Ausgabe 22 6/2002
Folkiger
Herbst in Münster
Münster. Der Folk-Treff im westfälischen
Münster begeht die Herbst-Saison mit zwei musikalischen Leckerbissen. Am Samstag,
den 7. September, wird das Holter&Polka-Festival mit den Einstürzenden Heuschobern & Gästen
über die Bühne und das Parkett gehen. Das bedeutet wilde Mazurkas, groovende
Jigs und gestolperte Ringelreihen vom Feinsten. Auf jeden Fall kommen Freunde
wilder Bauerntrampelei, seltsamer Ethnoreigen und Lärmkaskaden im Dreivierteltakt
auf ihre Kosten. Für Freunde des alljährlichen Münsteraner "Tanz in den
Mai" und Rudolstadt-Fans ein Muss.
Am Freitag, den 1. November (Allerheiligen), findet das 2. Pigeon on the
Gate-Festival statt (siehe auch FW#20)
und vereint die Creme der deutschen Irish-Folk-Szene, DeReelium, Fiddlesticks und Deoch an Dorais gemeinsam auf einer Bühne.
Wem das allein nicht das Wasser im Munde zusammen laufen lässt, dem sei gesagt,
das dies gleichzeitig die Geburtstags-Party des FolkWorld-Magazins ist,
das einst in der Nacht zum 1. November 1997 das Licht der Welt erblickt hat.
Wir laden alle unsere Leser und Leserinnen schon jetzt herzlichst ein, mit uns
das freudige Ereignis zu begehen. [wt]
Details: www.folk-treff.de und www.deochandorais.de/pigeon/.
Deutscher Folkpreis 2002
Deutschland. Wie bereits in der vergangenen Ausgabe verkündet (siehe FW#21),
wird der Deutsche Folkpreis in
diesem Jahr zum ersten Mal in vier Kategorien vergeben. Nominiert in der Sparte
"Deutsche Roots - Musik mit Wurzeln in Deutschland" sind: Hundsbuam Miserable (Heavy-Folk
der neobayerischen Art), Estampie (Mystisch-Moderne Musikbegegnungen
mit Wurzeln im Mittelalter) und Daniel Kempin/Dimitry Reznik (Jiddische
Lieder). In der Sparte "Globale Roots - Musik mit Wurzeln in der ganzen
Welt": Di Grine Kuzine (Klezmer Balkan Brass,
siehe FW#21),
Houssaine Kili
(Beat de Couscous) und La Ritma (Afro-Latin-Percussion & more).
In der Sparte "Neue Roots - Populäre Musik mit Wurzeln in der Folk- & Weltmusik":
fjp - theFolkJazzProject (Jazzig-Groovender EuroFolk), Törnmeister
(Global Sounds And Electronic Beats) und G.rag y los Hermanos Patchekos (Mexikanisch-Bayrisch-Südamerikanischer
Indi-Rock). Der FolkFörderpreis wird von der Jury direkt vergeben und geht
an Rakatak (eben DRUMs - was grooved
von Samba bis Hip Hop). Die Auswahl folkloristischen Schaffens in Deutschland
zeigt Schwerpunkte in München, Berlin und Hessen, mit zwei Enklaven in Leipzig
und Köln. Nur im Norden ist offenbar nicht viel Preiswürdiges los. Die Bekanntgabe
und Präsentation der Preisträger erfolgt während des Tanz&FolkFestes
Rudolstadt am ersten Juli-Wochenende. Begleitend zum Folkpreis wird eine
CD erstellt, auf der sämtliche Nominierten vertreten sein werden. [wt]
www.folkpreis.de
Schon so lang?
Bielefeld.
Hannes Wader ist 60 geworden.
Wir gratulieren. Der Barde wurde 1942 in Bethel bei Bielefeld geboren. In
der Vergangenheit sah ich mich gelegentlich dem Vorwurf ausgesetzt, meine proletarische
Abkunft dünkelhaft überzubetonen. Ich räume inzwischen ein, daß es auch Vorteile
haben kann, privilegierteren Schichten zu entstammen als ich. Wegen Musizierens
während der Arbeitszeit wird Wader als Dekorateur entlassen. In Berlin steht
Wader jeden Abend auf bis zu fünf verschiedenen Bühnen, kassiere die Spitzengage
von DM 25,- pro Auftritt, ich gehe keine Nacht vor fünf Uhr morgens ins Bett
und schlafe bis in den Nachmittag. Die Frage nach der Tragfähigkeit einer künstlerischen
Existenz stelle ich mir damals keinen Augenblick lang. ,Zukunft' ist bis heute
für mich eine Dimension von mehr historischem als privatem Interesse geblieben.
1969 erscheint die erste Schallplatte. Erfolgreichen Alben mit Eigenkompositionen
und Eindeutschungen ("Kokain", "Heute hier, morgen dort", "Schon so lang") sollen
Volks- und Arbeiterlieder folgen, Plattdeutsches und Shanties, Interpretationen
des schwedischen Dichters Carl Michal Bellman und des Komponisten Franz Schubert.
Unter dem Titel ,Folk Friends' spielt Wader zwei Doppelalben mit internationalen
Folkstars wie Derroll Adams, Finbar Furey und Dolores Keane ein. Seine politische
Lyrik und Tätigkeit lässt ihn schon früh in Schwierigkeiten geraten. Ich
miete 1971/72 in Hamburg eine Wohnung, überlasse sie vorübergehend einer jungen
Frau namens Hella Utesch, freie Mitarbeiterin des NDR. Ich trampe mehrere Monate
durch Europa. Kaum zurück, werde ich nach einem Konzert quasi von der Bühne
herunter verhaftet. Meine Hamburger Wohnung ist als das damalige Hauptquartier
der sog. Baader-Meinhof-Bande aufgeflogen. ,Hella Utesch' ist der Tarnname Gudrun
Ensslins gewesen. Ein Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung einer kriminellen
Vereinigung wird gegen mich angestrengt, ich werde von Fernsehen und Funk boykottiert
und erhalte in Österreich Einreiseverbot. Erst nach Jahren wird das Verfahren
gegen mich eingestellt. 1977 tritt Wader in die Deutsche Kommunistische
Partei ein (Austritt 1991). Auf meinen Parteieintritt reagieren die Medien
erneut mit Boykott, diesmal so wirksam und langanhaltend, daß die jetzige Redakteursgeneration
mit meinem Namen kaum noch was verbindet. Ich betrachte das als meine Chance,
von einer der nächsten Generationen wiederentdeckt zu werden. Seinen 60.
Geburtstag feierte Hannes am 21. Juni standesgemäß auf der Bühne der Bielefelder
Stadthalle, gemeinsam mit Konstantin Wecker (siehe auch CD-Rezension in dieser
Ausgabe) und Reinhard Mey. Eine Premiere - die vollständig ausverkauft war.
[wt]
Siehe auch die CD-Rezensionen von "Was
für eine Nacht" und "Wünsche".
Alpines Festivalleben und
-sterben
Österreich. Es wurden schon die Totenglocken angestimmt, aber wir können erfreut
verkünden, dass die Wiederbelebung geglückt ist. Nachdem das Internationale
Folkfest Hallein im Salzkammergut, das seit 1989 das keltische Erbe des
Ortes gepflegt und sich zuletzt in Richtung Weltmusik orientiert hatte (siehe
auch FW#12),
im vergangenen Jahr eine Pause eingelegt hatte und für 2002 das endgültige Aus
verkündet wurde, ist nun doch für Ende August eine weitere Ausgabe vorgesehen.
Gebucht wurde u.a. die Hammer Mittelalterformation "Violet" (siehe die CD-Rezension
in dieser Ausgabe). Auch das Folkfestival im niederösterreichischen Gutenbrunn
(siehe auch FW#11),
das seit 1995 vor allem irische und schottische Musiker ins Waldviertel holt,
stand eine Zeit lang in den Sternen. Zumindest heuer scheint das Festival, in
abgespeckter Version Mitte Juli, finanziell gesichert zu sein. Die irische Fraktion
besteht aus Gráda, Bríd
Ní Mhaoileoin & Alan Burke sowie
Slide. [wt]
Details für dieses und weitere Festivals in diesem Sommer finden sich unter
www.folkworld.de/frog/.
Knüppel aus dem Sack
Deutschland. Die Grenzgänger, deren
aktuelles Album "Knüppel aus dem Sack" über Hoffmann
von Fallersleben (siehe Rezension: FW#21)
im April zur "CD des Monats" bei der Liederbestenliste
des Südwestdeutschen Rundfunks erklärt worden ist, sind von der Bundeszentrale
für Politische Bildung anläßlich deren 50. Jubiläums zur offiziellen "Tourneeband"
erkoren worden. Die Grenzgänger werden bis zum 1. August in allerhöchstem Auftrag
in deutschen Landen unterwegs sein und nicht nur die Nationalhymne spielen.
Also hingehen - sonst gibt's was mit dem Knüppel! [wt]
Folkmagazin
Lüttenmark. Auf 240 Ausgaben hat es das "Folkmagazin"
aus Lüttenmark mittlerweile gebracht, untertitelt Magazin für Musik und
Leben. Im Impressum kann man genaueres erfahren: Folkmagazin seit 23
Jahren, Musik aus aller Welt, Folklore in die Tiefe!, Alles ist Folk, wir sind
das Folk!, Folk-Buschtrommel für Frieden + Völker, für Folk, Musik, Lieder,
Tanzfans + Umwelt, gegen Atomkraft. Herausgeber ist Hedo Holland, seines
Zeichens zugleich Bundessprecher des Wandervogel
e.V. und Vorsitzender der LAG
Tanz Hamburg e.V. Heft 240 enthält Portraits von Moin (siehe CD-Rezension
in dieser Ausgabe) und den Grenzgängern (siehe oben), "Szenegeflüster", Terminhinweise
zu Festivals, Festen, Tanzworkshops, eine "Pinnwand" mit unendlich vielen Tanz-Terminen,
Reflexionen über "So wird man Folkie" u.a., Bücher, CDs, Noten und Texten. Zielgruppe
ist die "Mitmachszene", d.h. praktizierende Tänzer und Sänger und solche, die
es werden wollen. Für 13 Euro gibt es seche Hefte pro Jahr in schlichtem schwarz-weiss.
Und mehr Druck- und inhaltliche Fehler als in vergleichbaren Hochglanzmagazinen
konnte ich auch nicht entdecken. [wt]
Ein Probeexemplar kann man bei www.folkmagazin.de
ordern.
Blast from the past
Deutschland. Das Line-Up des diesjährigen Irish Folk Festivals steht fest.
Unter dem schräg klingenden Motto "A blast from the past" oder, wie es
Magentic Music auf deutsch übersetzt, "Fetzige Vergangenheit" nehmen dieses
Jahr teil: Geraldine McGowan & Friends, Jake Walton & Eric Liorzou,
die Alan Kelly Band und das Quartett Slide. Trotz schrägem Motto klingt
es nach erstklassiger irischer Musik... Auf Tour im Oktober und November 2002,
mehr Infos unter www.irishfolkfestival.de
In den Englischen News finden sich als zusätzliche Medlungen:
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