Erstmals fand das KlezMORE Festival 2004 statt und hat in den Jahren seither unter der Leitung von Friedl Preisl sein Profil ständig weiter entwickelt. Als ein Festival, das sich im Kern mit einer speziellen jüdisch verwurzelten Spielart von Musik und deren weiterführenden Aspekten zwischen Traditionspflege und Innovation beschäftigt. Mit seinen vielfältigen, inhaltlich korrespondierenden Mitteln – Konzerte, Lesungen, Vorträge, Diskussionen, Filme, … – schafft das KlezMORE Grundlagen für vielfältige Dialoge, im Sinne eines offenen, respektvollen Umgangs und Austauschs der Menschen in einer blühenden multikulturellen Metropole des 21. Jahrhunderts. Mit angestoßen und gefördert durch das KlezMORE Festival hat sich in Wien und österreichweit eine dynamische world music Szene etabliert, die nicht zuletzt auf Klezmer als selbstverständlichen Bestandteil ihres stilistischen Grund-Vokabulars zugreift.
ERÖFFNUNGSGALA 1: THE KLEZMATICS (USA)
Eine schönere Eröffung des KlezMORE Festival als durch die weltberühmten, vielfach preisgekrönten (Grammy u.a.) Klezmatics, kann mensch sich nicht wünschen! 1986 im New Yorker East Village gegründet, zählen sie zu den erfolgreichsten Interpreten jüdischer Populärmusik. Sie belebten Klezmermusik neu und entwickelten sie ständig weiter, dabei verbanden und verbinden die Klezmatics ihre aufregende Kunst stets mit progressiver Politik und Haltung. Jazz, Latin, Ska, Afro, Rock und Balkan – die Klezmatics sind Genre-Hopper auf höchstem Niveau, Beliebigkeit ist ihnen fremd. Mit „Apikorsim – Heretics“ veröffentlichte die unorthodoxe New Yorker Band im Herbst 2016 ihr bislang letztes Album, keine Gäste, keine Studiomusiker, keine genreübergreifenden Experimente – pure Klezmatics!
MAMES BABEGENUSH feat. LIVESTRINGS (DK)
Das 2004 gegründete dänische Sextett, das Mutters Auberginen-Salat mit seinem Namen ehrt, ist ein gern gesehener und gehörter Stammgast des KlezMORE Festivals. Heuer kommen sie mit ihren Kolleg_innen vom dänischen Quartett „LiveStrings“ nach Wien, mit denen sie 2017 das Album „Mames Babegenush with Strings“ einspielten und veröffentlichten. Diese Konstellation erschloss Mames Babegenush neue Möglichkeiten, dabei versuchte die leidenschaftliche Live-Band – erfolgreich! – die Energie der unmittelbaren Begegnung von Musiker_innen und Publikum im Studio einzufangen. Heute werden uns Mames Babegenush und LiveStrings ein Universum osteuropäischer Folkmusik eröffnen, reflektiert in und durchzogen von wunderbaren nordeuropäischen Klanglandschaften.
DANIEL KAHN: „BULAT BLUES“ (USA/RU)
Nach seinem – phantastischen! – letzten Album „The Butcher´s Share“ (mit The Painted Bird) widmet sich Daniel Kahn, KlezMORE Stammgast, nun mit „Bulat Blues“ dem sowjetischen Gitarrenbarden Bulat Okudzhava (1924 – 1997, regimekritischer Mitbegründer des russischen Autorenliedes). Unterstützt wird er dabei von Vanya Zhuk, einem Moskauer Virtuosen der Russischen 7-saitigen Gitarre, und seiner Frau Yeva Lapsker, die mit Projektionen für Kontext sorgt. Okudzhava, nach dem ein Asteroid benannt wurde, inspiriert Daniel Kahn &Co zu einem Abend voller Poesie, alle weltlichen, kulturellen und sprachlichen Grenzen überwindend.
Geoff Berner: Stimme, Akkordeon Diona Davis: Violine, Wayne Adams: Schlagzeug Geoff Berner @ FROG www.geoffberner.com |
Daniel Kahn: Stimme, Akkordeon, Gitarre Vanya Zhuk: Russische 7-saitige Gitarre Yeva Lapsker: Projektionen/Übersetzungen Daniel Kahn @ FROG www.paintedbird.de |
GEOFF BERNER (CAN)
In den wenigstens 15 Jahren, die Geoff Berner als Singer-Songwriter, Akkordeonist und Autor aktiv ist, hat er immer wieder auch in Wien begeistert. Er reduziert seinen Klezmer pointiert auf das Wesentliche und spielt seine Musik, solo oder wie heute im Trio, mit unterhaltender und berührender Souveränität, die er sich bei zahllosen Gigs in Bars, Cafés, Clubs, Theatern, bei Festivals oder in Arenen erspielt hat. Er scheut nicht vor klar links positionierten politischen Texten zurück, bringt sein Publikum zu gleichen Teilen zum Zähneknirschen, Tanzen, Weinen und Lachen, live ebenso ein Erlebnis wie auf dem jüngsten Album „Canadiana Grotesquica“.
NIKI JACOBS (NL)
„Gedenken, bazingen un fayern! 75 Jaar vrijheid!“ So der niederländische Titel ihres Programms, mit dem die 1978 geborene Sängerin Niki Jacobs – Wien ist ausnahmsweise etwas früher dran – mit ihren Musikern 75 Jahre seit der Befreiung vom verbrecherischen deutsch-österreichischen Naziterror zelebriert. Traditionelle und zeitgenössische jiddische Lieder, der Mauthausen Zyklus von Mikis Theodorakis, ein Zeitbogen von 1850 bis heute, eine tief empfundene Umarmung jüdischer Musikkultur.
Kateryna Yarynych: Stimme; Vitaliy Kovach: Gitarre Mykhailo Shutko: Violine; Volodymyr Tishler: Kontrabass Serhiy Kovach: Akkordeon; Volodymyr Korolenko: Zimbal Vasyl Rushchak: Baraban; Yuri Bukovynets: Klarinette, Flöten Hudaki Village Band @ FROG www.hudakivillageband.com |
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HUDAKI VILLAGE BAND (UA) feat BENJY FOX ROSEN (USA)
Im ukrainischen Teil der Karpaten liegt das Dorf Nyzhne Selyshche, dessen musikalische Botschafter_innen: Die Hudaki Village Band! Deren Musik greift die verschiedenen Einflüsse auf, die durch Dorf und Karpaten zogen und ziehen. Dieses spezielle Ensemble macht gemeinsame Sache mit Benjy Fox-Rosen, erforscht mit diesem die jüdische Musik des Kreises Maramures.
SOCALLED & LUNGAU BIGBAND (CAN/AT)
Das KlezMORE Festival freut sich sehr, mit dieser transkontinentalen Zusammenarbeit eine echte Weltpremiere präsentieren zu können! Der kanadische Universalkünstler – HipHop-Produzent, Musiker, Fotograf, Zauberer – Joshua Dolgin aka Socalled, eine der spannendsten jüdischen Stimmen derzeit, trifft auf die Musiker der 1983 gegründeten Lungau Bigband. „Mishmashers“ nennt sich das gemeinsame Programm, Socalled hat dafür ein beeindruckendes und pointiertes Repertoire aus jiddischen Theater- und Kunstliedern sowie Klezmer-Stücken geformt, die er gemeinsam mit Andreas Pranzl von der Lungau Bigband und Roman Britschgi für die große Besetzung arrangiert hat. Maschinen-Beats, wirbelnde Bläsersätze, Up-Tempo Swing, Funk-Riffs, eindringliche Melodien, absurd komische Texte und irre Harmonien: Mishmashers!
BESTER QUARTET (PL)
Das Bester Quartet hat seine Wurzeln in der 1997 gegründeten The Cracow Klezmer Band. Vier hochklassige Instrumentalisten, in deren reicher Musik Elemente aus Jazz, Klassik, Kammermusik und Avantgarde künstlerisch aufgehen, mit Raum für inspirierte Improvisationen. Dem KlezMORE Festival von John Zorn empfohlen, auf dessen Tzadik Label sie veröffentlichen: „The Bester Quartet is a wonder! Through their spectacular combination of impeccable musicianship, imaginative arrangements and passionate performances they have developed into one of the most original and exciting acoustic ensembles working today.“
Jarosław Bester: Akkordeon; Dawid Lubowicz: Violine Maciej Adamczak: Kontrabass; Ryszard Pałka: Perkussion Bester Quartet @ FROG www.besterquartet.com |
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MORITZ WEISS KLEZMER TRIO (AT)
„Klezmer Explosion“ nennt das 2015 gegründete Moritz Weiss Klezmer Trio sein heutiges Programm, das mit befreundeten Gastmusiker_innen umgesetzt wird. Ähnlich wie auf dem 2017 erschienenen Debüt-Album „Spheres“ wird dabei Klezmer um Jazz und Klassik erweitert, sind komplexe Strukturen voller subtiler Harmoniewechsel und ins Musikalische übersetzte Lebenslust kein Widerspruch.
RAHMENPROGRAMM: VIENNA-KLEZMER-SESSION MORITZ WEISS (AT) & Gäste
Eine der kleinen, feinen Besonderheiten des KlezMORE Festivals - die seit heuer von Moritz Weiss geleitete Jam Session, in der außerhalb des konventionellen Konzertrahmens die Möglichkeiten von Klezmer spielerisch im spontanen musikalischen Dialog erforscht werden.
ABSCHLUSSGALA 1: KLEZTORY (CAN)
Bei den fünf Musiker_innen von Kleztory aus dem kanadischen Montreal kommt eine Menge zusammen – unterschiedliche kulturelle Prägungen, musikalische Zugänge (akademische Ausbildung trifft auf autodidakte Intuition) und Vorlieben, die klassische und zeitgenössische Musik ebenso umfassen wie Blues, Country, Jazz und Folk. Daraus formt das Quintett seit seiner Gründung im Jahr 2000 seinen unverwechselbaren Sound, voller Respekt vor den Wurzeln und Traditionen des Klezmer, diesen dabei gekonnt weiter entwickelnd, nicht zuletzt mit seinen Eigenkompositionen, nachzuhören etwa auf ihrem bislang letzten, fünften Album „Nigun“ (2017). Mit ihrer Leidenschaft, Energie, ihrem Humor und fast symbiotischem Zusammenspiel verstehen es Kleztory immer wieder ihr Publikum zu fesseln – auch beim KlezMORE wirkten sie schon ihre Magie! – was für diese erste Abschlussgala einen erhöhten Highlight-Verdacht nahe legt …
ABSCHLUSSGALA 2: GROSSMÜTTERCHEN HATZ & KLOK & FAMILY (CH/IT/HR/AT)
In Zeiten, in denen die Reaktion bösartigste Urständ’ feiert, sich narzisstische Inkompetenzler zu Opfer und Messias zugleich stilisieren, ist der Begriff „Familie“ ein ideologisches Minenfeld. Die hiesige wird immer noch und immer wieder zur Keimzelle einer exklusiven Gesellschaft (v)erklärt, während die „andere“ Familie, die „fremde“, abgeschoben, getrennt, in Lagern verwahrt (unter völliger Ignoranz von Kinderrechten, tu felix Austria!) oder dem Ertrinken überlassen wird. Wogegen realpolitisch niemand ein Rezept zu kochen wagt. Wenigstens auf der Ebene der symbolischen und emotionalen Politik der Musik und Kunst finden Umdeutungen und Erweiterungen oder Aufhebungen eines so engen, ausschließenden Familien-Begriffs statt. Die womöglich – über ihre nachhaltigen Ahnungen einer „richtigen“ Welt und unseren Aufenthalten dort – in die gesellschaftliche Realität rückkoppeln. Grossmütterchen Hatz ist schon eine Melioration, der Bedeutungswandel eines Wortes hin zum Positiven gelungen, wurde doch das nicht unproblematische und abwertende Wort „Grossmütterchen“ ein Begriff für die erstaunliche künstlerische Entwicklung und Qualität von Franziska Hatz, die noch an Dynamik gewann, als sie und ihr Partner Richie Winkler sich mit den Klasse-Musikern von Klok zusammentaten. Wenn sich jetzt dieses Quintett um Familienmitglieder erweitert, die durch die gemeinsame tätige Liebe zur Musik auch Wahlverwandtschaften sind, wird’s ganz super. So kommen heute singende Nichten und Neffen, sowie Brüder auf die Bühne, die Schlagzeug oder Hammond-Orgel spielen. Wenn alles klappt, wird es eine 10-köpfige musikalische Mischpoche und die gemeinsame klingende Reise kann von Kroatien, Serbien über die Steiermark nach Südtirol bis in die Schweiz gehen. Die KlezMORE Familie zuckt dazu gewiss vor Freude aus!
Roman & Bruder Britschgi & Schwager Urs: Kontrabass u.m. Jörg & Bruder Reissner: Gitarre u.m. Sasa & Bruder Nikolic: Schlagzeug u.m. Franziska & Nichten Hatz: Akkordeon u.m. Richard & Neffe Winkler: Saxophone u.m. Hatz / Klok @ FROG www.gmhorkestar.at | www.klok.at |
Elvira Misbakhova: Violine Airat Ichmouratov: Klarinette, Bassklarinette, Duclar, Tambourin, Stimme Mélanie Bergeron: Akkordeon Dany Nicolas: Gitarre Mark Peetsma: Kontrabass www.kleztory.com |
Photo Credits:
(1) KlezMORE Festival Vienna (Logo),
(2) The Klezmatics,
(3) Mames Babegenush,
(4) Geoff Berner,
(5) Daniel Kahn & Bulat Okudzhava,
(6) Hudaki Village Band,
(7) Niki Jacobs,
(8) Benjamin Fox-Rosen,
(9) Jarosław Bester,
(10) SoCalled,
(11) Moritz Weiss,
(12) Hatz/Klok,
(13) Kleztory
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