FolkWorld #51 07/2013
© Walkin' T:-)M

Liebe, Krieg & Tod durch den Strang

Ray Cooper: Tales of Love War & Death by Hanging

Ray Cooper @ Littera Nova, Hildesheim - 14. März 2013.

Ray Cooper, besser unter dem Namen Chopper als Bassist und Cellist der englischen Folkrocker Oysterband bekannt,[42] hat nach einem grandiosen Finale, nämlich der Zusammenarbeit der Oysters mit der Folk-Chanteuse June Tabor,[49] einen Schlussstrich gezogen und beschlossen, eigene Wege gehen.

Unlängst konnte man Ray auf der CD des deutschen Akkordeonisten Ralf Weihrauch vernehmen, um dem traditionellen englischen Klassiker "Lyke Wake Dirge" eine ganz besondere Atmosphäre einzuhauchen.[50] Bereits vor drei Jahren hat Ray Cooper ein Solo-Album veröffentlicht, die "Tales of Love War & Death By Hanging".[42] Bislang war nur das ein oder andere Lied im Rahmen eines Oysterband-Konzertes zu hören gewesen, nun tourte Ray mit dem Material des Album und neuen Songs solo durch Deutschland. Im gemütlichen Hildesheimer Keller-Lokal "Littera Nova" bekam ich die Gelegenheit, seinem Werk in Gänze zu lauschen, und diese ergriff ich nur allzugern.

Ray Cooper

Ray Cooper @ FolkWorld: FW#42

Oysterband @ FolkWorld:
FW#2, #8, #8, #10, #10, #24,
#24, #25, #25, #26, #29, #41,
#42, #42, #46, #49

www.myspace.com | www.youtube.com

www.raycooper.org

"Tales of Love War & Death By Hanging" war nämlich im Erscheinungsjahr 2010 eine meiner Top-10-Scheiben gewesen[44] und wurde auch ein bis zwei Jahre regelmäßig abgespielt, bis die CD irgendwann in einer Ecke verschwand. Als ich das Album nun erneut hervorholte, war schon bei den ersten Tönen die alte Magie wieder da. Die bange Frage: wie wird das Ganze - einzig Stimme, unterstützt von Gitarre oder Cello und gelegentlichen Mundharmonika-Einwürfen - live klingen? Um es gleich vorwegzunehmen: ich gerate weder in Ekstase, noch erlebe ich eine Enttäuschung. Es war einfach ein schöner, unterhaltsamer Abend.


Sae rantingly, sae wantonly,
Sae dauntingly gaed he;
He play'd a tune, and danc'd it roon'       
Below the gallows-tree.

Ray hat starke Songs im Gepäck. Das Konzert beginnt mit drei Stücken, die er nur mit dem Cello begleitet: Der traditionelle schottische night-visiting song "Cold Haily Windy Night" (Ray ist ja gebürtiger Schotte) ist ein Folk-Standard, seit Jeannie Robertson das Lied in den Sechziger Jahren gesungen hat. Rays eigener "My Compass Points to North" erinnert daran, dass er mittlerweile Schweden sein Zuhause nennt. Er liebt die Kälte, sagt er, und kann sich freuen, denn draußen herrschen -10°C, obwohl es bereits Mitte März ist. Passenderweise folgen noch einige Slängpolskas, typisch schwedische Volkstänze.

Nun greift Ray zur Gitarre. Nach einem neuen Lied aus eigener Feder, spielt er "I Kiss the Night", dessen Melodie auf einem bekannten Brudmarsch (Brautmarsch) aus dem mittelschwedischen Jämtland beruht. Die untergegangene DDR einerseits und die tiefen nordischen Wälder, in denen die Sirenen locken, andererseits, sind die Themen von Rays Songwriting. Nach einer Pause folgt ein zweites Set, das etwas kürzer ist. Wir kommen zum Programmpunkt "Tod durch den Strang": James MacPherson war ein schottischer Straßenräuber, der anno 1700 unter dem Galgen seinen "Rant" komponierte und fiedelte.


Now the dark days are over
Darling believe me they're over
Leave them behind
We've wandered so long
In the shadows of night
Believe me, the dark days are gone       

Obwohl das Lokal an diesem Abend bedauerlicherweise nur spärlich besucht ist, klatschen die wenigen Zuhörer doch drei Zugaben heraus. Natürlich darf Rays Hit, "The Dark Days Are Over", nicht fehlen. Zumindest ist es mein heimlicher Hit. Ich darf verraten, dass sich das wunderschöne Stück im 3/4-Takt prima als Hochzeits-Walzer eignet ...

"Ye Jacobites by Name" ist der bekannte schottische Folk-Song aus dem frühen 18. Jahrhundert, der durch den schottischen Nationaldichter Robert Burns[38] einen eher anti-militaristischen Anstrich erhalten hat.[40] Ray widmet das Lied an diesem Abend Folke Bernadotte, dessen Denkmal in Flensburg steht, wo Ray den Abend zuvor gespielt hat. Der schwedische Rot-Kreuz-Vertreter hatte gegen Ende des 2. Weltkriegs rund 20.000 KZ-Häftlinge, darunter zahlreiche jüdische, freigehandelt. 1948 wurde Bernadotte als Vermittler der Vereinten Nationen in Palästina von jüdischen Terroristen erschossen.

Insgesamt zeigt das gut zweistündige Konzert, thematisch zwischen Liebe und Leidenschaft, Krieg und Hinrichtung hin- und herspringend, dass auch genügend Lieder für ein neues Album vorhanden sind. Ray hat den Willen und die Energie, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen, sich künstlerisch weiterzuentwickeln und uns noch einige musikalische Überraschungen zu bereiten. Wir dürfen gespannt sein!


Photo Credits: (1) 'Tales of Love War & Death by Hanging' (CD Cover); (2) Ray Cooper (by Walkin' Tom).


FolkWorld Homepage German Content English Content Editorial & Commentary News & Gossip Letters to the Editors CD & DVD Reviews Book Reviews Folk for Kidz Folk & Roots Online Guide - Archives & External Links Search FolkWorld Info & Contact


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Homepage
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld