Am Ende der Seidenstraße, die Reisende über den asiatischen Kontinent führt, befindet sich der natürliche Lebensraum traditioneller Saiteninstrumente wie der Guqin-Zither und der Pipa-Laute, wie sie von den chinesischen Musikern Cheng Yu und Li Xiangting präsentiert werden: The Sound of Silk (Der Klang der Seide).
Guqin (chinesisch 古琴, Pinyin gǔqín, W.-G. ku-ch'in ‚altes Saiteninstrument‘, ), in der älteren Literatur kurz qin (chin. 琴 Pinyin qín), ist eine Griffbrettzither, die in der klassischen chinesischen Musik gespielt wird. Sie unterscheidet sich von anderen asiatischen Zithern durch das Fehlen der unter die Saiten geschobenen Stege wie bei der vietnamesischen tranh oder der chinesischen guzheng. Bei ihr wird der Ton wie bei einem Lauteninstrument mit den Fingern abgegriffen, wobei die Bünde durch Griffmarken ersetzt sind.
Die siebensaitige guqin hat eine Geschichte von über 3000 Jahren. Für kein anderes Instrument wurde so früh die Musik aufgeschrieben und überliefert, über kein anderes Instrument wurde so viel geschrieben. Bereits in der frühesten chinesischen Gedichtsammlung, dem Shijing (Buch der Lieder) (10. bis 7. Jh. v. Chr.) wird ein Instrument qin mehrfach erwähnt. Einige der überlieferten Melodien werden traditionell mit bekannten Personen des Altertums wie Konfuzius, dem daoistischen Philosophen Zhuangzi oder dem Dichter Qu Yuan in Verbindung gebracht. Konfuzius selbst soll meisterhaft guqin gespielt haben, so eine seit der östlichen Han-Dynastie verbreitete Vorstellung. Historisch lässt sich dies allerdings nicht belegen.
Als das bedeutendste frühe Werk der Guqin-Literatur gilt der Essay Qincao (琴操 „Lieder für qin“) von Cai Yong (蔡邕, 132–192). Die ältesten erhaltenen Instrumente stammen aus der Tang-Dynastie, viele davon sind noch spielbar.
Auch wenn die guqin gelegentlich in Ensembles genutzt wird, gilt sie im Wesentlichen als Soloinstrument. Sie ist das klassische Instrument der Gelehrten, der Maler und Dichter, der Philosophen und Herrscher. Die Zartheit ihres Tones vermag sich nur schwer durchzusetzen, geschweige denn, eine unruhige Menge zum Zuhören zu bringen. Daher zielt die guqin weniger auf äußerliche Wirkungen, sondern ist eher für die private Meditation und Konzentration gedacht.
Die Kunst der Guqin-Musik wurde 2003 von der UNESCO unter die Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.
Bei der Versteigerung einer 900 Jahre alten guqin im Jahre 2010 wurde in China ein Preis von 15,4 Mio Euro erzielt.
Pipa (chinesisch 琵琶, Pinyin pípá) ist eine gezupfte Schalenhalslaute der klassischen chinesischen Musik.
Die pipa besitzt einen birnenförmigen Korpus, der flacher als bei der westlichen Laute ist. In der Regel wird er aus Mahagoni, Rotem Sandelholz, Narrabaum oder anderen Edelhölzern gefertigt; daneben sind aber auch billigere Materialien gebräuchlich. Nach wechselhafter Entwicklung verfügt die pipa heute gewöhnlich über vier Saiten aus Stahl, die A-E-D-A gestimmt sind und über 24 bis 30 Bünde laufen.
Die pipa wird in zwei unterschiedlichen Techniken gespielt, deren chinesische Bezeichnungen zusammen den Namen des Instruments ergeben: Beim „pí“ (琵) wird der Zeigefinger der rechten Hand von rechts nach links über die Saiten geschoben, beim „pá“ (琶) der Daumen in umgekehrter Richtung. Gespielt wird mit eigenen oder künstlichen Fingernägeln, seltener mit einem Plektrum.
Chinesische Lauten sind seit etwa 2000 Jahren bekannt. Im Laufe der Zeit waren Gestalt und Spielweise zahlreichen Änderungen unterworfen:
Ihre Hochblüte erlebte die pipa-Musik während der Tang-Zeit, als das Instrument große Popularität in der Hofmusik genoss. Diesen Aufstieg verdankte es nicht zuletzt dem damals relativ hohen persischen Bevölkerungsanteil in der Hauptstadt Chang’an. Viele Perser wirkten am Kaiserhof als Musiker bzw. Musiklehrer und verhalfen dem einst aus ihrer Heimat importierten Instrument zu erheblicher Popularität. In dieser Zeit entstanden zahlreiche reichgeschnitzte pipas mit kostbaren Einlegearbeiten; auf den Wandgemälden der Mogao-Grotten in der Nähe von Dunhuang sind auf der pipa spielende buddhistische Halbgottheiten zu sehen. Auf der Rückseite von drei der um 1900 in einer der Mogao-Höhlen entdeckten Schriftrollen sind einige Musikstücke notiert, die aus der Tang-Zeit stammen und offensichtlich noch während der Fünf-Dynastien im 10. Jahrhundert populär waren. Sie enthalten vermutlich eine Notation für die viersaitige pipa mit vier Bünden (pipa pu).
In den Gedichten der Tang-Zeit wird das Instrument oft für seinen erlesenen und verfeinerten Klang gepriesen. Bai Juyis berühmtes pipa-Lied schildert ein zufälliges Zusammentreffen mit einer pipa-Spielerin auf dem Yangzi:
Einige Lauteninstrumente des ost- und südostasiatischen Raums stammen von der pipa ab, so etwa die japanische biwa, die vietnamesische đàn tỳ bà und die heute nicht mehr gebräuchliche koreanische bipa. Andere chinesische Lauten sind die yueqin mit einem runden Korpus und die sanxian mit einem langen dünnen Hals.
Die zahlreichen für die pipa geschriebenen Stücke des klassischen Repertoires können grob in vier Stile unterteilt werden: Wen (文; zivil), Wu (武; kriegerisch), Da (大; Suite) und Xiao (小; Solo).
Zu den berühmtesten Stücken gehören Shimian Maifu (十面埋伏, von zehn Seiten umzingelt), Xiyang Xiaogu (夕陽簫鼓, Flöte und Trommel im Abenddämmer), Yangchun Baixue (陽春白雪, Weißer Schnee in der Frühlingssonne), Long Chuan (龍船, Das Drachenboot), Yizu Wuqu (彝族舞曲, Tanz des Yi-Volkes), Dalang Taosha (大浪淘沙, Große Wellen schlagen an die Sandbank), Zhaojun Chusai (昭君出塞, Zhaojun reist über die Grenze) und Bawang Xiejia (霸王卸甲, König Ba legt die Rüstung ab).
Ende des 20. Jahrhunderts wurden unter dem Einfluss von Yang Jing (楊靜, Schweiz) Wu Man (* 1963, USA), Min Xiao-Fen und anderen zeitgenössischen Komponisten neue Solo- und Orchesterwerke für die pipa geschrieben. Teilweise wurde die pipa sogar in der Rockmusik verwendet, so etwa vom Gitarristen der kalifornischen Band Incubus, Mike Einziger, in dem Song Aqueous Transmission. Das Stück Qiu Ci Wu Qu (龜兹舞曲, Tanz entlang der alt Seidenstrasse) wurde als Pflichtstück für den nationalen pipa-Wettbewerb 2004 ausgewählt.
Zu den bedeutendsten pipa-Spielern des 20. Jahrhunderts gehörten Sun Yude (孙裕德; 1904–1981) und Li Tingsong (李庭松; 1906–1976). Beide waren Schüler von Wang Yuting (1872–1951) und engagierten sich für den Guoyue-Stil (国乐), eine Kombination chinesischer Musiktraditionen und westlichem Stil. Sun trat in den USA, Asien und Europa auf und wurde 1956 stellvertretender Direktor des Shanghai minzu yuetuan (上海民族乐团; Shanghaier Volksorchester). Li hatte neben seiner Tätigkeit als pipa-Spieler eine Reihe akademischer Positionen inne und befasste sich auch mit theoretischen Forschungen über das Instrument. Wei Zhongle (卫仲乐; 1908–1997) spielte neben der pipa etliche andere Instrumente und gründete in den frühen 1950er Jahren die Abteilung für traditionelle Instrumente am Shanghaier Musikkonservatorium.
Weitere über China hinaus bekannte pipa-Spieler sind Shen Haochu (沈浩初; 1899–1953), sein Schüler Lin Shicheng (林石城; 1922–2006), dessen Schüler Liu Dehai (刘德海, * 1937) und Wu Man, die erstmals einen Mastergrad im pipa-Spiel erlangte und den nationalen Wettbewerb in Beijing für chinesische Instrumente gewann.
Im Shanghaier Musikkonservatorium lehrten Wei Zhongle und Ye Xuran (叶绪然 * 1935) die pipa. Anfang der 1980er Jahre spielte Ye Xuran die Uraufführung der von Ye Dong bearbeiteten ersten pipa-Stücke des Dunhuang-Manuskripts. Um die Verbreitung des Instruments in Nordamerika, Europa und Japan haben sich insbesondere Min Xiao-Fen (USA), Tang Liangxing (USA), Jiang Ting, Gao Hong, Qiu Xia He, Liu Fang (刘芳), Yang Jing, Ting Ting (Zong Tingting), Zhang Jingyu und Zhou Yi verdient gemacht. In China wirken indes Yu Jia (俞嘉), Yang Wei (杨惟) und Fan Wei (樊薇).
Die Frucht der japanischen Wollmispel wird im Chinesischen ihrer an das Instrument erinnernden Form wegen „Pipa“ (枇杷) genannt.
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Date: October 2019.
Photo Credits:
(1) Silk Road (Seidenstraße),
(2) The Sound of Silk,
(3) Li Xiangting,
(4) Cheng Yu,
(5)-(6) Heart of the Dragon Ensemble,
(7) Traditionelle Musik @ Provinzmuseum Hubei, Wuhan
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