FolkWorld Ausgabe 33 05/2007; Kolumne (zusammengestellt von Walkin' T:-)M)
Die FolkWelt zwischen Harz und Heide (8)
Folk '69 - Wilde Töne '07
Mit dem Festival Wilde Töne kommt wieder Leben in die Braunschweiger Folk-Szene. Dabei gibt es durchaus eine Tradition, an die es anzuknüpfen lohnt. Der Club FOLK 69 machte in den 70er-Jahren (wie damals z.B. auch in Münster -> FW#27) Braunschweig etwas bunter. H.-W. Fechtel lässt in seiner Chronologie das Folk-Geschehen in Braunschweig Revue passieren.
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1968: Nach einem Konzert von Franz-Josef Degenhardt [-> FW#23] im Audimax der Technischen Universität entsteht die Idee, einen regelmäßigen Treffpunkt und Veranstaltungsort für Folkmusik in Braunschweig zu schaffen. In einer Kneipe bei St. Ägidien wird die Idee ein halbes Jahr später realisiert. Hier finden erste Sessions unter Beteiligung von Folkgruppen und Solisten aus Braunschweig und Umgebung statt (u.a. The Balladeers, Günter und Isabell, Lothar Hampe).
1969: Zusammenschluss von ca. 20 Amateurmusikern und -musikerinnen zum Folkclub FOLK 69. Gemeinsame Konzertaktivitäten der Musiker in Wolfsburg, Hildesheim, Göttingen, Hameln und Goslar mit internationaler Folklore, Chansons, Bänkelsongs, Moritaten und zeitkritischen Liedern. Von Anfang an mit dabei als Promotor und Organisator: Hansi Dobratz.
Im April 1969 Beginn der Veranstaltungen mit gemischten Musikprogrammen in Braunschweig im Haus der Jugend (Neustadtmühle). Bis Jahresende folgen dort ausverkaufte Gastspiele, u.a. mit Schobert & Black, Reinhard Mey [-> FW#25], Hannes Wader [-> FW#32], Verena & The Kilgarry Mountain Singers und der Red Onion Jazz Band.
1970: Im Februar erstes Folksong-Festival in Braunschweig mit 11 Solisten und Gruppen aus Braunschweig, Salzgitter, Göttingen, Hannover und Gifhorn. Mit Auftritten von Hanns-Dieter Hüsch und Insterburg & Co erweitert sich das Spektrum in Richtung Kabarett und Nonsens.
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Regelmäßige Gastspiele von Musikern aus Berlin und Durchführung von Workshop-Konzertabenden. Der Lokalchef der Braunschweiger Zeitung, Karl-Joachim Krause, berichtet regelmäßig und zunehmend positiv über die Konzerte der Folkgrößen.
Im November 1970 eigener Gruppenraum von FOLK 69 im Haus der Jugend.
1971: Im Mai Veranstaltung Folklore der besten Gruppen im Haus der Jugend; erster Auftritt der neuformierten Folk-Family (Ex-Balladeers). Im Oktober Eröffnung des Freizeit- und Bildungszentrums (FBZ) Bürgerpark mit einem riesigen, von Hansi Dobratz zusammengestellten Musikprogramm.
Im November erstes Braunschweiger Folk-Meeting im FBZ Bürgerpark, u.a. mit Angelika Behre (Göttingen), Corner Boys (Bremen), Horst Koch (Köln), Twenty Feet Below (Hannover), Kilgarry Mountain Singers (Hamburg).
1972: In Braunschweig ist eine Folk-Gemeinde herangewachsen. Die Veranstaltungen des Clubs sind fast immer ausverkauft. Neue Musiker stoßen zum Club.
Vier Jahre nach dem letzten Treffen auf Burg Waldeck [-> FW#32] wagt man sich im Juli an ein Festival mit bundesweiter Ausstrahlung. Das legendäre Folk-Meeting '72 hat fast 2000 BesucherInnen und präsentiert internationale Folkgrößen wie Eddie & Finbar Furey [-> FW#9], John Pearse, Tom Paley, Derroll Adams, Colin Wilkie & Shirley Hart, Hannes Wader, Ulrich Roski, Leinemann, Ray Austin, die noch unbekannte String Band. Moderiert wird sie von Knut Kiesewetter und Manfred Bonson (NDR). Die Tontechnik besorgt Günter Pauler.
| 2007: Die Gedanken sind frei ... Unlängst noch hat sich Braunschweig als Europäische Kulturhauptstadt beworben, wobei sich auf Lessing & Toleranz berufen wurde. Nun wurde auf Geheiß des Oberbürgermeisters der bekannte Autor Hartmut El Kurdi zur unerwünschten Person erklärt. Mitarbeiter der Stadt dürften nicht mehr in offizieller Funktion an Veranstaltungen teilnehmen, bei denen El Kurdi zugegen sei. Der hatte wiederholt auf die frühere NPD-Mitgliedschaft des Stadtoberhauptes hingewiesen. Vor dem Rathaus wurde daraufhin für die Kunst- und Meinungsfreiheit demonstriert. Die Teilnehmer trugen Papiermasken mit der Aufschrift "Unperson" und "Mundtot" und sangen, summten und pfiffen das Lied "Die Gedanken sind frei". [wt] |
Im Herbst eröffnet der Folk-Keller im FBZ seine Tore, wo jeden Freitag Konzerte stattfinden (oft Einzelauftritte von Mitwirkenden des Folk-Meetings). Im Oktober macht Hannes Wader im FBZ die Generalprobe für seine bundesweite Tournee.
1973 und 1974: Erneute Festivals mit noch größerem Publikumszuspruch, auch von Folkfans aus Hamburg, Berlin und anderen Großstädten. es finden vermehrt Workshops und Sessions statt. Das Braunschweiger Folk-Meeting gehört zu den ersten Adressen in der Republik.
ab 1975: Nach dem Ausscheiden von Hansi Dobratz aus dem Club, Fortsetzung der Festivals als dreitägiges Folk-Weekend.
FolkWorld empfiehlt ...
Wilde Töne, 8.-10. Juni 2007, Braunschweig
www.folk-music.de |
Freitag, 8. Juni 2007 - Folk Night
- Brunsviga: Playing Irish mit Auryn, Spinning Wheel, whirli gig [-> FW#20]
- Fadenscheintheater: Südwind mit Watignoma, Indigo, Quiet Earth
- St. Pauli-Kirche: Wüste Poeten mit Saitenwind, Bernie Conrads & Pankraz [-> FW#31]
- Stadtparkrestaurant: In den Schluchten des Balkans mit Banda Communale, Tam Tam Combony, Vasile Gutman Ensemble
- Sukiyaki: Cros'sing' Borders mit Dun Aengus [-> FW#30, FW#32], Piper's Wine
Samstag, 9. Juni 2007 - Folk Meeting
- Asphaltkonzert mit The Irish Folk Session (Dun Aengus, whirli gig u.a.), Watignoma und der Allerwelt's Chor, Orchester der Brunsviga, Balkan Connection
- Kinderprogramm mit Unmada und die Piratenband [-> FW #32]
- Werkstätten: Fiddle, Fingerpicking, Lust auf Lieder, Djembe Drumming
- Tanzhaus
- Konzert Wanderratten - das Lied der Straße mit A Glezele Vayn, Mabon, Banda Communale
Sonntag, 10. Juni 2007 - Folk Brunch
- Ausklang im Stadtparkrestaurant mit A Glezele Vayn
Folk on the Water, 14. Juli 2007, Salzgitter
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3. Folk-Festival Salzgitter 14.07.2007, 19 Uhr 30 im Waldschwimmbad SZ-Gebhardshagen Change Partners [-> FW#32] Dun Aengus [-> FW#30, FW#32] www.waldschwimmbad.info |
Selbiges findet am Samstag, den 14. Juli 2007, nun schon zum dritten Mal im Waldschwimmbad in Salzgitter-Gebhardshagen statt. Drei exquisite Bands spielen deutsche, irische und amerikanische Folk-Musik der Spitzenklasse.
Badehose nicht vergessen! Es verspricht wieder einmal, ein heißer Abend zu werden.
Aber von der Musik erhitzte Gemüter dürfen sich in den Schwimmbecken abkühlen.
| Außerhalb Salzgitters weiß kaum jemand, dass die Stadt – bzw. der heutige Ortsteil Salzgitter-Bad – im 19. Jhd. als Musikstadt weltbekannt war. Salzgitter überragte, was Anzahl der Musikanten und Ausdehnung ihrer Musikreisen betraf, sämtliche Orte dieser Erde. Der Grund dafür war der wirtschaftliche Niedergang der Salzsieder-Stadt. Die verarmte Bevölkerung entdeckte das Straßen-Entertainment als Erwerbsquelle und griff zum Wanderstab. 1800 waren gerade mal 16 Musiker bezeugt, 1845 gab es 74 Kapellen mit 4 bis 8 Mitgliedern. Die Musiker bezeichneten sich selbst als Klesmer, jiddische Klezmermusik wurde aber nicht gespielt. Die einfachste Besetzung bestand aus Geige und Harfe. Die meisten spielten in Blas-Orchestern, auch einzelne Dudelsack-Kapellen sind nachweisbar. Ende des 19. Jhds. verlor das Wander-Musikantentum an Bedeutung. Grammophon und Rundfunk lösten die Live-Musik ab. 1959 starb mit dem 85jährigen Harfenspieler August Söchtig der letzte Aktive. Heute erinnern nur noch ein Denkmal in der Ortsmitte, eine Big-Band und das alljährlich stattfindende Klesmer-Festival an das musikalische Erbe. Sechs bis siebentausend Stadtkinder haben in aller Herren Länder geklesmert – am russischen Zarenhof, vor den Toren Mekkas, im Wilden Westen Nord-Amerikas als auch im australischen Outback. Die Wanderratten haben dabei Abenteuer erlebt, die der Phantasie Karl Mays entsprungen sein könnten. [-> FW#29] |
Weitere Termine
15.-16. Juni 2007 Festival der Klesmer und Weltmusiker, Salzgitter-Bad
www.salzgitter.de3.-4. November 2007 Folk'n'Fusion Festival, Hildesheim
folk.trillke.net10. November 2007 Folkmusic Festival, Wolfsburg
www.folkfestival-wolfsburg-2007.de
Die FolkWelt zwischen Harz & Heide #7 (FW#32)
Die Chronologie von H.-W. Fechtel wurde mit freundlicher Genehmigung dem Programmheft des Wilde Töne Festivals 2007 entnommen.
Photo Credits:
(1) Dán (by Walkin' T:-)M);
(2) Iontach (by Walkin' T:-)M);
(3) Wilde Töne Festival (Festival-Plakat);
(4) Gudrun Walther, Deitsch (by Walkin' T:-)M).
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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 05/2007
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