FolkWorld #59 03/2016
© Geraer SONGTAGE

Wütend, feiernd, leidend, bissig, witzig

Geraer SONGTAGE

5. März - 7. Mai 2016
Sophie Hunger
Zärtlichkeiten mit Freunden
Faber
Jack Savoretti
Berge
Gerhard Schöne
Wortfront
Ray Cooper
Lüül & Band
von Brücken
Leslie Clio
Falkenberg
Strömkarlen
Falk
Gloria
Phela
Get Well Soon
Carolin No
Schön war's:
SONGTAGE 2014


www.songtage-gera.de

Lieder und Geschichten – wütend, feiernd, leidend oder bissig, grandios gereimt und witzig. Musik ist so vielfältig und vielschichtig wie auch die Geschmäcker derer, die sie hören wollen. Traditionell haben es sich die SONGTAGE Gera zur Aufgabe gemacht, zwischen März und Mai eines jeden Jahres eine wohlsortierte Auswahl dieser Vielfalt auf die unterschiedlichsten Bühnen Geras zu bringen – die gute Musik in den passenden Raum, die Künstlerinnen und Künstler zum wohlgesonnenen Publikum.

Wortfront

Artist Video Wortfront @ FolkWorld:
FW#33, #38, #43

www.wortfront.com

Sandra Kreisler & Roger Stein: Wortfront - bissig, grandios gereimt & witzig

Lieder von Wortfront sind nicht nur Lieder. Sie sind Momentaufnahme, Milieustudie und Mahnung in einem. Es geht sarkastisch zur Sache und oft verdichtet sich ein Song zur blitzenden Satire, doch es macht stets ein hübsches Geräusch, wenn bei Wortfront Tabus brechen – weil neben allem skurrilen und bitterbösen Humor immer genug Platz für zärtliche Botschaften bleibt, die direkt ins Herz treffen.

Liebevoll und schonungslos zugleich umhüllt Musik die Texte: Da reißt ein raues Schlagzeug wütend das Tempo an sich, dort geht ein dumpfer Basslauf direkt unter die Haut und über allem schwingt die

Magie der Streicher, die mal mit süßem Schmelz, mal mit kratziger Attitüde nach vorne treiben. Diese verblüffende Klangwirkung im Zusammenspiel mit durchaus poppiger, manchmal sogar richtiggehend rockiger Musik liefert sich ein spannendes Match mit furios gereimten Texten. Das ist die einzigartige Kraft von Wortfront.

Auch die Vielseitigkeit überrascht: Da schmiegt sich ein vorlauter Popsong an ein Lied mit fröhlicher Tango-Noblesse, da folgt eine handgemachte Rocknummer auf einen Song mit chansonesker Attitüde, da brennt sich ein salsaesker Sommerhit direkt in die Gehörgänge, da weckt eine zärtliche Ballade mit schwermütigem Text tiefe Sehnsüchte.

Die Texte sind dabei bissig, grandios gereimt, witzig und dabei immer leicht von der typischen Wiener Melancholie umweht. Sie sprechen mit einem Augenzwinkern von der „neuen Ehrlichkeit: „Zu viel Charme ist nur beschwerlich“, nur um gleich darauf mit zu Herzen gehender Liebe das Down-Syndrom „Sommerkind“ zu besingen „Und wenn es regnet, es regnet an Dir vorbei“. Der „Klofrau vom Hauptklo im Kanzleramt“ ist das alles ziemlich gleichgültig, denn „wir glauben an Ideale, sie glaubt nur an Sauberkeit“.

Wortfront trifft schmerzhaft und mit Leichtigkeit auf den Punkt: Das Leben bleibt im Grunde ein Triumph der Möglichkeit.

Strömkarlen: Zurück zu den Wurzeln

Seit im 13. Jahrhundert in Island eine umfassende Sammlung alter Götter- und Heldenlieder zusammengetragen wurde, ist die Faszination für die später unter dem Namen „Edda“ bekannten Verse mit ihrer archaischen, bildgewaltigen Sprache bis heute ungebrochen.

Strömkarlen

Artist Video Strömkarlen @ FolkWorld:
FW#38, #40, #50, #57

www.stroemkarlen.de

Das zeigen nicht zuletzt Bearbeitungen des Stoffes durch Künstler aller Sparten (z.B. in Tolkiens „Hobbit“). Auch das nach einem schwedischen Wassergeist benannte Folk-Trio Strömkarlen konnte sich der Magie dieser uralten Geschichten von Odin und Freya, Riesen und Zwergen, Runen und Zaubersprüchen schließlich nicht mehr entziehen.

Der aus Nordschweden stammende Sänger und Gitarrist Stefan Johansson und seine deutschen Kollegen Christina Lutter (Gesang, Fiddle, Tin-Whistle) und Guido Richarts (Gesang, Kontrabass, Bodhrán, Klavier, Drehleier) sind für ihre stimmungsvollen Bearbeitungen nordischer Songs bekannt, und für ihr 5. Album haben sie sich einer besonderen Aufgabe gewidmet: Der Neuvertonung ebenjener Edda-Lieder, ganz zurück zu den Wurzeln nordeuropäischer Kultur.

In Ermangelung überlieferter Melodien aus jener Zeit nehmen sie sich die Freiheit, die Texte in ein eigens dafür gewebtes Gewand aus skandinavisch und irisch geprägtem Folk sowie Elementen aus Rock, Klassik, Weltmusik und alter Vokal- und Tanzmusik zu kleiden, ohne die rhythmischen und formalen Eigenheiten der alten Dichtung aus dem Blick zu verlieren.

Ray Cooper

Artist Video Ray Cooper @ FolkWorld:
FW#42, #51, #54

www.raycooper.org

Mit ihren kunstvollen Arrangements und zauberhaften Gesängen erschaffen Strömkarlen so eine vielschichtige, sinnliche Musik, die den Hörer in die mythischen Welten von Asgard, Midgard und Walhalla entführt.

Ray Cooper: Von skandinavischen Winden durchweht ...

Auf den ersten Blick erscheint der Name Ray Cooper einer unter vielen Songwritern zu sein, doch bereits der zweite Blick offenbart, dass wir es hier mit „Chopper“ zu tun haben, der von 1989 bis 2013 Mitglied bei einer der wohl bekanntesten britischen Folk-Rock-Bands, der Oysterband, war, die er am Bass, dem Cello und beim Gesang begleitete.

Ray Cooper ist als Schotte nicht nur ein in guter schottisch-irisch traditioneller Art singender Musiker, sondern auch Multiinstrumentalist, der neben dem bereits erwähnten Cello auch Bass, Gitarre, Kantele, Harmonika, Harmonium, Fiedel und Mandoline spielt sowie alle Percussions bedient.

Schon bei dieser Instrumentierung wird klar, dass sich viele seiner Songs in der schottisch-irischen Folk-Rock-Tradition bewegen, die wir so bereits bei der Oysterband liebten. Seine Songs haben dabei nicht nur eine musikalische, sondern auch eine textliche Tiefe. Das macht einen wahren Liedermacher aus: er hat nicht nur etwas zu singen, sondern mindestens genauso viel zu sagen und nach Möglichkeit sogar zu kommentieren. Jedes seiner poetischen Kunstwerke – genauso dürfen diese Texte

wirklich genannt werden – trägt Ray Cooper mal mit zerbrechlicher, dann wiederum mit fester, fordernder Stimme vor, die in vielen Facetten ihren Ausdruck findet.

Lüül

Artist Video Lüül @ FolkWorld:
FW#31, #40, #47, #56

luul.de

Unverkennbar in seiner Musik ist auch die Tatsache, dass Cooper seinen Lebensmittelpunkt in die Wälder Schwedens verlegt hat. So werden seine Songs von skandinavischen Musik-Winden durchweht, ohne seine schottischen Wurzeln zu verleugnen.

Für alle Konzertbesucher gibt es also bei Ray Coopers Solo-Auftritt in Gera viel zu entdecken. Musik, für die man sich Zeit nehmen muss – erst so entwickelt sie ihre gesamte Schönheit.

Lüül & Band: Der weitgereiste Poet

„Keinen Satz, keine Silbe mögen wir verpassen, nicht während seiner Lieder und genausowenig zwischen ihnen. Uns tropfen manchmal kleine Tränen auf den Kragen, uns steht der Fuß nicht still, wir verlören uns jetzt gern in dieser wundervoll begonnenen Nacht. Lüül macht Musik für Menschen, die Kettenkarussell fahren, wenn sie traurig sind und nie alleine bleiben, wenn sie einen glücklichen Tag erwischt haben. Die Welt braucht viele Lüüls.“ (Die Welt)

Hinter dem Künstlernamen steckt der Berliner Sänger und Gitarrist Lutz Graf-Ulbrich, der aus vielen Projekten bekannt ist. Er spielte Gitarre bei Agitation Free und Ash Ra Tempel, er begleitete Velvet Underground-Sängerin Nico, hatte einen Neue Deutsche Welle Hit, gründete das Rocktheater Reineke Fuchs und ist Gründungsmitglied der 17 Hippies.

Seine aktuelle CD "Wanderjahre" ist CD des Monats in der Liederbestenliste und wurde in die Longlist der Deutschen Schallplattenkritik aufgenommen. Sein Hit „West-Berlin“ stand im November 2015 auf Platz 1 der Liederbestenliste.

Bei seinem Auftritt in der Bühne am Park in Gera wird Lüül begleitet von seiner spielfreudigen Band, bestehend aus Musikern der 17 Hippies: Kruisko (Akkordeon), Kerstin Kaernbach (Geige, singende Säge) und Daniel Cordes (Kontrabass).

Als Banjospieler der 17 Hippies, aber nicht nur als solcher, hat Lüül mehr als die halbe Welt bereist und davon handeln seine Lieder. Ob als Rocker, als Tango-Spieler, als Polka-Hannes, als balladesker Frauen-Freund, als Lagerfeuer-Romantiker, als Dub-Rastafari oder als Weltmusik-Exot – immer versprüht er eine Prise trockenen Humors, immer wieder erweist er sich als schräger Poet.

Lüül & Band spielen eine Mischung aus osteuropäischen Melodien und Rhythmen mit französischem Chanson und amerikanischer Folklore. Alles groovt, ist tanzbar und von treibender Lebenslust durchtränkt.



Photo Credits: (1) Sontage Gera, (2) Wortfront, (3) Strömkarlen, (5) Lüül (unknown/website); (4) Ray Cooper (by Walkin' Tom).



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