Donnerstagabend, spätestens aber am Freitagabend als überfüllt ausgewiesen. Ein Konzertort musste wegen Überfüllung vor weiteren Besucherandrang geschlossen werden. Die Besucherstromlenkung entpuppt sich oft genug als Besucherstromblockade und die Warenanlieferung vom Freitagmorgen bei REWE war am Abend bereits an einigen Stellen abgeräumt.

Doch was soll's. Es wurde getanzt, gelauscht, getrunken, geraucht, gefeiert und musiziert. Und das erneut zu Musik aus nahezu jeder Ecke der runden Welt. Samba gab es aus Brasilien, Tanzmusik aus Tansania, Trancemusik aus Australien, selbst aus solch entlegenen Regionen wie Bayern kamen Musiker und ließen sich von der Festivalstimmung mitreißen.

Alles kann man in den vier Tagen nicht miterleben. Zu viel, zu groß und häufig zu zeitgleich. Und selbst, wenn man darüber berichten will, bleibt viel Erlebtes nur gestreift oder gänzlich unerwähnt.

Deshalb ist jeder wiedergegebene Eindruck nur eine Momentaufnahme eines Besuchers. Der ultimative Gesamtüberblick, den gibt es nicht. Jeder empfindet und erlebt das Festival anders. Doch die meisten fahren mit einem Lächeln wieder nach Hause.

Hier mein kleines subjektiv geführtes TFF-Tagebuch:

Bester Act des Tages:
Byebye aus Leipzig am Günterbrunnen

Markanteste Gerüche:
Lavendel am Beckenrand im Freibad,
Rostbratwurstduft vom Grill am Markt

Ärgernis des Tages:
Neues unübersichtliches Parkplatzdomino

Bester Spruch im Waschraum:
»Hab mein Nasenhaarrasierer vergessen.
Jetzt lauf ich vier Tage rum, wie ein Yeti.«

Donnerstag.

Fußball ist heute nicht. Wie erfrischend.

Angekommen. "OmG (Computersprech für 'Oh mein Gott'). Gleich Vier." Im letzten Jahr hing da schon ein Schild am Eingang des Freibades, dem TFF-Zeltplatz, den ich seit nun 20 Jahren am liebsten beehre. Die Verzögerung bei der Einsortierung auf dem zentralen Parkplatz hätte beinahe meine Vorfreude pulversiert. Kilometerweise Absperrbändchen sorgen für eine nicht erkennbare Ordnung. Ich fühl mich wie im Eingangsbereich von Disneyland oder beim Check-In am Flughafen, wo man einem labyrinthischen Gang aus Absperrbändern folgen muss, ehe man feststellt, dass man am falschen Schalter angekommen ist. Doch alles wird gut. Zelt und Tarp finden noch einen Platz auf dem Freibadgelände. Und das Schild "Zeltplatz überfüllt" hängt erst ab 17:00 Uhr am Tor.

Nach dem Zeltaufbau geht es in den Pool. Hier hat sich nichts verändert. Der erste Moment beim Gang ins Nass ist ein Schock. Ich erinnere mich an das vergangene Jahr, als eine mittelmeerwassergewohnte Begleiterin beim vorsichtigen Betasten des Wassers rief: "Die spinnen, die Deutschen." Mein Handtuch liegt neben einem Lavendelstrauch, in dem sich Insekten tummeln. Es duftet fast, wie in Südfrankreich. Rudolstadt ist ein kleiner Urlaub. Die Besucher sind wie jedes Jahr in der beliebtesten Badekleidung unterwegs: ohne. Sehr zur Freude des ebenfalls wieder anwesenden spindeldürren Ortsspanners, der das Festival am Beckenrand genießt. Also alles wie gewohnt. "A Sort of Homecoming", singt mein kopfinternes Radio leise den alten U2-Schlager. Nach dem erfrischenden Bad gehe ich Richtung Ausgang, an einer Tischtennisplatte vorbei, an der sich eine nackte Frau im gesetzten Alter stehend auf Schamhöhe ein Brot schmiert.

Die Innenstadt ist noch komplett offen für alle. Am Günterbrunnen stehen bereits zwei Musiker aus Leipzig. Byebye nennen sich die beiden, die mit Gitarre und Stimme ganz entspannt das Publikum zum Kopfnicken bringen. Kaum dreißig Schritte weiter spielt eine DixiJazz-Kapelle auf. DizzyBirdsJazzBand heißen diese ganz kurz und bündig, haben ihre Bandmitglieder in verschiedenen europäischen Ländern gecastet und sich ganz dem Dixieland aus New Orleans verschrieben. Kurz vor dem Markt dampft bereits der Grill und der typische Geruch von Thüringer Rostbratwurst lässt mich magnetisiert den Stand ansteuern. Hm. Lecker. Allerdings ist der Köstritzer-Stand noch zu. Die Marktbühne ist fast fertig aufgebaut, einige Buden und Verkaufsstände sind noch im entstehen.

Auf dem Weg zurück spielt die Band Cobario am Heine-Denkmal. Die Wiener Musiker standen bereits im letzten Jahr erfolgreich an der Straße. Mir gefallen die Musiker gut und auch denen muss es in Rudolstadt ganz gut gefallen haben, dass sie auf eigenen Faust wieder angereist sind. In meinem Programmheft tauchen sie jedenfalls nicht auf.

Annuluk

Artist Video Annuluk @ FolkWorld: FW#51

www.annuluk.net

Das eigentliche Festival beginnt am Donnerstag im Heinepark. Dort meinen es die Musiker vom Projekt Water is right auf der großen Bühne ziemlich laut ziemlich ernst. Künstler wie Flo Mega, Patrice, Laith Al-Deen, Gregor Meyle und noch einige andere aus dem Umkreis von Gentleman und den Söhnen Mannheims haben sich diesem engagierten Projekt verschrieben, das das Menschenrecht auf freien Zugang zum Wasser einklagt. Wasser darf kein kommerzielles Gut sein. Rap, HipHop und Reggae für etwas, das man in diesem Jahr als Festivalbesucher ebenfalls nötig hat: Wasser.

Nach dem Konzert pilgert das Publikum durch die eröffneten Trödelgassen, die auch hier wieder dünne Kleider, selbstgebatikte Kopfbedeckungen und allerhand biologisch abbaubare Nahrungsmittel feilbieten. Das Ziel ist die Konzertbühne am anderen Ende des Parkes. Diese Bühne wird von einem Reggaekünstler bespielt, der sich mit einem Akkordeonisten verbündet hat. Reggae mit Musette ist eine ungewöhnliche aber harmonierende Verbindung. Winston McAnuff & Fixi heißt das musikalische Projekt. Zwischen vielen schönen Songs gibt es auch mal eine Akkordeonextasephase. Live gehört sowas mit rein. Finde ich persönlich eher anstrengend.

Der Reggeamusiker sieht so aus, wie ich mir den klassischen Reggaemusiker vorstelle (Achtung Klischeewarnung!): grau und irgendwie staubig. Zwischendurch lässt er sich auch mal auf den Rücken fallen und bleibt eine knappe Minute liegen. Es ist medizinisches Personal vor Ort. Das wird aber nicht benötigt, es gehört zur Show. Nachdem ich mich durch den für Reggeamusik üblichen (Achtung Klischeewarnung!) süsslichen Raucherdampf weitergekämpft habe, krawallt auch schon die japanische Punkband Turtle Island auf der großen Bühne. Extrem Laut und unglaublich nahe, selbst auf dem Zeltplatz nebenan.

Bester Act des Tages:
Puppini Sisters

Markanteste Gerüche:
Knoblauchbrot im Heinepark (positiv),
Zigarrenrauch im Nacken (nicht so positiv)

Schönster Spruch, am Beckenrand:
»Wir sind seit Mittwoch hier, heut ist erst
Freitag, ich fühl mich wie Sonntag.«

Ärgernis des Tages:
Fehlfunktion in der Besucherstromregelung

Freitag.

Heute treten sich Fußball (Deutschland - Frankreich) und viele gute Konzerte gegenseitig auf die Füße. Man muss sich entscheiden, weshalb man hergekommen ist.

Die Sanitärbereiche im Freibad sind meist leer ... wenn man sie vor sieben Uhr morgens besucht. Genauso verhält es sich mit dem Andrang am Frühstücksbüfett. Es kommt die Zeit, da stößt das Festival an seine Grenzen. Mir scheint, es ist fast so weit. Trotz des Andrangs sind die Mitarbeiter in der Vereinsgastronomie des Fußballvereins Rudolstadt, der sich unmittelbar an das Schwimmbad anschließt, von entwaffnender Freundlichkeit. Ich bin noch etwas müde und entsprechend maulfaul, als mich das Fräulein an der Kasse mit freundlicher Stimme und lächelnden Blick in einen angenehmen Tag entlässt. Ich guck etwas blöd, muss dann aber ebenfalls lächeln. "Danke, ebenso", sabbere ich und stelle fest, dass es mir schon viel besser geht. Nach dem Frühstück, bei dem ich bemerke, dass das mit der Minimalpackung Butter aus der Vereinsgastronomie nicht ganz meinem realexistierenden Bedarf entspricht, und nach einem darauf folgenden erfrischenden Bad gehe ich Richtung Ausgang, vorbei an einer Tischtennisplatte, auf der eine nackte Frau im gestanden Alter sitzend vor sich ein Brot schmiert.

Ein Besuch bei REWE bringt nur Gutes. Warenlieferung. Ich brauche Sonnencreme - und zwar Creme und kein Sprühkleister -, vernünftige Butter und zwei Tüten Crushed Ice um meine Getränke vor dem Zelt zu kühlen. Alles kommt frisch rein, bis auf die Butter, die gibt es nur mit Rapsölversatz, was bei Hitze nicht besonders schlau ist, wie ich später feststellen muss. Dann geht es in die Innenstadt, vorbei am Günterbrunnen, wo Byebye aus Leipzig - ich vermute immer noch - ihre entspannenden Lieder singen. Die bunte Vielfalt der Festivalbesucher kommt langsam an, versammelt und begrüßt sich an allen Straßenecken. Rasterzöpfe und Filzhaare, Basecaps und Zylinderhüte, barfuß und mit Lackschuh. Für manche ist das Outfit des Folkies Lebenseinstellung, für andere die Kostümierung für vier Tage Festival.

Arto Lindsay
Artist Video
www.artolindsay.com

Erste Künstler schlendern durch die Stadt, vorbei an denen, die bereits vor den Läden und an den Brunnen stehen und musizieren. Felix Meyer albert mit einem Kind herum und taucht seine Füße in den Brunnen am Marktplatz. Später wird er noch singen und Platten signieren. Es dampft der Grill mit der Rostbratwurst und der Köstritzerstand hat offen. Die Marktbühne wartet bereits auf die Eröffnungsveranstaltung am Abend. Bis dahin ist noch Zeit. Ich steige den Weg zur Burg hinauf und setze mich auf der Burgterrasse in die Sonne.

Auf der Bühne soundcheckt Annuluk. Diese Band aus Leipzig bestreitet den Auftakt zum Finale des Creole Wettbewerbs. Die Creole ist der führende Wettbewerb für Weltmusikbands in Deutschland. Eine Art Weltmusik-Contest, der alle zwei Jahre stattfindet und eigentlich auf dem Tanz und Folkfest in Rudolstadt zuhause sein sollte. Annuluk's Musik ist eine Mischung aus urbaner Rhythmik und Schamanengesängen. Die Sängerin Michaela Holubova beherrscht die Kunst des schnellen Umschaltens von Brust- auf Kopfstimme sehr gut und kommt auch mit Obertongesängen zurecht. Ihre Bühnenpräsenz ist eigenwillig und energiegeladen. Leider haben sie ein Tonproblem und die Regeln des Wettbewerbs sehen für jede der Bands nur 20 Minuten Spielzeit vor. So bleibt der Band nur eine knappe Viertelstunde, um die vierköpfige Jury zu überzeugen.

Die Jury sitzt vor mir. Eine Dame wackelt angeregt zur Musik im Takt, ein anderes Jurymitglied knabbert am Bleistift und einer ist mit angeregtem Schwitzen beschäftigt. Sie wissen, sie haben noch 13 Bands vor sich und das Wetter bleibt stabil. Das Publikum kann mitvoten, aber wer wird wohl den ganzen Wettbewerb auf der Terrasse verbringen, um über drei Tage verstreut 20-Minuten-Gigs anzugucken. Vielleicht sollte man die Bands ins offizielle Programm einbinden, mit aussagekräftigen Konzerten an verschieden Orten der Stadt.

Von der Burgterrasse aus hat man einen schönen Blick über den Ort. Und einen wunderbaren akustischen Überblick über den Klangteppich, der sich über die Dächer der Stadt legt. Vor 20 Jahren, als ich Rudolstadt und sein Folkfestival das erste Mal besuchte, herrschte hier noch der Verfall, den das DDR-System in vielen Städten hinterlassen hat. Vieles musste saniert werden, nur das Geld war knapp. Irgendwie hat sich Rudolstadt aus der verarmten Zone herausgewirtschaftet. Viel Fleiß haben die Bewohner an den Tag gelegt, um das historische Städtchen wieder beschaulich und bemerkenswert hübsch aussehen zu lassen. Und das auch außerhalb der Festivalzeit. Zum ersten Mal seit Jahren erlebe ich die Heidecksburg ohne Baugerüst.

Wege sind ein wichtiges Thema im Zeitplan des Festivals. Von der Burg in den Heinepark benötigt man je nach Beschaffenheit der eigenen Konstitution zwischen 20 Minuten und einer halben Stunde. (Bitte mal melden, wer es schneller geschafft hat!) Dies allerdings ohne die Hindernisse, die sich Festivalbesucher und -organisation kurzentschlossen gegenseitig in den Weg legen. Wer es geschafft hat, eine Bollerwagenkarawane erfolgreich hinter sich zu lassen, die in einer schmalen Gasse scharf bremst, um Bollerwageninsasse Kevin-Andreas klar zu machen, dass er jetzt keine neue Trommel bekommt, wird sicher geschockt auf den Zugang zur Bahnunterführung blicken. Orangefarbene Ordnungskräfte versuchen Ampel zu spielen. Die Brücke über die Saale wird nur in eine Richtung freigegeben. Gut, denke ich. Dann kommt es in der Unterführung nicht zum Stau von zwei Seiten und meine Platzangst muss nicht durchbrechen. Nach fünfzehn Minuten auf der Straße stehen und Warten wird ein Richtungswechsel im Besucherstrom angeregt. Langsam tripple ich in die Unterführung. Es beginnt zu stocken. Ich stecke zwischen einem großen schwitzenden Rücken und einem ausladenden Busen fest. Von vorn drängeln Leute aus der Gegenrichtung, über mir rattert ein ICE. Die Besucherstromregelung hat die Security ja richtig gut im Griff.

Arto Lindsay hat bereits angefangen, als ich im Heinepark angekommen bin. Ich hätte doch den langen Weg über das Kinderfest nehmen sollen. Obwohl - ich weiß nicht, welches Übel länger dauert - Besucherstromregelung oder Bollerwagenhürdenlauf. Egal. Jetzt stehe ich vor einer Bühne mit dem Mann, der schon Caetano Veloso und Marisa Monte produziert hat. Ich bin fast alleine, denn zeitgleich ist Anstoß im Viertelfinalspiel Deutschland - Frankreich. Ein undankbarer Zeitpunkt für einen Konzertbeginn. Lindsay spielt schräg. Seine Musik besitzt brasilianischen Charme und die dissonante Rotzigkeit von Costello. Würde er seine elektronischen Krawallallüren drosseln, könnte mir seine Musik gefallen. Hin und her gerissen zwischen lauter Musik, die mir nicht ganz gefällt, und einem Fußballspiel, das mich nur am Rand interessiert, gehe ich zu den Bauernhäusern. Ein Duft von frischem Knoblauchbrot weht vorbei. Davon nehme ich eins mit und spendiere mir einen Rosé. Dann sitze ich unter einer Linde und stelle fest, Arto Lindsay klingt von weiter weg gar nicht so schlecht. Im Garten der Bauernhäuser knabbern Besucher die Johannisbeeren ab, eine Familie am Nachbartisch schießt mit einem Tablet-PC mehrere Selfies. Kein Torjubel stört. Deutschland hat nur ein Tor geschossen - was ausreicht.

The Puppini Sisters
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www.thepuppinisisters.com

Länderschwerpunkt ist in diesem Jahr Tansania. Das Analog Africa Soundsystem besteht aus einem DJ-Gespann, das afrikanische Musik mixt und sampelt. Irgendwann stießen sie auf eine in Ostafrika als musikalische Legende eingestufte Formation: The Black Warriors. Die Gruppe hat sich frisch wieder zusammengefunden, nachdem sie in den späten achtziger Jahren recht erfolgreich waren, sich dann aber auflösten. Die Musiker strömen gutgelaunt auf die Bühne. Als Afrofunk kann man die Musik der Warriors bezeichnen, ungeheuer treibend ist der Sound und es ist schwer, dabei einfach nur auf dem Hintern zu sitzen. Das schafft auch keiner der Anwesenden vor der kleinen Konzertbühne am frühen Freitagabend.

Auf dem Weg zur Burg kurzer Halt an der Kneipe des Wadenbeißers. Der Wirt bedient allein, mag das ganze Ökogedöns nicht besonders und liegt auch sonst bei der Verteilung von Sympathiepunkten nicht sonderlich weit vorn. Aber er ist Gastwirt aus Leidenschaft. Also akzeptiert er den Fakt, dass er Geld dafür nimmt, Bier auszuschenken. Mit gut gezapftem irischen Bier ist er geschmacklich gut aufgestellt und das Festival liefert selbst ihm einen Grund, Musiker vor seiner Kneipe auftreten zu lassen. Beständig am Meckern, wenn die Tische vor der Kneipe nach Lust und Laune umgestellt werden, ist er aber aufmerksam genug, ein leeres Glas nicht leer stehen zu lassen. Irgendwie ist seine ruppige Art auch wieder drollig. Ein Typ, dem man übertriebene Höflichkeit nicht abkaufen würde und der es trotzdem schafft, dass seine Gäste zufrieden sind.

Wie man als Folk- und Weltmusikfestivalorganisator auf die Idee kommt, ein Swingtrio einzuladen, das sich der Musik der Vierziger Jahre verschrieben hat, ist mir etwas schleierhaft. Da ich die Puppini Sisters mag, ist es mir aber ganz recht. Die drei Sängerinnen aus England sind die diesjährigen Partner der Thüringer Symphoniker, die bereits seit einigen Jahren mit hochkarätigen Künstlern auf dem Rudolstädter Tanz- und Folkfest zusammenarbeiten. Ein ambitioniertes Unterfangen, dem oft die nötige Zeit für gemeinsame Proben fehlt. Swing verträgt durchaus einen großen Klangkörper, der mit genügend Inspiration die ganz große musikalische Kalorienbombe servieren kann. Auch die Thüringer Symphoniker versuchen es, aber die Lockerheit einer Bigband bekommt das klassisch orientierte Orchester nicht ganz hin. Gerade die Blechbläser klingen zu sehr nach Klassik, wo sie doch eigentlich nach Tanzorchester klingen sollten.

So häufig kommen die Orchestermusiker auch nicht zum Einsatz. Da die Puppini Sisters hauptsächlich bekannte Songs covern, wird sich das Orchester auch aus rechtlichen Gründen aus einigen Songs raushalten müssen. Trotzdem ist das Konzert ein schönes Erlebnis, zumal die drei Damen permanent mit Orchester und Publikum kokettieren und aussehen, wie Pralinen in einer Geschenkpackung. Lediglich ein Ärgernis verhagelt mir den Abend. Es ist eng, voller Leute, die Spaß haben wollen, was genau das ist, was ich auch möchte. Direkt hinter mir, fast schon mit Körperkontakt steht ein leicht angetrunkener Gast, der während des ganzen Konzertes eine fette Zigarre raucht und dabei auch noch in der Unterhaltung mit seinem Nachbarn wild gestikuliert. Nun bin ich kein radikaler Raucherhasser, doch halte ich so etwas für extrem unhöflich. Noch besitzt er ja das verbriefte Recht auf Rücksichtslosigkeit und die Freiheit, auf einer Open-Air-Veranstaltung zu rauchen, auch wenn es so eng ist, dass Open Air kaum mehr etwas mit frischer Luft zu tun hat. Ich besitze dagegen die Freiheit, es still zu dulden, denn Freiheit ist ja meist immer die Freiheit der Anderen.

Bester Act des Tages:
No Blues

Markanteste Gerüche:
Heißes und Fettiges auf dem Markt
(nicht mehr ganz so positiv)

Schönster Spruch, bei REWE:
»Ware war gestern!«

Ärgernis des Tages:
Die steinernen Gesichter der Sicherheit

Samstag.

Ist heute Fußball? Ja. Ist aber eigentlich auch egal.

No Blues

Artist Video No Blues @ FolkWorld:
FW#37, #38

www.noblues.nl

Jetzt bekommt man schon das Gefühl, dass dem Festival das T-Shirt zu eng wird. Das Festival platzt aus allen Nähten. Ein morgendlicher Versuch bei REWE, noch ein paar Kleinigkeiten zu besorgen, scheitert nicht nur an den vier Kassenschlangen, sondern auch an der Antwort einer Verkäuferin auf die Frage, ob noch mal Crushed Ice reingekommen ist: “Ware war gestern!” Bleibt der Pool im Schwimmbad als Erfrischung. Auf dem Weg an der Absperrung zum Heinepark zähle ich orangefarbene Ordnungshüter. Bei dreißig höre ich auf. Und ich bin nur über die kleine Brücke und an der schmalen Seite des Parkes entlang gegangen.

Die Securityleute lassen sich nicht groß in Gespräche verwickeln, lächeln wenig und machen auch sonst nicht den einladendsten Eindruck. Wovor wollen uns eigentlich die Hundertschaften von Sicherheitskräften beschützen? Vermutlich vor zu viel guter Laune. Sicher müssen solche Massen, wie sie gerade in diesem Jahr durch den Ort trollen auch ein bisschen im Zaum gehalten werden, die Einwohner möchten ihre Stadt nach solch einem Festival ja auch nicht wieder komplett neu aufbauen, nur weil irgendwas aus dem Ruder gelaufen sein könnte. Allerdings kann ich mir kaum ein friedlicheres Publikum denken, als das, welches ich seit 20 Jahren beim TFF in Rudolstadt erlebe. Nur ein bisschen mehr Freundlichkeit und Interesse könnten die Sicherheitskräfte den Besuchern entgegenbringen, so anstrengend der Job auch ist. Bei der Passage der von ihnen besetzten Eingänge hat man nicht unbedingt den Eindruck, willkommen zu sein.

Que Passa
Artist Video
www.quepassa.pl

2ersitz
Artist Video
2ersitz.kastenkopf.net

Ich kühle mich im Freibad ab, packe ein paar Sachen für den Tag und trotte zum Ausgang, vorbei an der betagten ... na, sie wissen schon. Geht die eigentlich auch mal auf eines der Konzerte? Ich habe sie jedenfalls noch nicht in der Innenstadt gesehen. Wahrscheinlich würde ich sie auch nicht erkennen - so ohne eine Scheibe mit geschmiertem Brot.

Am Günterbrunnen spielt ByeBye aus Leipzig. Cobario stehen in unmittelbarer Nähe und warten auf ihren Auftritt. Kurz hinter dem Eingang spielt die polnische Band Que Passa. Ihre Fusion aus Flamenco und Jazz ist der wunderbare Soundtrack zu einer ausgiebigen Siesta bei diesen mediterranen Temperaturen. Verspielt, verträumt und hingebungsvoll vorgetragen.

Am Marktplatz riecht es nach Grillwurst, Mutzbraten, Sauerkraut, Veggiefood, Zuckerwatte, alles gleichzeitig. Die Luft wirkt bereits ein bisschen fettig.

No Blues spielen auf der Marktbühne. Auf diese Holländer habe ich mich schon lange gefreut. Ihre Mischung aus Americana und arabischer Musik ist selbst in Zeiten des Fusionswildwuchses noch einzigartig. Der Oud, dieses schöne arabische Saiteninstrument, trifft hier auf Folkgitarre und afrikanische Perkussion. Manchmal benutzt der Sänger und Lautenspieler seinen Oud wie eine Schlaggitarre. Die kräftige Bluesstimme des Bassisten stellt einen wunderbaren Kontrast zum weichen und sanften arabischen Gesang dar. Vier ruhige Profis, die kühl der Mittagshitze trotzen.

Straßenmusik ist so präsent wie nie. Die im Abstand von 20 bis 50 Metern agierenden Bands sorgen in den engeren Gassen für permanenten Stau, der allerdings akustisch angenehm unterhält. Viele gute Bands sind dabei. So die Gruppe 2ersitz, ein Sextett aus Leipzig, das eine lebendige Mischung aus Reggae, Blues, HipHop und Latin spielt. Mühelos gelingt es der Band, die Hörer so in den Bann zu ziehen, dass innerhalb weniger Augenblicke die Straße komplett verstopft ist.

We Banjo 3

Artist Video We Banjo 3 @ FolkWorld:
FW#49, #49, #54

www.webanjo3.com

Eine junge Gruppe von Gitarrenenthusiasten sitzt vor einem leeren Laden kaum 20 Meter weiter und spielt Flamenco. Auch sehr schön. Auf der Bühne am Schulplatz ist dafür gerade Pause. Lediglich zweistimmiges Kindergetrotz schallt aus dem Weinverkaufskiosk. Wahnsinn, was unplugged so geht.

Die unausweichliche Bollerwagenblockade bremst mich aus. Ein edles Bauteil, faltbar. Sieht teuer aus. Der Inhalt besteht aus einem Jungteenager, der mit einem IPhone spielt.

Auch in der Innenstadt ist Straßenmusik das bestimmende Element. Wie beim One-Men-Orchester aus Australien: DidgEra. Mit Didgeridoo, elektronischen Samples und Saxophon bringt er eine Art Traumpfadsymphonie zum Klingen.

In Hörweite entfernt sitzen zwei ältere Herren mit E-Orgel und singen deutsche Schlager. Jeder hat hier sein Publikum, denke ich und beobachte einen rasterbezopften Barfußläufer, der verstohlen mitsingt: “Annelise, schenk mir einen Gartenzwerg”.

Es führt mich in den Weinbergsweg. Dort steht ein schickes altes Haus mit einem großen Hanggarten, in dem noch einmal die Dixielandband aufspielt. Hier war ich in 20 Jahren noch nie. Es ist einer der idyllischsten Orte des Festivals. Ich liege im Gras zwischen Obstbäumen, Blumen und Unkraut, höre gute Musik und freue mich über die Leichtigkeit des Seins, die das Festival in Rudolstadt vermittelt.

Im Heinepark spielt Judith Holofernes. Es beginnt krachig und laut und klingt ein bisschen, wie die japanische Punkband vom Donnerstag. Nur mit deutschen Texten. Die Ex-Heldin tourt gerade auf Solopfaden. Irgendwann innerhalb ihrer Vorstellung wird sie melodiöser. Doch insgesamt ist ihre Art der Neuesten Deutschen Welle nicht für meine Ohren gemacht. Abgesehen von einem Lyle-Lovett-Coversong erreicht mich ihre Musik nicht. Danach verpasse ich Rainald Grebe. Der Zugang zu seinem Konzert auf der Burg ist, wie ich höre, wegen Überfüllung weitgehend unterbunden. 5.000 Leute sollen da sein und der Burghof wurde geschlossen.

Auf dem Marktplatz erlebe ich später die irische Band We Banjo 3. Die vier Iren mischen amerikanische Countrymusik und irische Traditionals so genial, dass man beim Hören kaum die Übergänge spürt. Dabei hopsen sie permanent hin und her, dass es mir schwer fällt, ein nicht verwackeltes Foto von der Band zu schießen. Banjo spielen die Musiker mit einer Geschwindigkeit, der man kaum folgen kann. Hier haben vier Musiker jede Menge Spaß, den sie mit dem Publikum teilen. Es ist ein lauer Abend, obwohl sich irgendwo in der Umgebung Gewitter abspielen müssen. Ein paar stramme Böen fegen über den Platz und lassen die vielen Fahnen der Gastländer peitschend im Wind knallen. Ich bemerke einen ganz leichten Ansatz von Regen. Erfrischend, denke ich, bevor der vor mir Sitzende hektisch seine Regenjacke aus dem Rucksack reißt und mir um die Ohren schleudert.

Bester Act des Tages:
Mundart-Crew

Markanteste Gerüche:
Schweiß - eigener, wie fremder

Schönster Spruch, bei June Tabor:
»Napoleon was the hope for many on the
British islands to free them from the
tyranny of the rich. We’re still waiting.«

Ärgernis des Tages:
Die eigene Übersättigung und Schlappheit nach
vier Tagen Festival. »Hier erkenne ich noch deut-
liche Trainingsdefizite, auch wenn ich versucht
habe, meine Leistung ordentlich abzurufen ...«
Ach nee. Falsches Zitat. Anderes Event.

Sonntag.

Heute kein Fussball.

Mundwerk Crew
Artist Video
www.mundwerk-crew.com

Sonntag ist für viele Packtag. Zelte müssen abgebaut, Autos eingeräumt werden und für einige geht es bereits zeitig wieder nach Hause. Entsprechend hektisch ist der Morgen auf dem Zeltplatz. Während der Mitmachtanz mit Wimmerschinken aus dem Heinepark herüberschallt und aus dem im Abbau befindlichen Nachbarzelt noch eine Runde "Die Drei ???" mitgesprochen wird, schleppen andere bereits Rucksäcke durch die Gegend. Ich baue auch schon mal ab, gehe ein letztes Mal Baden und trotte dann mit meinem Gepäck zum Ausgang, vorbei an der Tischtennisplatte, vor dem die betagte Nackte mit Schüttelbewegungen ihre Haare ordnet. "Bettina, pack deine Brüste ein", singe ich leise den alten Schlager und lasse den Anblick hoffentlich weit hinter mir.

Ich bin wieder im Heinepark. Es ist Mittag und es ist heiß. Und gleich wird es noch viel heißer, wenn die bayrische Hip-Hop-Funk-Formation Mundwerk Crew aufspielt. Die jungen Leute sind es nicht gewohnt, so früh am Tag auf einer Bühne zu stehen und sie sind sichtlich überrascht, so ein heißes und tanzwütiges, kurz begeistertes Publikum anzutreffen. Sie bedanken sich brav und fassen es nicht. Einer der Sänger hat Geburtstag, verrät man uns von der Bühne. Das Publikum stimmt ein Geburtstagslied an. Die Traunsteiner legen richtig los, als wäre es noch nicht heiß genug. Funk, Ska, Rap - Hüpfmusik, die keinen auf dem Boden stehen lässt. Füße springen hoch, Arme werden in Höhe gerissen. Alles schwitzt, bis auf die, die ihr Hemd eben mal schnell durch die Saale gezogen haben. Ein junger Mann turnt mit einer Wasserspritz-Pump-Gun durch die Menge und erfrischt, wo er kann. Die Band und das Publikum sind gegenseitig voneinander überrascht. Mich erinnert das Konzert an den Auftritt der Band Lecker Sachen vor einigen Jahren, die auch nicht wussten, wie ihnen geschieht. Später war der Kopf der inzwischen aufgelösten Band, Markus Brachtendorf, dann Ansager und Mitgestalter dieses Festivals.

Nach diesem heißen Konzert schlendere ich noch einmal über die Brücke, die heute nicht so überfüllt ist und daher der Besucherstromlenkung für einen Moment entgeht. In der Saale spazieren Leute herum, kühlen sich die Füße. Ein Kanu zieht unter der Brücke durch. Ich sollte jetzt das Volkslied "An der Saale hellen Strande" im Kopf haben, stattdessen geigelt der Catherina-Valente-Schlager "Steig in das Traumboot der Liebe" in meinem Kopf herum. Das Radio im Kopf steckt doch voller Überraschungen.

Wirbeley

Artist Video Wirbeley @ FolkWorld:
FW#38, #42, #47

www.wirbeley.de

Am Günterbrunnen stehen Byebye aus Leipzig. Sie verkaufen CD's und bedauern, dass sie heute nicht mehr spielen werden. Que Passa sind aber wieder vor Ort und lassen ihre virtuosen Spielkünste erklingen. Am Markt ist die Geruchswolke aus Gegrilltem und Gesottenem kaum noch auszuhalten. Ein bisschen entspanntes und klimatisiertes Rumsitzen wäre jetzt schön. Ich finde den Ort der Ruhe, wo ich ihn vermute: in der Stadtkirche. Die Steine des alten Gebäudes verströmen noch etwas Kühle, die Holzbänke atmen eine leichte Weihrauchnote aus. Vor dem Altar sitzt Kostas Theodorou und Band. Der Grieche ist ein Multitalent mit mehreren Identitäten. Eigentlich spielt er Kontrabass, aber als Autodidakt hat er sich Laute, Gitarre und verschiedene Perkussionsinstrumente beigebracht. Er führt Regie und schreibt Filmmusiken. Auf dem Festival tritt er mit einer Art experimentellem Folkjazzprogramm auf. Es ist eine beruhigende, fast hypnotisierende Musik, die mich für ein paar Minuten die Augen schließen lässt. Am vierten Tag des Festivals benötigt man solche meditativen Momente.

Einen weiteren entspannenden Moment erlebe ich am Teehaus, vor der Heidecksburg. Dort spielt die Dresdener Mittelalterkapelle Wirbeley. Die zwei Herren und drei Damen stehen in der mittelalterlichen Kleiderordnung nachempfundenen Kostümen und interpretieren Lieder jener fernen Zeit. Höfische Melodien, Bauerntänze, Volkslieder aus ganz Europa. Schöne Gesänge sind zu hören, begleitet von Flöten, Schalmeien, Bocks- und Flügelhorn, Geige, Akkordeon und singender Säge. Es liegt sich gut im Gras unter der Linde. Die Mitglieder der Wirbeley besitzen viel Charme und einen angenehmen Witz, mit dem sie ihre Vorträge würzen. Sie machen Späße über Walter von der Vogelweide, bringen Anspielungen auf die Fußball-WM und greifen sich einen Mann aus dem Publikum, den sie im Tanze so lange herumwirbeln, dass er danach schwindelig versucht, seinen Platz wiederzufinden. Eine wahre Wirbeley eben. Die Musiker lassen sich viel Zeit, machen eine Pause, um Getränke zu ordern und Kinder zu stillen und werden gerade so fertig, dass ich mich auf den nahen Burghof begeben kann, um eines der angekündigten Highlights des Festivals zu besuchen: June Tabor und die Oysterband.

June Tabor

June Tabor @ FolkWorld:
FW#1, #17, #20, #31, #34, #35,
#40, #44, #45, #46, #49, #53
Artist Video
www.junetabor.co.uk

Oysterband @ FolkWorld:
FW#2, #8, #8, #10, #10, #24,
#24, #25, #25, #26, #29, #41,
#42, #42, #46, #49, #53

www.oysterband.co.uk

Bei vielen Folkfreunden und vor allem bei Musikjournalisten gilt June Tabor als die beste Sängerin der Welt. Ihre Stimme ist klar wie ein Gebirgsbach, der Hall, den sie ihrer Stimme unterlegt, lässt sie wie eine Hohepriesterin klingen, die ihre Jünger segnet. Ähnliche Superlative finden sich zuhauf, wenn man genug recherchiert. Auch mit 66 Jahren klingt June Tabors Stimme frisch und kraftvoll. An ihrer Seite hat sie die Oysterband, Altmeister des britischen Folkpop. Zusammen haben sie vor wenigen Jahren das Album "Ragged Kingdom" aufgenommen, ein Album, das zurecht zu den besten Folkalben der letzten Jahre gerechnet werden kann.

Hier auf der Heidecksburg bringt das Gespann ein paar Songs dieses Albums, aber auch aus einer früheren Zusammenarbeit. Das Zusammenspiel zwischen June Tabor und der Oysterband funktioniert tadellos. Zwischendurch zieht sich die Sängerin jedoch immer mal wieder zurück und die Oysterband kann beweisen, dass sie auch in der Lage ist, mitgröhl-kompatible Popsongs abzuspulen. "Diamonds on the Water" ist so ein Song, der in der britischen Ausgabe der RTL Chartshow sicher zum Feuerzeugeschwenken animiert. In meinem Kopfradio versuche ich einen früheren Song der Oysterband zu finden, "On the Road to Santiago". Ich schaue mir die Band an und habe einen Song der Puhdys im Ohr. Den mit dem Baum. Doch dann betritt June Tabor wieder die Bühne und rettet die Veranstaltung.

Ich beginne, an den Konzerten rumzunörgeln, die mich unterhalten und begeistern sollten. Ein deutliches Zeichen einer Eventüberreaktion, die nach vier Tagen Konzertmarathon auftreten kann. Es wird Zeit, abzureisen und die vielen schönen Momente des Festivals in den Vordergrund meiner Erinnerung zu plazieren. Denn tatsächlich war auch dieses Festival in seiner Gesamtheit eines der Besonderen und Schönen.


Siehe auch: "Großes Folk-Begehren: Einmal im Jahr wird das kleine Rudolstadt zur Weltmetropole der Folkmusik" (DIE ZEIT Nº 29/2014)


Kaum vorbei, wartet das nächste Festival: Nr. 25, eine Jubiläumsausgabe also vom 2. bis 5. Juli 2015. Das magische Instrument ist die Cister. Der Länderschwerpunkt ist Norwegen. Entsprechend gewählt wurde der Tanzschwerpunkt: Halling und andere norwegische Tänze.


Photo Credits: (1)-(2) TFF Rudolstadt, (3) Annuluk, (4) Arto Lindsay, (5) The Puppini Sisters, (6) No Blues, (7) Que Passa, (8) 2ersitz, (9) We Banjo 3, (10) Mundwerk Crew, (11) Wirbeley, (12) June Tabor (by Karsten Rube).


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