FolkWorld #46 11/2011

CD & DVD Reviews

Robert Doyle "Life in Shadows"
Eigenverlag 2011

www.robertdoyle.net

Nein mit traditioneller Musik hatte es Robert Doyle nicht als er mit der Musik anfing. Umso erstaunlicher ist sein neues Album 'Life in Shadows', das ausgesprochen traditionell daherkommt. Schuld daran waren Aufnahmen von Ali Farka Touré, die Doyle so beeindruckten, dass er nach einem Weg suchte in der eigenen Kultur etwas ähnliches auszudrücken. Also wechselte er von elektronischen Instrumenten zur Akustikgitarre, von New York zurück nach Dublin, wurde respektabler Fingerstyle Gitarrist und begann traditionelles Material neu zu arrangieren. 'Life in Shadows' ist im Alleingang eingespielt worden und kommt auch optisch sehr puristisch daher. Doyle singt irisch und englisch, begleitet sich dazu auf der Gitarre und überrascht gleich zu Beginn mit einer zweisprachigen Version des 'Irish Rover', die so wenig mit der üblichen Guinness-Seeligkeit zu tun hat, die uns normalerweise um die Ohren gehauen wird. Und es überrascht erneut ganz am Ende, wenn Doyle ein akustisches Stück dem Kairoer Tahir Platz widmet und mit ihm die Brücke nach Afrika schlägt. Dazwischen wird dem Zuhörer ein ruhiges, stimmiges, ganz und gar unaufgeregtes Album geboten, dass sicher die Stimmung jeder Party zum Erliegen bringt, jedoch in bestimmten Stunden eine ganz eigene Stimmung entfaltet und durchaus als gelungen bezeichnet werden darf. Anspieltips: 'The old hag at the kiln', 'cailin na gruaige doinne' und 'Pretty Saro'
© Holger Brandstaedt


Stellmäcke & Nassler "Kalenderlieder"
Buschfunk , 2011

www.stellmaecke.de
www.nassler.com

Olaf Stellmäcke ist ein wunderbar wacher Liederschreiber und Sänger, davon konnte man sich auf seinen vorherigen Alben 'Augenlieder' und 'Lieder vom Verschwinden' überzeugen. Produziert wurden beide von Jörg Nassler, dem Dresdner Gitarrenvirtuosen, der jetzt samt Studio an die Ostseeeküste gezogen ist. Im neuen, heimischen Fischohrstudio entstand die nun vorliegende gemeinsame CD 'Kalenderlieder'. Diese enthält poetische, pointierte und hintersinnige Lieder aus der Feder von Stellmäcke in Arrangements von Nassler. Jeder bringt seine Erfahrung ein und macht was er am besten kann. Nassler erweist sich neben seinem Gitarrenzauber als Multiinstrumentalist und Stellmäcke verleiht den Liedern gesangliche Spannung. 'Kalenderlieder' ist mehr als die Wiedergabe des aktuellen Live-Programms. Entstanden ist ein abwechslungsreicher Liederbogen rund um den Jahreslauf, der auch die jeweiligen künstlerischen Lebensläufe der Ausführenden widerspiegelt. Da ist es nur allzu natürlich dass auch Dunja Averdung einmal als Gesangsgast brilliert, dass es Nassler manchmal musikalisch nach Südamerika zieht und Stellmäcke mit fester Stimme gegen die Abgründe unserer Zeit ansingt. Ein Muss für alle die vor Inhalt nicht zurückschrecken und sich an erstklassigen akustischen Arrangements erfreuen können.
© Holger Brandstaedt


Sterzinger Experience "Rock 'n roll"
Monkey, 2011

www.sterzinger.priv.at

„Mit einer Zaubercombo das Rad neu erfinden, ist schon cool“ - nein das Rad hat er nicht neu erfunden der Stefan Sterzinger, aber eine Zaubercombo hat er dabei und jede Menge Spass macht seine neue Platte auch. 'Rock'n roll' bietet weit mehr als solchen. Vom Wienerlied bis zu Schlager, Balkan und zur Hommage an die großen der Zunft Danzer, Falco und Cornelius ist alles dabei und mit viel Rock'n roll im Herzen ordentlich gegen den Strich gebürstet worden um dann mit Akkordeon, Geige, Kontrabass, Schlagzeug und reichlich Schmäh in der Stimme eingespielt zu werden. Das macht er ganz souverän und mit soviel Humor wie Wenzel beim 'König von Honulu'. Hier heißt es festhalten wenn 'Es wird Nacht Seniorita' von Udo Jürgens erklingt und loslassen wenn 'Gib dem Hunderter a Busserl' darauf folgt. Und wo wir grad in Schwung sind legt Sterzingers Experience gleich 'La Paloma' nach. Viel Vergnügen!
© Holger Brandstaedt


Tom Kirk "Schluss mit dem Geschrei"
Eigenverlag, 2011

www.tom-kirk.de

'Können Spinnen Freunde sein? Was treibt der Nazi am Dorfteich? Ist das Leben ein Ponyhof? Fragen über Fragen, die Tom Kirk in seinem Programm und der jetzt erschienen CD "Schluss mit dem Geschrei" beantwortet. Mit Rezepten zur Zubereitung von Hamstern als Zwischenmahlzeit und kompetenten Vorschlägen zur Vertreibung des frühen Vogels wie auch zum Umgang mit fliegenden Katzen leistet der Sänger einen wichtigen Beitrag zur Lösung drängender Probleme der Gegenwart.' Soweit der Pressetext. Kirk, Jahrgang 1964 war in diesem Jahr zu Gast beim Stramu-Programm des TFF und zog mit Gitarre, Mundharmonika und Gesang das Publikum in seinen Bann. Die nun vorliegende Scheibe zeigt einen Puristen, der mit einfachen Worten Lieder schafft, die mit ebenso einfachen Mitteln vorgetragen werden. Da macht es nichts wenn der Reim mal etwas holpert: Der Mann hat Humor, man hört dass er auch im Kinderliederbereich aktiv ist und wer Kirk live erlebt, bekommt mit dieser CD das handgemachte Adäquat für Zuhause. Schade nur dass bei Kirk das Handwerk über die Poesie siegt. Etwas mehr von Letzterer würde seinen Liedern gut tun.
© Holger Brandstaedt


1St Battalion Scots guards feat. Kate Rusby & Isla St Clair
"From Helmand to Horse Guards"
ARC Music, 2011

Ordentlich was auf die Ohren gibt’s für alle die nicht genug von 'Mull on Kintyre' bekommen konnten bei Pipes & Drums mit dem 1. Schottischen Guard Battalion. Militärensemble, die im Booklet mit Auftritten vorm Pentagon und in Afghanistan werben gehören trotz mehrfacher Schottlandreisen nicht zu meinen Favoriten. Hier jedoch ist Kate Rusby mit von der Partie. Wobei der von ihr gesungene Track, der einzige erträgliche ist. Schade auch um die schöne Gesangspartie von Isla St. Clair in 'We will remember them'. Der Rest zwischen 'Marching with a Twist!' und dem Titelstück 'From Helmand to Horse Guards' ertrinkt in Pathos und militärischen Ritualen. Wer trotzdem keine Berührungsangst vor der geballten Military-Dudelsackpower hat, dem sei diese CD empfohlen. Bei mir wandert sie in die Ablage.
© Holger Brandstaedt


Christine Lauterburg "Alles bleibt anders"
Dewil Music, 2006

www.christinelauterburg.ch

Die Belanglosigkeit des CD-Titels "Alles bleibt anders" könnte beinahe abschrecken. Ganz anders verhält es sich mit der Musik, die sich dahinter verbirgt. Christine Lauterburg ist bekannt dafür, andern das Jodeln beizubringen. In Seminaren bietet sie an, das Jodeln zu lehren. Selbst singt und jodelt sie seit einigen Jahren erfolgreich allein und mit Gastmusikern. Man sollte sich aber nicht durcheinanderbringen lassen. Es geht hier nicht um das Jodeldiplom im Geiste Loriots, sondern um die Verwendung volkstümlicher Alpenmusik in der modernen Popkultur. Sie hören richtig. Christine Lauterburg singt und jodelt, setzt dazu Rhythmuselemente und Popsequenzen ein, die stellenweise nach DJ Bobo klingen, und bekommt es doch hin, eine authentisch wirkende Momentaufnahme Schweizer Musikalität wiederzugeben. Dabei verschwimmen Volkstümlichkeit, Pop und Esotherikgedudel zu einem harmonischen Gesamtbild, das seine besten Momente tatsächlich in den Jodlern der Christine Lauterburg hat. Popjodeln von der angenehmen Art. Wer dann trotzdem noch etwas mehr natürliche Alpenklänge benötigt, der kann sich am Ende gleich zweiunddreißig Minuten lang das Vogelgezwitzscher und Windgewusche vom Alpstein anhören.
© Karsten Rube


Christine Lauterburg "Aërope"
Eigenverlag, 2008

www.christinelauterburg.ch

Sie spielt gern in Deutschland sagt Christine Lauterburg, da ist das Publikum so aufmerksam. Trotz diesem schönen Kompliment hat es erst ihre Beteiligung beim diesjährigen tff bedurft, bis die Schweizer Ausnahmekünstlerin endlich einmal jenseits der heimischen Gefilde live zu erleben war und ihr 2008er Album 'AËROPE' den Weg zur Folkworld fand. Lauterburg, 1956 in Bern geboren, 'hatte schon als Kind den Wunsch, Sängerin zu werden und dann endlich mit über dreissig Jahren herausgefunden, WAS ich singen kann: nämlich Lieder in meiner Sprache und den uralten Juhz.' Dieser uralte Juhz treibt nun den Verantwortlichen des Schweizer Jodelverbandes die Schweißperlen auf die Stirn, denn so undogmatisch und archaisch wie Christine Lauterburg jodelt, das geht nicht an. 'Geht doch!' wird der weltoffene Hörer sagen und auch 'AËROPE' stellt dies eindrucksvoll unter Beweis. Das mit prominenter Begleitung (Markus Pflückiger,/Andi Hug / Michel Poffet / Hank Schizzoe) aufgenommene Album erweist sich, wie schon Christian Zehnders 'Schmelz', als Musik, die fest verwurzelt in der Tradition, zu neuen Ufern aufbricht um etwas ganz Eigenes / Neues zu schaffen. Es enthält Elemente von Jazz, Blues, Rock und jeder Menge Improvisation. Waren die Vorgänger eher elektronisch geprägt, wirkt 'AËROPE' deutlich organischer. Dazu ist die von Hank Schizzoe produzierte Platte trotz aller Experimente von ausgesprochener Hörbarkeit. AËROPE ist Zukunft, ist Hier und Jetzt, Gestern, Heute und Morgen. Ein Volksmusik die solcherlei Kunst zu bieten hat, braucht sich um die Zukunft nicht zu sorgen.. Das Album macht Lust es den Herren vom Schweizer Jodelverband mit einem kräftigen Juhz um die Ohren zu hauen.
© Holger Brandstaedt


Christine Lauterburg "Aërope"
Juzz, 2008

Christine Lauterburg "Allein"
Juzz, 2010

www.christinelauterburg.ch

Die gebürtige Bernerin Christine Lauterburg ist vor allem durch ihre Arbeit mit Doppelbock und Echo bekannt, daneben hat sie aber auch zwei Soloalben veröffentlicht, auf denen sie mit dem Zürcher Liedermacher Hank Shizzoe zusammenarbeitet.
Das Projekt "Aërope" haben die beiden 2008 gemeinsam mit Markus Flückiger (Schwyzerörgeli), Andi Hug (Schlagzeug, Perkussion) und Michel Poffet (Kontrabass) aufgenommen. Lauterburg singt und spielt Violine, Bratsche und Langnauerörgeli und Shizzoe Gitarren, Bouzouki, Ukulele und Lap Steel. Elf traditionelle eigene und gecoverte Stücke hat Shizzoe für die CD produziert.
Der traditionelle "Muotataler Zwiegesang" eröffnet das musikalische Spektakel mit lüpfig rockigem Sound; E-Gitarre, Schlagzeug und Bass treffen auf traditionellen Jodel, begleitet vom Schwyzerörgeli. Dann legen die Musiker richtig los: "Anneli" ist ein Schweizer Volkslied, vorgetragen als atemberaubender Weltmusik Medley. Lauterburg jodelt mit bluesigem Timbre und die Band erzeugt einen unglaublichen Groove. Es folgen Lauterburgs wunderschönes Jodellied "Du und I", das den Klang des Alpenechos wiederspiegelt, und die bizarr jazzige Vertonung des traditionellen "Der Wilde" mit experimentellen Gesang und virtuoser Begleitung. Daneben singt Lauterburg Alfred Freys Loblied "Mys Müeti" (meine Mutter), Lap Steel, Schlagzeug und Bass begleiten Lauterburg an der Bratsche, oder den "Lawinejodel" von Max Huggler, der mit traditionellem Jodel beginnt, ein jazzig rockiges Trommelfeuerwerk setzt ein und es kommt zu einem bluesigen Finale.
Wem das noch zu wenig innovativ war, der sollte das neue Album "Allein" anhören. Das an eine Alpensaga erinnernde Opus umfasst 13 instrumentale Stücke, Lieder aber auch gesprochene Texte.
Das experimentell poetische "Los" ist eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Alleinsein, geschrieben von Lauterburg und Thomas Erb (Hank Shizzoe); Samples, Geräusche und Lauterburgs hypnotische Stimme ergeben ein faszinierendes Klangbild. Lauterburg singt, spricht und spielt Violine und Viola und wird auf dieser CD nur von Shizzoe (Saiteninstrumente, Samples und Geräusche) begleitet. Mein Lieblingsstück ist das ebenso von Lauterburg und Erb komponierte "My Wäg". Blues und Jazz werden mit psychedelischen und volkstümlichen Elementen zu einem faszinierendem Ganzem verschmolzen, stand da Sinatras "My Way" Pate? Bei Lauterburgs Geigensolo "Geigjod" übernimmt die Violine das Jodeln und die Bratsche begleitet den traditionellen Jodel "Z'Lummnis". Lauterburg sinniert über das "Füür" (Feuer), an dem sie sich erfreut, und den "Tod", der ein großes Rätsel bleibt. Dann spielen die beiden Paolo Imolas "Alter Ländler" sehr traditionell, während "Bini Bang" (Lauterburg/Erb) Country, Jazz und Jodel zu einem experimentellen Sound vereinen. Als Abschluss verbinden Lauterburg und Erb den poetischen Text "Stein" mit bluesiger Musik und großartiger Vokalartistik.
Christine Lauterburg gehört sicherlich zu den kreativsten Köpfen der Schweizer Musikszene. Sie ist eine hervorragende Geigenspielerin und begeistert mit ihrer facettenreichen Stimme und dem brillanten Juzz.
© Adolf „gorhand“ Goriup


Gamelan of Central Java "In Nem"
Felmay, 2010

Diese CD ist etwas speziell. Sich über 70 Minuten lang mit indonesischer Gamelanmusik beschallen zu lassen gehört nicht zu den Dingen, die man als Hörer von zum Erbrechen fröhlicher Moderatoren aus dem allseits beliebten "Kopfaus-Radio" gewöhnt ist. Auch für den vom Radioempfang befreiten Menschen ist Gamelan zunächst gewöhnungsbedürftig. Die asiatische Harmonielehre funktioniert anders, als unsere mitteleuropäischen Ohren es erwarten. Diese fast ausschließlich auf Perkussionsinstrumenten erzeugte Musik aus Indonesien, ist neben der ungewohnten Harmonie auch noch eine Ausdauersportart. Die Metallophone, Gongs, Xylophone, Bronzeplatten und Holzröhrchen werden ununterbrochen und abwechslungsarm beklopft und betrommelt. Eine kaum erkennbare Kernmelodie zieht die Begleitung anderer Klangkörper auf sich. Gemeinsam kann solch Ensemble schon mal eine Stunde lang auf ihre Arbeitsgeräte dremmeln. Auf der vorliegenden CD sind die drei Stücke zwischen 27 und 19 Minuten lang. Unterbrochen werden sie von zwei Stücken, die unter der Bezeichnung "Silence" jeweils eineinhalb Minuten aufgezeichnete Stille wiedergeben. Diese ist jedoch intensiv, da sie auch bei Erhöhung der Lautstärke rein ist und sich auch nicht von einem Hintergrundrauschen aus der Ruhe bringen lässt. Die traditionelle Musik des Gamelan kommt auf der indonesischen Insel Java vor und untermalt vor allem die in der Region sehr populären Schattenspiele. Auch bei religiösen Tänzen gelangt Gamelan zur Anwendung. Der musikalische Einblick, den diese Platte vermittelt, ist sehr interessant, da er für die gewohnten Klangmuster eine ernsthafte Herausforderung darstellt. Es sind Klänge, die eine sehr meditative Wirkung erzielen können. Schlimmstenfalls erzeugen sie auch Kopfschmerzen. Glücklicherweise besteht die Welt aber nicht nur aus europäischen Gewohnheiten.
© Karsten Rube


Larry Porter Quartet "Mabuti"
Unit Records, 2011

http://www.eastwestmusic.net/

Der New Yorker Pianist Larry Porter ist nach vielen Jahren der kreativen Reise über den Planeten im musikalischen Schmelztiegel Berlin gelandet. Hier hat er mit drei ebenfalls nicht waschechten Berlinern ein Jazzquartett gebildet, dessen Mitglieder musikalisch aufs Wunderbarste harmonieren. „Mabuti“ heißt das dabei entstandene Werk. Der Münchner Florian Trübsbach agiert darin mit seinem Saxophon temperamentvoll auf die gelassen wirkende Klavierstimme Larry Porters. Schlagzeuger Alex Huber aus der Schweiz sorgt zusammen mit dem chilenischen Bassisten Marco Chacón ganz subtil für den treibenden Rhythmus der Stücke. Man möchte gern einzelne Stücke besonders herausheben und loben, doch hieße das, alle zehn Kompositionen der Reihe nach aufzuzählen. Komponiert hat Porter übrigens acht der zehn Songs auf der CD. Zwei weitere, wie das wunderschöne "Tranquilo" stammen aus der Feder des Bassisten Marco Chacón. Dank der Reiseerfahrungen Porters, die auch längere Aufenthalte in Afghanistan und in Indien beinhaltet, wurde "Mabuti" eine gelungene Jazz-CD, mit einem dezenten Hauch von Welt.
© Karsten Rube


Tango Negro Trio "No Me Rompas Las Bolas"
Felmay, 2011

www.myspace.com/tangonegrotrio

Dass der Tango nicht ausschließlich das Liebesleiden und die daraus resultierenden Depressionen zum Thema haben muss, beweist der aus Argentinien stammende und seit Jahren in Paris lebende Maler und Musiker Juan Carlos Caceres. Caceres würzt seine Tangointerpretationen mit Spuren von Bossa und folkloristischen Elementen, sodass sich die Milongas und Habaneras bei ihm im besten Sinne in Weltmusik verwandeln. Dem Trio hat er zudem ein paar Gäste hinzugefügt. So den Bandoneonspieler David Pecetto und den argentinischen Saxophonisten Javier Girotto, der das Album sehr virtuos verfeinert. Wem der Tango Argentino oft zu schwermütig ist, der wird mit dieser eher den leisen Jazztönen zugewandten Tango-CD bestimmt um einiges versöhnter sein mit dem Tango, dieser vielleicht leidenschaftlichsten aller musikalischen Ausdrucksformen.
© Karsten Rube


Gotan Project "La Revancha En Cumbia"
Yabasta-Records, 2011

www.gotanproject.com

Die CD "La Revancha del Tango" der französisch-schweizerischen Soundtüftler vom Gotan Project erschien vor zehn Jahren und mischte die Szene der Dancehalls ziemlich auf. Plötzlich war Tango auch für die Leute attraktiv, die sich nicht so gekonnt über die Tanzfläche schieben konnten, wie die feurig grazilen Nachtgestalten der einige Jahre vorher massiv aufgebrochenen Tango-Szene. Dance, Lounge und Latin schienen sich hier auf geniale Weise zu verbinden. Mittlerweile haben sich alle möglichen Musikrichtungen mittels von DJ's untermischten Grooves irgendwie zu Tanznummern umoperieren lassen. Vom Bossa, über keltischer Musik bis hin zu Orientalbeats. Das hat durchaus seine guten Seiten, zeigt es doch einmal mehr, dass sich kulturelle Unterschiede auf verschiedene Weise verbinden lassen, birgt aber auch die Gefahr, dass Originalität und Authentizität auf der Strecke bleiben. "La Revancha en Cumbia" vom Gotan Project erliegt der Gefahr, genau das zu erleben. Die Tangos, die damals bereits sehr einfallsreich mit Elektrobeats aufgerüscht wurden, bekommen hier noch einmal eine zusätzliche Kelle Cumbiarhythmus übergefüllt. Was bleibt ist ein einheitlicher Tanzrhythmus, der kaum noch an die Ursprünge erinnert. Eine Platte, die man in den Clubs und Dancehalls einfach mal so zwischendurch mit auflegen kann, wenn sich ohnehin keiner mehr fragt, wozu er da eigentlich tanzt. Es gibt originellere Mixe. "La Revancha in Cumbia" weckt in mir die Vorstellung von Botoxgespritzten Gesichtern einst brauchbar anzusehender Filmstars. So wie diese nach längerer Behandlung alle ziemlich ähnlich aussehen, klingen auch elektrogeschockte Wiederveröffentlichungen auf Dauer alle ähnlich. Es ist traurig zu sehen, wie Großartiges plötzlich gewöhnlich wird.
© Karsten Rube


Huldrelokkk "Trolldans"
Westpark Music, 2011

www.huldrelokkk.com

Sie kommen wie die Elfen daher, die drei skandinavischen Musikerin von Huldrelokkk. Und man weiß, mit Elfen ist nicht zu spaßen, auch wenn Elfen immer ihren Spaß bekommen. Huldrelokkk ist archaisch, verführerisch und trickreich, wie die nordische Musik das gelegentlich ist. Mit Huldrelokkk hat sich endlich wieder ein waches skandinavisches Musikensemble gebildet, dass es mit dem Winter aufnehmen kann. Keine schlafwandelnden Stimmchen, die anämisch vor sich hin verblassen, sondern kraftvolle Stimmen, denen man eher Widerspruchlos zuhört. Hinter dem Ensemble steht die Norwegerin Kerstin Blodig. Diese ist in der nordeuropäischen Folkmusik seit Jahren eine treibende Kraft. Gruppen wie Touchwood, Norland Wind und Talking Wind haben von ihrer Musikalität profitiert, aber auch ihre Soloprojekte sind so einfallsreich, dass selbst die Deutsche Schallplattenkritik ihren begehrten Preis an sie weitergab. Mia Gunberg Adin ist eine Interpretin des traditionellen Gesangs Schwedens. Ihr Nickelharpaspiel trägt auf dem aktuellen Album "Trolldans" den großen Teil der Melodien. Ihr Gesang erinnert zuweilen an die Stimme von Emma Härdelin. Die dritte und wildeste Elfe ist die dänische Geigerin Liv Vester Larsen. Ihr Geigenspiel sorgt in dem Trio entscheiden für das Tempo. Trotz ihrer vor allem in Sinfonieorchestern erprobten spielerischen Virtuosität kann sie in das Trio auch ihre Erfahrung aus der Mitarbeit in der dänischen Rockband Ave einbringen. Die Musik auf "Trolldans" lebt vom Spiel mit den nordischen Mysterien und den nicht besonders klaren Vorstellungen, die man sich hierzulande von deren Traditionen macht. Nicht zuletzt deshalb wirkt sie geheimnisvoll und mitreißend zugleich. "Trolldans" ist für mich die interessanteste skandinavische CD seit Jahren. Den aufmerksamen Musikscouts von Westpark, die ihre Ohren immer wieder nach Nordeuropa richten, sei an dieser Stelle aufrichtig Danke gesagt.
© Karsten Rube


Moishe's Bagel "Salt"
Eachday Music, 2007

www.moishesbagel.co.uk

Moishe's Bagels bringen mit der CD "Salt" eine Fusion von Musikstilen, die selbst in der von wilden Mischversuchen heimgesuchten Gegenwart recht ungewöhnlich ist. Die schottische Band schafft es, vom Jazz beeinflusste Klezmermusik mit Balkanklängen zu veredeln und dabei immer noch etwas schottisch zu klingen. Dabei wirken die Songs nicht wie reine Tanzstücke, sondern eher wie musikalische Erzählungen, wie ein Soundtrack zu einem imaginären Film über die allmähliche Annäherung von Fremden, die sich schließlich bestens verstehen. An dieser musikalischen Erzählweise ist vielleicht auch der Akkordeonist Pete Garnett schuld, der oft genug bei Theater- und Filmvorführungen begleitend das Akkordeon spielt. "Salt" ist die Zweite von nunmehr drei CD's dieser einfallsreichen schottischen Band. Mit "Uncle Roland's Flying Machine" folgte 2010 eine ebenfalls recht eindrucksvolle und musikalisch überaus erzählfreudige CD.
© Karsten Rube


Gomera Street Band "Viva La Gomera"
Extraplatte, 2011

www.gomeratv.com

Manchmal muss man Kunst einfach über sich ergehen lassen. Es sei denn, man stellt fest, es ist gar keine. Die Gomera Street Band ist weit davon entfernt irgendetwas zu produzieren, das man als Kunst oder musikalische hochwertige Kost verstehen kann. Sie servieren eher einen musikalischen Krautsalat. So wie sie sich gerade fühlen, lassen sie ihre Songs raus. Und da Gomera dort ist, wo der Winter nicht ist, geraten sie kaum in die mitteleuropäische Depression. Es hört sich so an, als hätten hier ein paar Leute viel Spaß gehabt. Beginnend beim Urlaubsschlager "Viva La Gomera" lassen die Musiker, die sich dem Winter entfliehend vor einigen Jahren auf der Insel La Gomera gefunden haben und sich seitdem immer wieder dort einfinden, um zu musizieren, die Sonne auf den Hörer los. Die Lieder sind allesamt leicht Kost, unterhaltsam und selten wirklich ernst gemeint. Zwei Lieder haben sie dem Repertoire der Comedians von Ganzschönfeist entlehnt. "Immer wenn die Sonne scheint" ist einer der Badeschlager, die sicher nicht in die Liste der Sommerhits gelangen wird. Schade eigentlich. Wer also ohne Aufwand und ohne Anspruch gute Laune haben will, der kann sich die Gomera Street Band gern anhören. Ernst nehmen sollte man das nicht. Dafür wurde es nicht gemacht.
© Karsten Rube


Mor Karbasi ""Daughter of the Spring"
Alama_Records, 2010

www.morkarbasi.com

English CD Review

Mor Karbasi stammt aus Israel. Trotzdem hören wir auf der CD "Daughter of Spring" keine israelische Musik. Während ihre Mutter aus dem Magreb kommt, sind die Vorfahren ihres Vaters persisch. Aber da Israel ein Land ist, deren Einwohner aus vielen Teilen der Erde stammen, ist dieser multikulturelle Hintergrund kaum verwunderlich. Auf der Suche nach den Wurzeln ihres Daseins findet die junge Sängerin Mor Karbazi auch genügend Spuren in Spanien. Die Sepharden lebten unter den Mauren weitgehend unbehelligt in Spanien. Ihre Kultur, ihre Lieder, die in Ladino gesungen werden haben sich erhalten und werden von namhaften Künstlern, wie der Sängerin Yasmin Levy vorgetragen. Auch Mor Karbazi widmet sich der sephardischen Musik auf ihrer CD "Daughter of the Spring". Doch auch modernere Klänge sind zu hören. Karbazi entwickelt einen eigenen, bisweilen eigenwilligen Sound. So sind die Einflüsse von Musikerinnen, wie Yasmin Levy, Mariza, Noa und Mercedes Sosa gleichermaßen herauszuhören. Das Album strotzt nur so von großen musikalischen Gesten. Die Bandbreite ihres Gesangs beginnt beim Hauchen und endet beim lauten Klagen. Dazwischen passiert sie alle leidenschaftlichen menschlichen Gefühlsäußerungen mittels ihrer Stimme. Unterstützt wird diese gefühlvolle Ausdruckskraft durch die recht sinnliche Covergestaltung ihrer CD. Ganz offensichtlich ist die junge Frau eine Diva der großen dramatischen Gesten. Das steht ihr und ihrer Musik ausgesprochen gut und macht das Album zu einer Ohren- und Augenweide.
© Karsten Rube


Hotel Bossa Nova "Bossanomia"
Yellowbird, 2011

www.hotelbossanova.com

In den letzten Jahren kann man die Frage danach, wo besonders gute Bossa Nova gespielt wird nicht mehr eindeutig mit Brasilien beantworten. Die Bossa hat sich über die lange Zeit, die es sie jetzt gibt, also quer durch die ganze zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts hindurch über die ganze Welt verbreitet. Natürlich sind Jobim und Sergio Mendes immer noch deren Geburtshelfer, doch die Jünger, Kinder und Enkel der Bossa leben unter anderem auch in Deutschland. Hotel Bossa Nova aus Wiesbaden ist ein bereits erfolgreiches Beispiel dafür. Das Quartett um die Sängerin Liza da Costa hat mit "Bossanomia" bereits das dritte Album aufgenommen. Die Stimme der Sängerin ist sehr offen und wach und entspricht nicht der gehauchten Bossaschläfrigkeit einer Astrud Gilberto. Eher steckt die Dynamic einer Daniela Mercury in ihrer Stimme. Die jazzigen Töne der Band mischen die Bossa, die oft etwas zu deutlich in die Nachtstunden gehört mit viel frischem Wind auf. "Bossanomia" ist eine rundum gelungene gute Laune Platte, tanzbar und voller Lebensfreude. Diese Musik kommt mit dem Versprechen ins Haus, das der nächste Sommer nur besser werden kann.
© Karsten Rube


Peter Gallway "Freedom Is"
Gallway Bay Music, 2008

www.petergallway.com

Der New Yorker Musiker Peter Gallway hielt sich 2007 eine Weile in Mexiko und an der mexikanischen Grenze auf. Eine Grenze, die nicht unbedingt für einen sensiblen Umgang mit den Menschenrechten berühmt ist. Dort ließ er sich zu seiner CD "Freedom is" inspirieren. Die zwölf Songs kommen in gemäßigtem Tempo daher. Als Songwriter alter Schule lässt er sich Zeit, seine Musik auf Touren zu bringen und nicht immer gelingt ihm das. Der titelgebende Song "Freedom is" schleppt sich eher träge über seine viereinhalb Minuten. Von der Inspiration, die ihm Mexiko gegeben haben soll, ist leider nicht viel zu spüren, es sei denn, er hat sich von einem trägen Mittagspäuschen inspirieren lassen. Die CD plätschert verhalten vor sich hin, scheint nirgendwo zu beginnen und endet dann im ruhigen Song "Last Look" ohne zu einem Höhepunkt zu gelangen. Schade, denn der erste Song "Mercy on the Malecon" ließ mehr von der CD erwarten, als sie am Ende hergab.
© Karsten Rube


Heidi Winzinger "Honeysuckle Dream"
Own label, 2010

www.HeidiWinzinger.com

Heidi Winzinger aus New Jersey singt auf ihrer selbst produzierten CD "Honeysuckle Dream" mit klarer Stimme und großer Hingabe Liebeslieder, Lieder über die Freude zu Hause zu sein, über die Frische nach einer Yoga-Lektion und darüber, dass man im Himmel wieder mit seinem Hund zusammen ist. Lieder aus einem sorglosen und behüteten Leben im Mittelstand eines halbwegs zivilisierten Landes. Das ist musikalisch genauso durchschnittlich, wie die Themen ihrer Lieder, alles ganz nett gemeint und mit gut beherrschten musikalischem Handwerk produziert. Aber so leicht, wie es sich in das Gehör schmeichelt, fällt es auch wieder aus der Erinnerung. "Honeysuckle Dream" klingt wie Discounter-Hörware. Schmeichelweich und von mangelnder Nachhaltigkeit.
© Karsten Rube


Evelyne Girardon "La Fontaine Troublee"
Compagnie Beline, 2011

www.myspace.com/evelynebeline

Dem traditionellen Lied hat sich die Französin Evelyne Girardon verschrieben. "La Fontaine Troublee" ist eine CD mit alten Liedern vom Land und aus der Provinz. Begleitet wird sie dabei von Norbert Pignol, der schon bei Dedale das diatonische Akkordeon bediente, dem bretonischen Gitarristen Soig Siberil und Gilles Chabenat an der Drehleier. "La Fontaine Troublee" ist ein Album, das sich schwer tut, ins Gehör vorzudringen. Trotzdem es sich um traditionelle Lieder aus Frankreich handelt, lassen sich diese Lieder kaum begreifen. Anmutig singt sie die komplizierten Melodien, die einem in die Renaissance versetzen. Es ist tatsächlich eine musikalische Zeitreise, die zu hypnotisieren in der Lage ist, ohne dass man recht weiß, warum. Eine ungewohnte, fremde Atmosphäre herrscht im Umkreis dieser Musik. So schwer man sich tut, mit Evelyne Girardons CD "La Fontaine Troublee" warm zu werden, am Ende ist man doch gefesselt davon. Um so schwieriger wird es, nach dem Ende der CD zurück in die Realität zu finden.
© Karsten Rube


Geoff Bartley "Put the Big Stone Down"
Joshua Omar's Music, 2009

www.geoffbartley.com

Ein Meister des Fingerpicking-Gitarrenspiels ist Geoff Bartley. "Put the Big Stone Down" ist ein Album zwischen Folk. Country und leisem Blues, das er 2010 eingespielt hat. Akustikmusik vom Feinsten. Mit einer Stimme, die etwas knödelt, bringt er die authentische Seite des Americanastils hervorragend zum Klingen. "The Cat Song" und vor allem der Titelsong "Put the Big Stone Down" sind dafür deutliche Beispiele. Dass er außerdem eine Ader für feinfühlige, romantische Lieder mit Jazzanklängen besitzt, kann man in "New Moon on New Years Eve" hören. In "Song to a Hawk" arbeitet er zudem ganz überraschend mit einem Trompeter zusammen. Ein ungewöhnlich atmosphärischer Song. Geoff Bartley's CD "Put the Big Stone Down" ist ein gut gelungenes Americana-Album mit Mut zu variationsreichen musikalischen Experimenten.
© Karsten Rube


Betina Ignacio "Azul"
Bê Musica GbR, 2011

www.be-musica.com

Betina Ignacio ist gebürtige Brasilianerin, lebt aber in Konstanz. Ihre Musik kann man genauso gut am Tag, wie in der Nacht hören und sie passt ebenso gut dazu, sich die Sommertage zu versüßen, wie sich mit ihnen durch die kalten Tage hindurch zu trösten. Auf "Azul" treffen sich also Gegensätze, die die Sängerin mit einer selbstverständlichen Leichtigkeit bei Seite fegt. Ihre Vorbilder kann man deutlich heraushören. Natürlich gehört Gilberto Gil dazu, aber auch AL Jarreau und die sentimentale Dauerliebkosung einer Sade ist Betina Ignacio ebenso vertraut. Mit diesem Album kommt sicher besonders gut durch die Abendstunden. "Azul" beschreibt die Zeit der Dämmerung, wenn die Farbe des Himmels in den schönsten Blautönen badet. Betina Ignacio experimentiert auf ihrer CD mit Stimmungen. Sind die ersten 10 Titel ganz im Stil der Musica Popular Brasileiro produziert, also deutlich auf sich bewegende Füße abgerichtet, so ist der zweite Teil der CD ruhig und beschaulich, eher dem Geist der Bossa Nova verpflichtet. interessant ist dabei vor allem, das sie im zweiten Teil die selben Songs wie im ersten verwendet, nur deutlich gebremst. je nach Stimmung entscheidet man sich für die erste oder die zweite Hälfte oder hört beide nach einander und wird dabei immer ruhiger. Die Gelassenheit, die diese Musik ausstrahlt, schafft es, selbst den morgendlichen Berufsverkehr mit einem entrückten Strahlen zu bewältigen.
© Karsten Rube


Iki "Iki"
ILK, 2011

www.ikivocal.com

Zwei Dinge wage ich zu behaupten, mindestens eins davon ist wahr. Erstens: ich habe keine Ahnung von Vokalmusik, zweitens, die CD "Iki" ist Vokal-Punk. Belassen wir es bei erstens, dann ist die Rezension hier zu Ende. Schauen wir bei zweitens weiter, so bleibt in der Zusammenfassung des Werkes der norwegischen Damen zumindest fest zu halten, dass sich wunderschöne Stimmen zu diesem Vokalprojekt zusammengefunden haben. Nach dem Einführungsgestöhne ist mit dem Titel "Andartakid" ein ganz harmonisches Stück gelungen, sehr nordisch, sehr geheimnisvoll und beruhigend wirken die Stimmen, beinahe elfenhaft. Doch nachdem es ihnen gelungen ist, mit diesem ersten Song, Aufmerksamkeit zu gewinnen, werden die Klänge zunehmend verstörend. Manch Tonhöhe wird schmerzhaft erklommen. Ist der accapella-Begleitgesang noch harmonisch, kreischt und heult eine Stimme permanent "I miss you so much". Tut mir ja leid, aber muss ich das wissen? "The Mermaid and the sailor" heißt das Lied und es will einfach nicht enden. "Crazybird" ist entspricht stellenweise dem Einsingen hinter der Bühne. Mit "Muisto" kann ich genauso wenig anfangen, wie mit manch Stimmcollage von Manhattan Transfer - und die mag ich sonst ganz gern. Der Titel "Escape" ermutigt mich geradezu genau das zu versuchen. Danach ist es nur noch anstrengend festzustellen, was man mit Stimmen alles anstellen kann. Husten oder simulierter Brechreiz als musikalisches Stilmittel einzusetzen, wie in "Quisanadolele" maf zwar eine Herausforderung sein, aber keine, die irgendwer auf CD benötigt. Über das Lied "Raccoon's Lullaby" kann ich nur sagen, das ich schon Schafe harmonscher blöken hörte. Mit dem letzten Song der CD treffen sie dann wenigstens mit der Titelgebung ins Schwarze. "Unison Frustration" heißt es und das bliebe nach dem Hören der übrig, würden die Damen am Schluss der mit knapp vierzig Minuten immer noch zu langen CD schallend lachen. Ich vermute, sie haben in bester Tradition des Punk alles ins Absurde gedreht, was geht und machen sich über den Gesang, wie über den Hörer gleichermaßen lustig. Aber vermutlich wird eher die erste Behauptung vom Beginn der Rezension zutreffen.
© Karsten Rube


Yo Yo Mundi "Munfra"
Felmay, 2011

www.yoyomundi.it

Yo Yo Mundi sind in der italienischen Musik bei Weitem keine Unbekannten mehr. "Munfra" ist bereits ihr zehntes Album. Grund genug, dieses Jubiläum nicht allein zu feiern. Zahlreiche Musiker der italienischen Folkszene versammelten sich im Studio, um gemeinsam eine Mischung aus Volksweisen und modernen Rhythmen zusammen zu rühren. Gelungen ist es den Musikern mit der CD "Munfra" sehr gut. Da hört man einfache Baladen, fast mittelalterlich wirkende Tanzmusik und Landarbeiterschlager. Gelungen ist vor allem der Titelsong "Munfra" Hier treffen rockige Töne auf Drehleiermelodien. Eine Fusion, die an die okzitanische Elektro-Minne von Gai Saber erinnert. Großartige Momente erlebt man auf der CD vor allem bei den ruhigeren Songs. Hier sei besonders "Il Grande Libro Dell'ombra" erwähnt, ein gefühlvoller Song, der zudem vom spanischen Gaitaspiekler Hevia unterstützt wird. Das Album "Munfra" ist auf dem italienischen Label Felmay erschienen, dem die Folkmusik bereits eine ganze Reihe wunderbarer Produktionen italienischer Musik zu verdanken hat.
© Karsten Rube


Kirsten Thien "Delicious"
Screen Door Records, 2011

www.kirstenthien.com

Selten war die Behauptung, Blues sei Musik für alte Männer so unangebracht, wie im Fall von Kirsten Thien. Mit heftigen Rhythm&Blues auf den Gitarrensaiten und einer herausfordernden Stimme, entfacht sie ein musikalisches Feuerwerk, wie es von amerikanischen Bluesmusikern in den letzten Jahren eher rar geworden ist. "Delicious" ist das dritte Album Thiens. Elf Songs spielt sie darauf, weitgehend eigene Kompositionen. Lediglich der Song "Taxi Love" stammt von Jon Tiven und Charlie Feldman. Hier haben sich ein Komponist und ein Geschäftsboss der BMI, der amerikanischen Form der GEMA, erfolgreich zusammen getan und ein Radiohit geschrieben, der Kirsten Thien wohl ein paar Hitnotierungen in den USA bescheren dürfte. Das ist allerdings bei Weitem nicht der beste Song der CD. "Ain't that the Truth" gehört mit seiner leichten Gospelnote schon eher zu den Highlights der CD. "Wild Women Don't have the Blues" ist die beste Bluesnummer der CD, wobei ausgerechnet der eine Coverversion eines Blues von Ida Cox aus den zwanziger Jahren ist. Hier fühlt man sich wage an Aretha Franklin erinnert. Einfach und geradlinig eingespielt, voluminös gesungen und alles andere als schmusig ist diese klassische Hymne des weiblichen Blues. Ähnlich eindringlich singt sie "Please Drive". Kirsten Thien zeigt mit der CD "Delicious" manch altgedienten Bluesheroen, wie munter und sexy Blues sein kann.
© Karsten Rube



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