Unni Løvlid, Becaye Aw,
Rolf Erik Nystrøm "Seven Winds"
Grappa Musicforlag, 2009
Seven Winds ist ein musikalisches Projekt, das sich in Norwegen zusammengefunden hat.
Die drei Künstler stammen aus unterschiedlichen musikalischen Lagern, versuchen sich aber
in einer ungewöhnlichen Fusion aus Folk, afrikanischem Ethnosound und Jazz. "Seven
Winds" steht für die Idee, dass sich die Musik in alle sieben Winde verteilt und dabei in all
den sieben Richtungen seine Botschaft von Brüderlichkeit und Gemeinsinn verbreiten sollte.
Die CD ist allerdings recht sperrig. Der Mauretaner Becaye Aw pflegt ein sehr einfühlsames
Gitarrenspiel, das stark an der westafrikanischen Kora orientiert ist. Erik Nystrøm gilt als
einmaliger Jazzsaxophonist. Nicht an jeder Stelle des Albums wirkt seine
Improvisationskunst harmonisch. Sehr gut vertragen sich aber die Stimmen der Folksängerin
Unni Løvlid, und des Mauretaniers. Hier treffen Welten aufeinander, die sich in ihrer
Verschiedenheit zu einer Harmonie verbinden, die ihresgleichen sucht.
© Karsten Rube
Los Hermanos Cubero "Cordaineros de la Alcarria"
Valverde de Majano, 2009
Das Duo Los Hermanos Cubero nimmt sich auf ihrer CD "Cordaineros de la Alcarria" des
reichhaltigen Schaffens Agapito Marazuelas an. Der kastilische Dulzineaspieler sammelte
Zeit eines langen Lebens zahlreiche folkloristische Weisen Kastiliens und Nordspaniens. Aus
seinem Songbook zitieren die beiden Musiker Enrique und Roberto Ruiz Cubero. Doch allein
das Spielen von althergebrachten Volksweisen allein genügt ihnen nicht. Auf Gitarre und
Mandoline beschränkt lassen sie auch einige eigene Kompositionen hören. Und die klingen
wie Bluegrasssongs mit spanischem Einschlag. So ist das Hörerlebnis zweigeteilt. Einerseits
die Traditionspflege, andererseits die witzigen Eigenkompositionen. Zweifelsohne hätte eine
Entscheidung zugunsten der eigenen Musik der CD ganz gut getan.
© Karsten Rube
Yellow Umbrella "A thousand faces"
Broken Silence, 2010
Yellow Umbrella ist eine in Dresden gegründete Ska-Band. Sie sind schon eine ziemlich
lange Zeit zusammen, blicken auf eine ansehnliche Discografie zurück, die bis in das Jahr
1996 zurückreicht. 2010 erschien "A Thousand Faces". Dieses Album besticht durch seine
außerordentliche Vitalität. Es beschränkt sich nicht auf ein paar trockene Ska-Riffs. Yellow
Umbrella mischt den Ska auf mit dicken Bläsersätzen, schiebt ein paar Klezmertöne unter.
Mit "Aranjuez" beginnen sie schon ungewöhnlich, denn diese alte spanische
Gitarrenschmonzette wirkt hier verschroben exotisch. Das titelgebende Stück "A Thousand
Faces" ist eine angenehm plätschernde Popnummer. So richtige Reggaestimmung
verbreiten sie bei "Oh Girl". Da weiß man, wo man den gelben Schirm findet, nämlich im
Cocktailglass. Mein Lieblingstitel auf der CD ist "A Life on Fire". Die klingt zwar ein bisschen,
wie die Begleitmusik zur Web-Cam auf N24, besitzt aber einen massiv treibenden Rhythmus,
dem ich mich beim Hören nicht entziehen konnte. Yellow Umbrella ist für mich eine der
Entdeckungen des letzten Jahres. Dass sie bereits so lange ziemlich gute Musik machen, ist
mir bedauerlicherweise bisher nicht aufgefallen. Aber besser spät, als nie.
© Karsten Rube
Tom Corbett "Tonight I ride"
Roundhole Records, 2010
Hier hat ein alter Hase im Musikgeschäft mal sein ganzes Wissen und Können ausgepackt
und zusammen mit einer kaum aufzulistenden Schar von Größen der amerikanischen
Studiomusiker-Szene eine CD produziert, die man vom ersten Moment richtig lieb haben
kann. Corbett ist seit zwei Jahrzehnten im Geschäft. Sein Lieblingsinstrument ist die
Mandoline und seine Leidenschaft ist die Musik des amerikanischen Westens. Kalifornien,
Wyoming, Colorado, das sind die Staaten, in denen er seine Geschichten, seine Lieder
findet. Westernmusik, im besten Sinne. Doch ihn darauf fest zu legen, wäre zu eingrenzend.
"Tonight I ride" ist ein gelungener Überblick über die Musik, die man als Songschreiber im
Westen der USA so zusammentragen kann. Da finden sich Bluegrassnummern neben
Western-Swing, Lagerfeuerballaden und spaßiger Honky-Tonk-Jazz. Nichts bleibt
unversucht und zwischen allen Themen, die man im Wilden Westen für wichtig hält, gibt es
so schöne Country-Schlager, wie "Tonight I ride" in dem er davon singt, dass er sich
zwischen Mauern eingesperrt fühlt und die Freiheit eines Cowboys benötigt. Das ist furchtbar
kitschig und vielleicht gerade deshalb wunderschön.
© Karsten Rube
Ken Stacey "I will still be me"
Butterpie Records, 2008
Für Backgroundsänger ist es stets ein Traum, einmal ganz vorn zu stehen. Ken Stacey stand
als Backgroundsänger von Popgrößen wie Elton John, Phil Collins und der Ambrosia
Rockband im Hintergrund. Mit der Michael Jackson Band hatte er auch zu tun. Sein Schritt
nach vorn heißt "I will still be me" und ist die erste CD des Sängers. Der Mann mit der hohen
Popstimme hat mit seiner CD ein ganz gediegenes Pop-Album zustande gebracht. Alle zehn
Songs sind mit der Prämisse geschrieben worden, erfolgreich im Radio zu laufen. Nichts
auffallend Eigenständiges, sondern bodenständiger Durchschnitts-Pop, wie er im Radio
laufend gespielt wird. Alles Songs, die in den Sendungen einschlägiger Hitstationen prima
passen würden. Leider scheint keiner der Songs wirklich zum Hit zu avancieren, was für den
Künstler zwar bedauerlich ist, für die Songs jedoch ein gewisses Qualitätsmerkmal darstellt.
So durchschnittlich, dass man sie unter die besten Hits der 80, 90 und Nulliger mischt, sind
seine Songs nun doch wieder nicht.
© Karsten Rube
Fernando Terremoto "Terremoto"
A Negro Producciones, 2010
Der spanische Flamencosänger Fernando Terremoto verstarb kaum vierzigjährig im Februar
2010. Postum veröffentlichten befreundete Musiker eine CD mit einigen seiner
Lieblingsstücke. Es handelt sich bei dieser Sammlung vor allem um Soleas und Bulerias. Die
schwungvolle Buleria ist nicht nur bei den Tänzerinnen sehr beliebt, sondern wird auch gern
als Spottgesang eingesetzt. Terremoto liebte die Buleria. Er versuchte seinen Stil vom
klassischen Flamenco weg zu entwickeln, ohne die Authentizität der Musik aufzugeben.
Dieses Album, das dem verstorbenen Künstler gewidmet ist, zeigt auf sehr dezente Weise,
was damit gemeint ist. Es ist Nuevo Flamenco, ohne zu Popmusik zu werden. Ein schmaler
Grat, auf dem Terremoto zeitlebens balancierte, ohne ins Straucheln zu geraten. "Terremoto"
ist ein Album, das kunstvoll und unterhaltsam zu gleich ist.
© Karsten Rube
Giuseppe Moffa "Non Investo in beni immobili"
Italianworldmusic, 2010
Der talentierte Multiinstrumentalist Giuseppe Moffa hat mit seiner Debüt-CD eine
interessante Stilmischung aus süditalienischer Tradition, Kleinkunst und Ethnopunk
gezaubert. Mandoline, Gitarre, Akkordeon und Dudelsack sind seine Instrumente und seine
raue Stimme tut ein Übriges dazu, diese Platte selbst dann zu einem Hörerlebnis zu machen,
wenn einem die italienische Sprache nicht so locker von der Zunge geht. Mir erschlossen
sich seine Texte nicht, trotzdem ließ sich die CD "Non Investo in beni immobili" angenehm
hören.
© Karsten Rube
Götz Widmann "Balladen" [Do-CD]
Ahuga, 2010
Vorweg. Die Musik, die Lieder und die Stimme Götz Widmanns, sie liegen mir nicht. Auch
seinem Umgang mit Sprache kann ich nur schwer etwas abgewinnen. Entsprechend schwer
hatte ich es mit zwei CDs voller Balladen oder 130 Minuten Widmannscher Lebenssicht.
Götz Widmann macht Musik, die Realität auf schmerzvolle Weise miterleben lässt. Lieder
vom Versagen, Lieder vom angetrockneten Rand am Resteteller der Gesellschaft. Gut, auch
Lieder von der Liebe, vom Glück kommen bei ihm vor. Ehrlich klingen sie alle,
erbarmungslos ehrlich. Und Eitelkeit findet sich auch bei intensivem, selbst bei mutwilligem
Suchen nicht in seinen Liedern. Die CD 1 thematisiert das ewige Mit- und Gegeneinander
von Männern und Frauen. Hier finden sich einige Momente von Lebensfreude und Liebe zum
Menschen. Auf der CD 2 fehlen diese Momente völlig. Dort herrscht der blanke Defätismus.
Die CD 2 endet mit der Loser-Ballade Henri Zimmermann, ein depressionsförderndes Lied,
so ermunternd, wie die Aufforderung zum Selbstmord. Dieses Lied wirkt wie eine deutliche
Zusammenfassung des Inhalts der gesamten zweiten CD, die er unter den verwirrenden Titel
"Alles wieder gut" gestellt hat. Gut, dass ich mir die CD 1 nach der zweiten angehört habe.
Lieder, wie "Kosewort" und "Glück" können einem schon mit Widmanns manchmal in
Fäkalpoesie versinkenden Dichtkunst versöhnen. Ein großer Sänger ist er nicht, aber das
erwartet man von einem Liedermacher auch nicht. Dazu liegt seine Aufmerksamkeit zu
intensiv auf seinen Texten. Ein paar Standardgriffe auf der Gitarre reichen dazu. Die recht
gut gestaltete CD-Box des Albums beinhaltet ausschließlich Liveaufnahmen. Hier steht Götz
Widmann im Mittelpunkt des Geschehens und ein paar eiserne Fans im Hintergrund, die
jedem Lied johlend zustimmen. Angesichts seiner Texte hätte ich gelegentlich ein bisschen
mehr Betretenheit auf Seiten des Publikums erwartet. Aber bei Liedermachern und
Kabarettisten ist das Publikum ähnlich gestrickt. Nie fühlen sie sich direkt angesprochen.
Auch nach dem Anhören seiner Doppel-CD "Balladen" ist mir Herr Widmann nicht wesentlich
sympathischer geworden, als vorher. Damit wird er locker leben können. Das Album
"Balladen" ist allerdings ein nachdenkliches und von jeder Verlogenheit freies Stück
deutschsprachiger Musikkultur. Dafür verdient der Künstler auf jedem Fall Respekt.
© Karsten Rube
Audiofolk "Sagghie 'u mare"
Eigenverlag, 2009
Audiofolk ist vielleicht nicht ein besonders klangvoller Name für eine Folkkapelle. Aber egal,
was sie sich dabei gedacht haben, klangvoller, als ihr Name ist ihre Musik, Audiofolk
stammen aus Italien und haben sich auf ihrer bisher dritten CD "Sagghie 'u mare" den
Melodien und Stimmungen des Meeres verschrieben. Traditionelle und moderne Weisen
italienischer Meeresanrainer werden auf dieser konzeptionell durchdachten CD zu einer
Sammlung zusammengefügt, die mal sanft, wie die Wogen der Adria an das Ohr des Hörers
plätschern und sich manchmal zu wilden Wellentänzen aufwirbeln, wie in den Tarantellas.
Musikalisch wirkt das Album recht gefällig. Der Gesang Leonardo Giagnorios segelt sanft
durch die Lieder. Die manchmal zu sehr in den Vordergrund rückende Stimme Catia
Palermos steigert sich jedoch in ihren überakzentuiertesten Momenten zum Sirenengesang.
So wirkt die CD, wie das Meer selbst: meist gelassen, ruhig und geheimnisvoll und zuweilen
ein wenig launisch.
© Karsten Rube
Holmes "Stop go"
Zigo Muzic Publishing, 2008
Roy Shakked verdient sich seinen Lebensunterhalt vor allem mit Kompositionen, die man in
amerikanischen TV- Serien und Kinofilmen hören kann. Zu Nip/Tuck, Sex and the City und
CSI Miami hat er Songs beigesteuert, aber auch für Filme, wie "Der Teufel trägt Prada".
Nicht gerade Independent-Produktionen. Neben dieser Arbeit tourt er ganz gern mit seinem
kleinen Band-Projekt, das er unter dem Namen Holmes führt. Holmes klingt nach
amerikanischem Indie-Pop im Stil eines Ben Folds. Nicht ganz so besessen, wie Folds, spielt
sich Holmes auf der CD "Stop go" durch ein paar sehr schöne Songs, die dann zu besonders
großartigen Indie-Popsongs aufblühen, wenn er ein paar dicke Streicharrangements
einfließen lässt, wie in "Oh Georgey". Schräg wird er mit "Another week", ein Lied, das man
zwischen den Songs aus der experimentelleren Beatlesphase, den Erzählsongs eines Rupert
Holmes und den ausgefuchsten Hammersongs des bereits oben erwähnten Ben Folds
einordnen könnte. Zahlreiche sehr eingängige Pop-Songs hat Ray Shakked da produziert.
Wäre schön mehr von ihm zu hören. Aktuell ist gerade seine CD "Music to Moving Pictures"
erschienen, die, wie der Titel verspricht, Roy Shakkeds Arbeit als Filmmusikkomponist
beleuchtet.
© Karsten Rube
Los de Abajo "Actitud Calle"
Wrasse Records, 2010
Die aktuelle CD "Actitud Calle" der Mexikaner von Los de Abajo kommt mit dem für die Band
bekannten Schwung daher. Ska, Cumbia, Salsa mischen sie fröhlich durcheinander, basteln
ein buntes Kaleidoskop aus lateinamerikanischen Themen und Rhythmen. Dabei wird
ebenso gerappt, wie hinreißend gesungen. Los de Abajo benutzen fette Bläsersätze, setzen
treibende dumpfe Bässe ein und verwenden schrille E-Gitarren. Sie bringen den Hörer zum
Tanzen. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass sich Los de Abajo durchaus als
politische Band verstehen. Ihre Lieder sind deutlich vom Gedanken geprägt, sich gegen
Unrecht, Armut und Gewalt aufzulehnen. Themen, die besonders im mexikanischen Norden
eine Rolle spielen. Trotzdem sorgen sie auf ihren Konzerten für ausgelassene Stimmung,
wie man mittlerweile auch mehrmals in Deutschland erleben konnte. Man kann die Musik der
mexikanischen Band Los de Abajo im besten Sinne als revolutionäre Tanzmusik verstehen.
© Karsten Rube
Frank London "A Night in the old Marketplace"
Soundbrush Records, 2007
"A Night in the Old Marketplace" ist ein Theaterstück des jüdischen Autors und Dramatikers
Y. L. Peretz. 1907 geschrieben, schildert es die Ausweglosigkeit der Juden im alten Polen.
2007 adaptierte der bekannte Klezmermusiker Frank London dieses Stück und verarbeitete
es zu einer multimedial gestalteten jüdischen Oper. Die CD "A Night in the Old Marketplace"
ist ein sehr komplexes Werk, das ohne die Geschichte, zu der es gehört nur schwer zu
verstehen ist. So hat man viele Lieder voller tief dramatischer Geschichten, die nur schwer
ins Ohr des Hörers gelangen. Die CD "A Night in the Old Marketplace" ist ein musikalisches
Theaterstück, bei dem leider die Bilder fehlen.
© Karsten Rube
Kouame Sereba & Erik Wallo "Bako"
Etnisk Musikklubb, 2010
Kouame Sereba stammt von der Cote d´Ivoire. Er tourte durch die westafrikanischen
Staaten, bevor es ihn 1983 nach Norwegen verschlug, wo er bis heute lebt. Der
Multiinstrumentalist lebt dort die Musik seiner afrikanischen Heimat fort. Das Album "Bako",
das er mit dem norwegischen Jazzgitarristen Erik Wøllo eingespielt hat, spiegelt die
Entwicklung des afrikanischen Musikers wieder. So werden traditionelle Gesänge mit
elektronischen Elementen unterlegt, was der Musik Serebas etwas Trancehaftes verleiht. Die
CD verbreitet die Atmosphäre einer Nacht in der Savanne. Wer sich in Ruhe der Musik
Kouame Serebas hingibt, wird sich schnell verzaubern lassen.
© Karsten Rube
Titus Lang "Ausflug"
Motor Digital, 2009
"Komm, lass uns heute mal nicht zu Hause bleiben". So oder ähnlich muss Titus Lang
gedacht haben, als er sich an das Zusammentragen der Lieder für sein drittes Album
gemacht hatte. "Ausflug" nennt er dieses, ein leichtes, launiges Album mit entspannten
Songs, ohne Schwermut, aber mit einer gewissen Sonntagsschwere. Eine leichte Trägheit
macht sich beim Hören der Lieder breit, so als könne man mal auf alle Verpflichtungen
verzichten. Schräg klappern Banjo und Gitarre zu Texten, die mal vom Meer träumen, mal
vom Regen und mal vom Mond. Nichts, was einem mit der Bewältigung von Alltagssorgen
allein lässt, sondern zum Schlendern einlädt. Getreu dem alten Ulla Meinecke Gedanken
"Schlendern ist Luxus" kann man sich mit dem kleinen, lebensfrohen Sonntags-Album
diesem Schlender-Luxus leichtfertig hingeben.
© Karsten Rube
Blandine Bonjour & Bernd
Köhler "Chansons sans cigare"
Jump up/Plattenbau, 2010
Wenn sich Bernd Köhler einem musikalischen Projekt annimmt, dann kann man nicht davon
ausgehen, dass ein bisschen Trallala und Schunkelmusk dabei herauskommt. Der Kämpfer
mit der Klampfe hat sich mit Blandine Bonjour eine gleichgesinnte Chansonniere aus
Frankreich gesucht. Lieder für den Frieden, Lieder von der Sehnsucht nach Freiheit spielen
sie zusammen. In diesem Fall sind es Lieder aus Frankreich, Quebec und Deutschland. So
singen sie beispielsweise vom "Blanche Hermine". Dieses Lied ist ein Kampflied der
regionalistischen Bewegungen in Frankreich, gehört aber eher zum Fundus der alten
Weisen, die einst der Herzogin Anne de Bretagne gewidmet wurden. Die "Moorsoldaten" sind
aber ebenso vertreten, wie "Die Gedanken sind frei". "Chanson sans cigare" ist eine
gelungene Fusion deutsch-französischer Freiheitslieder.
© Karsten Rube
Nataša Mirković-De Ro /
Matthias Loibner "Winterreise"
Raumklang, 2010
Franz Schuberts "Winterreise" entstand ein knappes Jahr vor seinem Tod. Geschrieben hat
er diesen Liederzyklus für Klavier und Singstimme. Als ob er seinen Tod vorausahnte, hat er
einen Liederzyklus geschrieben, der stark von Abschied, Einsamkeit und Rückblicken
geprägt ist. Die Musik ist leise und traurig. Am Ende seines Zyklusses "Winterreise" steht der
"Leiermann". Dieses Schlussthema ist der geistige Ausgangspunkt für die Musiker Natasa
Mirkovi´c-De Ro und Matthias Loibner. Statt des Klaviers, das von Schubert für den Zyklus
vorgeschrieben wurde, greift Matthias Loibner tatsächlich zur Drehleier und begleitet damit
den schönen Sopran der Sängerin Natasa Mirkovi´c-De Ro. Diese eigenwillige Variation
Schuberts "Winterreise" ist von einer großen Leidenschaft durchzogen. Selten habe ich
Schubert so fremd und doch so begreifbar gehört. Ein wunderbarer poetischer Augenblick
der Besinnung, den die beiden Musiker gezaubert haben.
© Karsten Rube
Maite Itoiz & John Kelly
"Elfenthal - An Ancient Story"
Banshee Records, 2010
Das Projekt "ELFENTHAL" hat sich der Alten Musik verschrieben. Maite Itoiz und John Kelly
verbergen sich hinter diesem Projekt, beides Musiker, die über ein langes und fundiertes
musikalisches Wissen verfügen. John Kelly zog über Jahre erfolgreich mit seiner Familie
durch die Lande. Seine Frau, die in Pamplona geborene Maite Itoiz komponiert, produziert
und feierte bereits große Erfolge auf Opernbühnen. Beider Leidenschaft, die Musik der
Renaissance, des Barock und des späten Mittelalters hat sie bereits zu dem Album "Tales
from the Secret Forest" inspiriert. Dort zogen sich durch die mittelalterlichen Themen immer
wieder moderne Töne. "An Ancient Story" ist nun eine Aufnahme, die sich komplett der
authentischen Wiedergabe alter musikalischer Themen hingibt. Es ist ein gesungener Blick
in die Vergangenheit, der mystische Momente besitzt, sich aber fernhält vom Anstrich
esoterische Begleitmusik. Die Gesänge wirken gregorianisch, das Lautenspiel höfisch. Maite
Itoiz lässt aber nicht nur ihre wunderbare Stimme erklingen, sondern spielt in einigen Liedern
Gitarre und das mit großer Fingerfertigkeit. "Canarios" ist ein Tanz, bei dem sie zeigt, dass
sie den Flamenco meisterhaft zu spielen weiß. Die Lieder stammen fast alle aus historischen
Quellen. Lediglich das titelgebende Stück "Elfenthal" stammt aus der Feder des Duos. Es
fügt sich harmonisch in das Projekt ein. Das kann man vom Bonustrack "Wolfskind" nicht
behaupten. Dieses Lied stört. Es klingt wie ein Versuch, einen mittelalterlich angehauchten
Schlager zu singen. Hier wird es leider ziemlich albern. Aber da es als Bonustrack
gekennzeichnet ist, kann man es vom restlichen, durchaus gelungenen Album trennen.
© Karsten Rube
Bloody Kalinka "Bloody Kalinka"
Sovietabilly Records, 2010
Russisch sprachiger Urban-Folk ist in Berlin keine Seltenheit mehr. Im Gegenteil, seit der
Besuch bei Wladimir Kaminas Russendisco im Kaffee Burger zur Trendsportart wurde, ist
selbst im Osten das verdrängte Schulrussisch wieder im Trend.
"Bloody Kalinka ist eine Truppe, die sich dem russisch sprachigen Speedfolk verschrieben
hat. Obwohl die vier Jungs nur zu einer Hälfte eine russische Herkunft nachweisen können,
glaubt man das bei "Bloody Kalinka" das russische Blut und die russische Seele beheimatet
ist. Es scheppern die russischen Gesänge zu Polka, Tango und Cajun. Ja, richtig. Mit
"Bloody Cajun" bringen sie einen ziemlich heißen Cajun aufs Tanzparkett. Dabei verzichten
sie allerdings mal auf den russischen Gesang. Überhaupt schießen "Bloody Kalinka" auf ihrer
CD kreuz und quer durch die Klischees. Da gibt es einen seltsamen Song über die russische
Mafia in einem italienischen Restaurant und einen deutsch-russischen interkulturellen
Schulterschluss mit einem Lied, das sich "Im Krug zum grünen Kranze" nennt. Richtig dick
auftragen können sie aber auch, wie im Lied "Malchishecka" zu hören ist. Die vor russischer
Seele überschäumende Stimme des Sängers bricht bei jedem Ton fast unerträglich ins
Weinerliche aus. Und eine Hymne an die geliebte Schönheit am Schwarzen Meer, Odessa,
darf natürlich auch nicht fehlen. Die CD "Bloody Kalinka" macht über weite Teile schon Spaß.
Sie klingt allerdings so, als wäre die Truppe eindeutig ein besserer Live-Act.
© Karsten Rube
Robb Johnson "Man walks into Pub"
Irregular Records, 2010
Belangloser könnte ein Titel nicht klingen. Robb Johnson erzählt in "Man walks into Pub" von
einem Mann, der in den Pub geht und sich freut, dabei seine Geschichten mit in die Kneipe
nimmt und sie erzählt. Johnson erzählt von sich. Denn er selbst geht mit der Gitarre in den
Pub, um Geschichten zu erzählen. Und er hat genug zu erzählen. Der Songwriter hat mehr
als 25 Alben veröffentlicht und seine Songs sind bei genauer Betrachtung alles andere als so
harmlos, wie der Titelsong der aktuellen CD vermittelt. Politische Satire blitzt auf in seinen
Liedern, die denen des klassischen Songwriterrepertoires entsprechen. Als Dichter versucht
er sich ebenfalls und so gibt es im Booklet statt der Songtexte ein paar Poeme, die er in den
letzten Jahren schrieb. Ob er so geradlinig aus dem Pub wieder rauskommt, wie er reingeht,
ist nicht überliefert, aber musikalisch und gesanglich sollte er sein Publikum im Pub gut im
Griff haben.
© Karsten Rube
Mnozil Brass "Magic Moments" [DVD]
Eigenverlag, 2010
Die sieben Österreicher beherrschen ganz elegant den sogenannten Blechgesang. Mit
brillanten Arrangements agieren die Mannen wie eine Big Band und bedürfen dabei keiner
Streicher, Klarinetten, keines Klaviers oder Frontsängers. Virtuos spielen sie sich durch
Swingklassiker von Glenn Miller, um gleich darauf in einer wilden Kakofonie loszuprusten.
Das muss sein, denn Mnozil Brass live heißt auch immer musikalische Comedy. Da muss
sich auch mal die Blockflöte, die sie dabei haben, profilieren. Oder drei Posaunenspieler
machen Faxen, was beinahe etwas lästig ist, denn eigentlich will man Mnozil Brass nur
spielen hören. Zum Ende des Programms liefern sie ein gelungenes Filmmusikmedley,
wobei sie aus Ennio Morricones "Once upon in Amerika" direkt in die "Glorreichen Sieben"
hineinspringen. Hier gibt es eine Westernszene in Zeitlupe anzusehen und eine
Matrixpersiflage. Alles stark überinszeniert, alles nur Faxen. Mnozil Brass sind in jedem Fall
bessere Musiker als Komödianten, und so ist die DVD ohne Bild abgespielt wesentlich
schöner anzuhören als mit. Nach "Magic Moments" und der Vorgänger DVD "Das Gelbe
vom Ei" werde ich mich in Zukunft bei Mnozil Brass auf den klassischen Tonträger
beschränken.
© Karsten Rube
Mariza "Fado Tradicional"
EMI/World Connection, 2010
Die portugiesische Fado-Ikone Mariza verzaubert seit einem guten Jahrzehnt die Musikwelt. Fast ausschließlich liest man Lobeshymnen und hört von Begeisterungsstürmen in den Konzerthäusern der Welt. Ihr ungewöhnliches Auftreten, ihre überragende Stimme, ihr unkonventioneller Umgang mit dem Fado gibt immer wieder Anlaß, sie als die legitime Nachfolgerin von Amalia Rodriguez zu bezeichnen. Nun mag sie ausgerechnet das nicht sein, denn Amalia war Amalia und Mariza ist Mariza. Doch eins kann man nicht ignorieren, Mariza verkörpert den Fado wie kaum eine andere Sängerin der Gegenwart - sieht man von Misia ab. Das sind jedoch weitgehend Auslandsreaktionen. Fado als Kunstform wird in der Alfama und in der Mouraria, den Stadtteilen Lissabons, in denen die Tradition des Fados gepflegt wird, eher skeptisch betrachtet. Dort lässt man den Fado aus der Seele klingen, ohne vorher Konzerttickets abzureißen oder ein passendes Menü zu buchen - obwohl das auch vorkommt. Mariza hat sich mit ihrer aktuellen CD "Fado Tradicional" auf eben diese Tradition rückbesonnen. Keine Spielchen mehr mit kulturellen Einflüssen jenseits des Fados, sondern die Seele als Quelle der Inspiration. Zwölf Fados aus den Federn unterschiedlichster Fadokünstler, wie Antonio Botto, Jorge Fernando und Amalia Rodrigues singt sie, auch einen Text Fernando Pessoas bringt sie zu Gehör. So wird diese bedauerlich kurze CD der Künstlerin zu einer kleinen Hommage an die Reinheit und Einfachheit ihrer musikalischen Herkunft. Vielleicht ist es eine Rückschau mit Neubesinnung. Wieder gelingt es Mariza den hochmelancholischen Fado, der immer auch einen Hauch von Vergeblichkeit in sich zu schwingen hat, eine hoffnungsvolle, fast fröhliche Note beizufügen. Das macht die Sängerin so einzigartig und die CD „Fado Tradicional“ damit alles andere als beliebig.
© Karsten Rube
Christian Zehnder Quartett "Schmelz"
Traumton, 2010
Eine der interessantesten Produktionen der letzten Zeit verdanken wir dem Christan Zehnder Quartett aus der Schweiz. Multivokalist Christian Zehnder - Gesang und Bandoneon, Barbara Schirmer - Hackbrett, Thomas Weiss - Percussion, und Michael Pfeuti -Bass, nehmen den Hörer mit auf eine faszinierende Klangreise. Fest verwurzelt in den Schweizer Bergen entsteht im Herzen Europas eine Musik, die archaisch und zugleich exotisch ist. Kammermusik trifft auf Alpine Volksmusik, Neue Musik trifft sich mit Balkan, Tango und afrikanischen Klängen. Tom Waits schaut um die Ecke um mit Arno 'Baudelaires Blumen des Bösen' zu besingen. Gleich darauf treffen Mongolische Reiterhorden auf Joik-Gesänge des äußersten Nordens. Dass dieser Spagat gelingt liegt zum einen am ungemein großen stimmlichen Spektrum Christian Zehnders, der seit seiner Arbeit im Duo Stimmhorn immer wieder aufs Neue die Möglichkeiten der menschlichen Stimme auslotet, zum anderen am pointierten Spiel der beteiligten Musiker, allen voran Barbara Schirmer, die ihr Hackbrett mühelos ins 21. Jahrhundert beamt. Herausragend!
© Holger Brandstaedt
Eleven Hundred Springs "This Crazy Life"
Smith Entertainment, 2010
Ihr nunmehr zehntes Album legen die Country Rocker von Eleven Hundred Springs mit 'This crazy life' vor. Wobei die Texaner den Schwerpunkt ihrer Musik eindeutig auf Country legen und der Rock etwas kurz kommt. Fans von traditionellem Country á la Hank Williams und Buck Owens kommen hier voll auf ihre Kosten. Wer wie ich eher Townes van Zandt und Gillian Welch hört, kann mit der Platte sicher nicht viel anfangen.
© Holger Brandstaedt
Felix Meyer "Von Engeln und Schweinen"
HoPla Reloaded (Warner Music), 2010
Bevor im Frühjahr 2011 bereits das zweite Album von Felix Meyer erscheint, soll hier sein 2010er Debüt ‘Von Engeln und Schweinen’ gewürdigt werden, denn dieses ist eines der besten deutschsprachigen Alben des Jahres. Wenn man der Legende glauben schenkt, wurde Felix Meyer während eines seiner zahlreichen Auftritte als Straßenmusiker von Peter Hoffmann, dem Produzenten von Tokio Hotel entdeckt. Gemeinsam mit Franz Plasa von Selig wurden in fast zweijähriger Arbeit ein Album eingespielt, dessen zwölf Stücke sich im Spannungsfeld von Folk und Chanson bewegen. Die 10 Eigenkompositionen, sowie zwei Coverversionen aus dem Französischen (Francis Cabrels ‘la corrida’ und ’le vent nus portera’ von Noir Desir) bieten bei erstklassigen Arrangements abwechslungsreiche, kluge Texte, mit denen sich Felix Meyer gekonnt als Geschichtenerzähler beweist. Live gibt es die Felix Meyer Band immer mal wieder in den Fußgängerzonen zwischen Lüneburg und Leipzig zu entdecken und auch beim 2010er TFF erwiesen sich die Auftritte seiner sympathischen Band als echte Publikumsmagnete. Kein Wunder also dass sich ’Von Engeln und Schweinen’ auf der Liederbestenliste wiederfindet und der 1975 geborene Sänger den 2010er Förderpreis erhielt.
Ob die Band aber auch den Weg in die Klubs des Landes findet ist ungewiss, denn das Booking erfolgt durch die Agentur der Fantastischen Vier, die sich sonst eher um ganz andere Acts kümmert. Wie das zusammenpasst, der Produzent von Tokio Hotel, die Bookingagentur von Fanta4, Nena und Seeed mit dem Strassenmusiker Meyer? Man darf gespannt sein und sich derweil an ‘Von Engeln und Schweinen’ erfreuen.
© Holger Brandstaedt
Hanjo Butscheidt "Patina"
Neuland Musik, 2010
'Selvsgemaat' heißt ein Stück auf Hanjo Butscheidts neuer CD und genauso klingen die zwölf kölschen Lieder auch. Nachdem der ehemalige Huusmeister- Sänger 2009 mit tatkräftiger Unterstützung von Markus Brachtendorf sein erstes, viel gelobtes Soloalbum vorlegte, scheint er sofort wieder ins Studio gegangen zu sein um nach zulegen. Leider enthalten weder das Booklet noch die Internetseite weitere Informationen und so ist der Rezensent auf Vermutungen angewiesen. Butscheidt singt und spielt mit viel Engagement,seine Songs, einzig das bereits erwähnte 'Selvsmaat' stammt nicht aus seiner Feder. Alles klingt ein wenig nach Heimstudio und wirkt klanglich wie eine Reise in die 70er Jahre. Aber das muss ja nicht das Schlechteste sein. Kölner Mundartfreunde wird das Album erfreuen, für die Liederbestenliste reicht es diesmal wohl nicht.
© Holger Brandstaedt
Jürgen Schwab "Heute noch"
Jazz'N'More Records Bellaphon, 2010
Jürgen Schwab kommt vom Jazz, was man seinem Debüt als Singer/Songwriter nicht unbedingt anhört. Man hört jedoch dass der Gitarrist eine großes Maß an Erfahrung mitbringt. Der Hesse arbeitet als Musiker, Journalist und Wissenschaftler, seit 2006 begleitet er Fritz Rau musikalisch auf seinen Lesungen. Die zwölf Eigenkompositionen auf 'Heute noch' erinnern an Reinhard Mey und James Taylor, was ja nicht das Schlechteste ist. Leider geht es mir mit dieser CD wie bei einem Blick aus dem Zug auf die frisch renovierten Regionalbahnhöfe: alles sehr ordentlich und fast perfekt und doch fehlt etwas. Ein wenig mehr Ecken und Kanten hätten da gut getan.
Ganz zum Schluss gibt es als 13. Stück eine akustische Coverversion von Bruce Springsteens 'Streets of Philadelphia' die zeigt warum mich diese CD bei all ihrer Brillanz und dem großen Können der Beteiligten nicht für sich einnimmt: Jürgen Schwabs Stimme fehlt die Tiefe und Ausdruckskraft seines Gitarrenspiels. Trotzdem ein hörenswertes Debüt, das sicher viele Freunde finden wird .
© Holger Brandstaedt
Rachael Sage "Delancey Street"
MPress Records, 2010
Eher in den Feuilleton Teil der 'Brigitte' als in die 'Folkworld' gehört wohl Rachael Sages neues Album. Die zwölf Songs auf ihrem nunmehr neunten Album 'Delancey St.' stammen aus Downtown Manhattan und klingen auch so. Die Sängerin und Pianistin präsentiert 12 abwechslungsreiche Stücke, die bis auf Daryl Halls 'Rich girl' aus eigener Feder stammen und gekonnt mit einer recht umfangreichen Schar erstklassiger Musiker eingespielt wurden. Live ist Rachael Sage regelmäßig auch in Europa zu erleben und wie Videoaufnahmen belegen mit noch mehr Intensität unterwegs als auf dieser durchaus gelungenen Pop-Platte.
© Holger Brandstaedt
Schwarzbrenner "Stadt am Abend" [Do-CD]
Eigenverlag, 2010
Immer mal wieder entdecken Folk- und Rockmusiker die Texte fremder Lyriker wie Rilke, Hesse oder Kramer für sich. Den Düsseldorfer Schwarzbrennern hat es der expressionistische Dichter Georg Heym angetan. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen ist dies kein kurzfristiges Interesse sondern seit nun 15 Jahren inhaltlicher Schwerpunkt der Blues-Band. Mit 'Stadt am Abend' legen sie nun eine Anthologie der besten Stücke aus den vorherigen 5 Alben vor. Blues-Rock und Lyrik des Expressionismus – geht das? Ja und Nein. Dass es gehen kann zeigt die ungemeine Souveränität mit der die Schwarzbrenner Heym vertont haben. Dank dessen Texten sind sie in der komfortablen Lage die üblichen Klischees und ihres Genres zu umschiffen. Andererseits fehlt den Texten Heyms was ein gutes Lied ausmacht: der Refrain. Und so muss man die CD mehrfach hören bis sich einzelne Titel einprägen. Aber das tut man gern, denn Wolfgang Becker (Gesang, Gitarre),Christoph Keisers (Schlagzeug), Rolf Menzen (Bass) und Jörn Becker (Gitarren) sind kraftvoll und absolut überzeugend auf den Pfaden des Blues unterwegs.
© Holger Brandstaedt
Tommy Rickard "Dream California"
Eigenverlag, 2010
Wieder mal eine Platte die nicht wirklich in die Folkworld passt. Hier wäre der Rolling Stone der bessere Platz, denn US-Schlagzeuger Tommy Rickard präsentiert gradlinigen Westcoast-Rock. Wobei dem zu attestieren ist, dass er nicht nur als Schlagzeuger sondern auch als Sänger, Gitarrist und nicht zuletzt als Songwriter und Produzent überzeugt. Dessen ungeachtet ist dies keine kleine Produktion geworden sondern gleich 15 Musiker wirkten bei den 10 Songs mit.
'Dream California' hat sicher nicht das Zeug zum Chartstürmer, das Album kommt eher unspektakulär aber durchaus sympathisch daher.
© Holger Brandstaedt
Wenzel "Kamille und Mohn"
Matrosenblau, 2010
Auch nach mehrfachem Hören erschließt sich den Rezensenten nicht, warum sich Wenzel auf dem Cover seines nunmehr 30. Album als Wasserleiche ablichten lässt. Zum Einen ist Wenzel einer der aktivsten Künstler seines Genres, zum Anderen beschwört das Booklet die heilende Kraft allerlei Kräuter. 13 Lieder finden sich auf der neuen CD, ausgewählt aus einem Fundus von 70. Und eingespielt mit einer Handvoll Getreuer wie Tommy Krawallo, Hannes Scheffler, Stefan Dohanetz, Sören Linke, Karla und Mascha Wenzel. 13 Lieder die überwiegend vom Scheitern handeln und denen man manchmal ein etwas weniger ausgetretenes Arrangement gewünscht hätte. Aber auch diese Wenzel-Scheibe wird bei mehrfachem Hören immer besser und gehört letztlich zum Besten was in letzter Zeit erschienen ist. Unbedingt reinhören!
© Holger Brandstaedt
Cesária Évora "Cesária Évora &..."
Sony Music, 2011
Mehr als zwanzig Jahre ist es nun her, dass Cesária Évora sich aufgemacht hat die Welt zu erobern. Vorbei die Zeiten in denen sie Barfuß in den Bars ihrer Heimatstadt Mindelo auf dem Kapverden auftrat. 'Sodade' wurde ein Welthit und seine Sängerin eine Königin der Weltmusik. Das nun vorliegende Album 'Cesária Èvora &...' versammelt Begegnungen mit Musikern aus Afrika, Lateinamerika und Europa. Wie zu einem Blumenstrauß reiht sich ein hochkarätiges Duett an das nächste. Mit dabei sind u.a. Salif Keita, Caetano Veloso, Compay Segundo und Goran Bregovic. Das Eingangs erwähnte 'Sodade' ist gleich zwei mal vertreten, zum Auftakt im Duett mit Bonga aus Angola und zum Schluss live in Athen im Duett mit Elevtheria Arvanitaki.
Das Ganze klingt dann nicht mehr nach der kleinen romantischen Hafenbar, eher nach dem großen Luxusliner der die Weltmeere durchkreuzt. Trotz der vielen sehr unterschiedlichen Partner gelingt es Cesária Évora jedoch immer ein verbindendes Band zu schaffen und so klingt diese Platte wie aus einem Guss. Sicher ein Muss für ihre Fans und auch für alle Anderen hält 'Cesária Évora &...' die ein oder andere lohnende Entdeckung bereit.
© Holger Brandstaedt