Ausgabe 22 06/2002
FolkWorld CD-Besprechungen
Sperris & Wicca "Polyvonne"
Label: Eigenverlag; 2002; Spielzeit: 48.25
min
Das Duo Sperris & Wicca (siehe auch
FW#19)
setzt mit ihrem zweiten Album den altbewährten Kurs fort (unter Auswechslung
des Gitarristen). Das Nachfolgewerk ist nach der schönen gleichnamigen Ballade
benannt, die auf der ersten CD zu finden war. (Warum muss man schon selbst herausfinden.
"Polyvonne" ist eine Variante von "Polly
Vaughn", ein Jägersmann erschießt seine Liebste, die er mit einem Schwan
verwechselt. Das scheint öfter vorzukommen, bedenkt man die Anzahl der entsprechenden
Lieder.) Reduziert auf Gesang und Gitarrenbegleitung graben Sperris & Wicca
nach Wurzel und Seele Irlands, Schottlands, Cornwalls und Northumberlands. "I
Once Loved a Lass", "Bonnie
Ship The Diamond", "Lovers",
"Bobby Shaftoe". Mit fünf
Eigenkompositionen wird das ansonsten traditionelle Repertoire erweitert. Manchmal
wünschte ich mir einmal ein Melodieinstrument zur Verstärkung (eine vorsichtige
Geige findet sich bei "Bard
of Armagh"). Insbesondere die Zwischenspiele wirken doch etwas blutleer,
so bei "Rattlin'
Roarin' Willie" (welches Robbie Burns
für seinen Freund William Dunbar vom "Crochallan Fencibles"-Junggesellenverein
adaptiert hat), das andererseits mit einem wunderbar treibenden Bass aufwarten
kann.
Sperris & Wicca
Walkin' T:-)M
Danny Guinan & Red "If I was wise"
Label: Own;
CAT No. FP3; 2002; Spielzeit:50.39 min
Es muss wohl schon mehr als 10 Jahre her sein, als die irische Band Speranza
durch Deutschland getourt sind, und mich mit ihrer einzigartigen Mischung von
irisch-basierter Musik, Roots-Pop Songs und europäischen Musikeinflüssen
direkt zu einem Fan gemacht haben. Ihr darauf folgendes Album, "About Time"
von 1995, kann als eines der innovativsten und spannendsten Alben modernen irischer
Folkmusik der letzten Jahre gezählt werden, wenngleich es in den Medien
und bei Folkfans nicht den Durchbruch geschafft hatte. Speranza lösten
sich wenig später auf, und Frontsänger Danny Guinan zog in die Niederlande,
wo er sich dann allmählich einen Ruf als Solo-Musiker erarbeitete.
Dieses ist das zweite Album Danny Guinans, das er in Holland aufegnommen hat.
Seine Band "Red", mit holländischen Musikern, beweist sehr viel
Talent und Geschmack, so dass "If I was wise" leicht an Speranza-Zeiten
erinnern und anknüpfen kann. Danny's Gesang steht immer im Vordergrund
der Musik. Alle Lieder der CD sind von ihm selbst geschrieben und in Ko-operation
mit dem Bassisten Ronald De Jong arrangiert. Sie haben oft Ohrwurmcharakter,
mit einprägsamen Refrains. Die Arrangements sind gelungen, zum Teil sogar
genial; im musikalischen Vordergrund stehen oft eine gekonnt gespielte Fiddle
(Siard de Jong) oder ein Akkordeon (Onno Kuipers). Die Rhythmus-Abteilung besteht
aus Drums, Kontrabass und Gitarren.
Ein äußerst gelungenes Album von hervorragendem keltischem Folk-Pop,
mit der gewissen speziellen Atmosphäre. Sicherlich ein Anwärter für
die Herausgeber-Top 10 2002.
Band/Musiker-Homepage: www.dannyguinan.com,
Kontakt: DBProductions@zonnet.nl
Michael Moll
Various Artists "The Future Sounds of Gaeldom"
Label: Survival Records; surcd026; 2002; Spielzeit:
63.43 min
Am Ende des 20. Jahrhunderts hat Schottland einige der spannensten Fusionen
von traditioneller keltischer und moderner Musik hervorgebracht. Viele der Modern
Folk Bands, die im letzten Jahrzehnt entstanden sind, kombinieren auf geniale
Weise Traditionen mit diversen Musikstilen. "The Future Sound of Gaeldom"
präsentiert einen gelungenen und durchaus repräsentativen Querschnitt
von 15 der wohl herausragendsten Bands zusammen, fast alle davon stammen aus
Schottland. Zu den Highlights gehören nach meinem Geschmack die Folk Trance
Bands Tartan Amoebas, Shooglenifty, Peatbog Fairies, feiner Folkrock von Croft
No.5 und Michael McGoldrick, die Salsa-Schotten Salsa Celtica und das geniale
Duo Nusa (Malcolm Stitt und Rory Campbell). Einige Stücke, wie z.B. Capercaillie's
Remix "Inexile", treffen nicht ganz meinen Geschmack. Dennoch ist
dies ein äußerst gelungener Sampler, der bei den meisten Künstlern
auch sehr typische Stücke bzw. Höhepunkte ihrer CDs ausgewählt
hat.
Für jeden, der nur wenige der Gruppen bisher entdeckt und Lust auf mehr
hat, ist dieser Sampler ein Muss. Aber selbst für Fans, denen so gut wie
alle Namen der CD schon geläufig sind, ist dieser Sampler aufgrund seiner
gelungenen Zusammenstellung durchaus eine Empfehlung wert. Übrigens auch
hervorragend als Geschenk geeignet, um bisher eher Folk-kritische Freunde zu
bekehren...
Deutscher Vertrieb: Indigo CD1478-2
Michael Moll
Session Project
"Demo"
Label: Own; 2002; Demo
Es passiert etwas in der deutschen Irish Folk Szene. In der letzten Zeit haben
sich gleich mehrere neue Irish Folk Bands formiert, die einige der besten Irish
Folk Musiker Deutschlands zusammen bringen. Das Session Project ist eine dieser
Bands. Dabei sind als gut bekannte Gesichter der Szene Tobias Kurig (Bouzouki)
von Shanachie, Stephan Schneider (Geige) von Limerick Junction und Claus Steinort
(Flute). Hinzu kommen mit Tina Fastje eine zweite Geige, Bodhran-Spielr Benedikt
Terrahe und Sängerin und Flötenspielerin Sandra Gunkel. Das Zusammenspiel
ist sehr dicht und lebendig; die Qualität hervorragend. Die Demo-CD enthält
4 Tunes sowie ein Lied ("Susanna Martin"), live aufgenommen in der
LAgerhalle Osnabrück in Herbst 2001.
Irische Musik von so hoher Qualität, die selbst einige irische Musikerkollegen
erblassen lassen könnte. Look out for them!
Homepage: www.blarge.de, Kontakt: tobias.kurig@talknet.de
Michael Moll
Drones & Bellows with Brian McNeill "The
dancing dog"
Label: Go;
No.GO0601; 2001; Spielzeit: 49.41 min
Drones & Bellows haben sich in Norddeutschland und Südskandinavien
schon einen hervorragenden Namen erspielt, und gelten als eine der herausragendsten
Scottish/Irish Folkbands aus Dänemark. Fans hat die Band auch auf den Inseln
- Brian McNeill ist schon seit langem Freund und gelegentliches sechstes Bandmitglied;
und Ian McCalman erklärt sich in einem Grußwort in der CD auch als
Fan der Band; mit den Worten: "I tried to count the number of istruments
that the members of "Drones & Bellows" play but I ran out of fingers...".
In der Tat ist die Zahl der auf dieser CD zu hörenden Instrumente zu groß,
um hier voll aufgelistet zu werden. Um einige der wichtigesten Instrumente zu
nennen: Diverse Akkordeons, Flöten, Smallpipes, Percussion und Saiteninstrumente.
Auch auf dieser CD ist Brian McNeill als Gast zu hören, auf Fiddle, Concertina,
Bouzouki und Banjo.
Das Material auf dieser dritten CD von Drones & Bellows zeugt von der Reife,
die diese Band erreicht hat - fast alle Stücke, sowohl Lieder als auch
Tunes, sind von Drones & Bellows selbst komponiert worden. Die meisten dieser
Stücke klingen zwar weitgehend keltisch, aber nehmen oft auch ein dänisches
Element auf - sowohl musikalisch als auch in den Titeln oder den Liedtexten.
Einige der Stücke sind so beeindruckend, dass man nur darauf warten kann,
dass sie in das keltische Standardrepertoire aufgenommen werden. Der Gesang
mag etwas schwach sein, dennoch kann er sich sehen lassen. Mit Exil-Schottin
Pamela Naylor haben Drones & bellows auch einen Native Speaker, aber auch
die Jütländer und der eine Friese haben ihren Gesangs-Part.
Definitv das beste Album der bisherigen Drones & Bellows Diskografie, und
ein Album, dass sich auch in der internationalen Szene sehen lassen kann.
Band/Musiker-Homepage: www.drones-bellows.dk,
Kontakt zum Label: go@folkmusic.dk
Michael Moll
"Celtic Mystique - Women of song"
Label: Tandem
Music Group/Etherean Music;
No. 6101-2; 2002; USA; Playing time: 60.12 min
Relativ geschmackssicher ist die Auswahl der Stücke für die CD “Celtic Mystique
- Women of songs”, die auf dem Etherean-Music Label erschien. Das Album vereint
zwölf Vocalistinnen aus dem Bereich der keltisch orientierten Musik. Alle haben
sich bereits als Solokünstlerinnen oder Sängerinnen in bekannten Celticfolk
und -popbands einen Namen gemacht. So finden sich auf der Compilation bekannte
Namen, wie der der Schottin Moira Kerr, die für die BBC-Serie “Where Eagles
Fly” den Titeltrack lieferte und sich damit in zahlreiche britische Wohnzimmer
sang. Elyra Campbell, kanadische Sängerin führt recht eindrucksvoll ihr Können
als Vertreterin der Mouthmusic vor und Pippa Marland, Weltenbummlerin und Gründungsmitglied
der Celtic-Fusion-Band Carmina bringt mit “Bird of Paradies” einen der ambitionierten
Songs der jüngeren Celtic-Pop-Szene zu Gehör. Lediglich die zu Tode interpretierten
Lieder “Loch Lomond” und “Danny Boy” erfahren durch die Neuinterpretierung auf
der CD keine Wiederbelebung. Insgesamt sehr hörenswert, aber leider nicht neu,
da eine fast identische Auswahl bereits 1998 auf dem Sattva-Label unter dem
Titel “Barrachash” erschienen ist.
Karsten Rube
"Musik der Spielleute Teil 4 - Zeitenwende"
Label: Verlag
der Spielleute; CD 0104 / ISBN 3-927240-63-x; Deutschland; 2001; 16 Tracks;
73:16 min
Der Verlag der Spielleute legt mit der CD “Zeitenwende” die nunmehr 4 Folge
ihrer Jahresproduktionsübersicht der Musik der Spielleute vor. In 16 Titeln
wird ein repräsentativer Überblick über die Musikgruppen gegeben, die in den
Jahren 2000 und 2001 unter diesem Label CD’s auf den Markt brachten. Diese Musik
auf den Markt zu bringen, gestaltet sich schwierig, da viele der Gruppen sich
kaum in ein Schema einordnen lassen, die herkömmlichen Musikverlagen halbwegs
profitabel erscheinen. Bordunmusik, wie sie hier präsentiert wird, ist nun mal
nicht Laden- oder Radiotauglich. Bordunmusik lebt vom Lifeerlebnis, meist auf
Folkfesten und Mittelalterspektakeln, ist also Musik, die sich am besten in
einem bestimmte Atmosphäre einpassen lässt. So findet sich auf der CD Vielfältiges.
Die MoreMaids z.Bsp., eine Irish-Folk Frauenband aus Esslingen, die sich durchaus
mit Gruppen wie den Poozies messen können. Doch auch für den Volkstanz kann
man eine gute Auswahl auf der CD finden. Folkmusik aus dem Norden Deutschlands
trifft sich mit bretonischem Tanz. Pilgerermusiken aus dem Mittelalter treffen
auf Kirchengesänge und immer wieder ertönt die einfache Musik der Spielleute,
wie sie auf den Straßen musiziert wurde und auch heute gespielt wird, so das
erlaubt wird. Eine gelungene Zusammenstellung alle Mal.
Kontakt zum Label: verlag@spielleute.de
Karsten Rube
Proposisón "Amame"
Label: Endirecto;
LC00710; 11 Tracks; 2002; Kuba; Spielzeit: 45:09 min
Als sich das kleine abgeschottete Kuba vor einigen Jahren musikalisch der Welt
öffnete, hatte es nicht erwartet, damit eine Welle loszutreten, die mich manchmal
wünschen lässt, es hätte sich still verhalten. Tatsächlich kommt heute kaum
ein Radiosender mehr, ob weltmusikalisch, klassisch oder poporientiert, ohne
ihre persönliche kubanische Nische aus. Selbst Schlagerpascha Dieter-Thomas
Heck schreckte nicht davor zurück von seinem guten Freund Compay Segundo zu
glubbern. Bei der Vielzahl ähnlich klingender Produktionen, die aus Kuba herüberschwappen,
geht mir persönlich schnell die Hand an den Ausschalter. Nicht so bei der Debüt-CD
“Amame” des Sextetts Proposisón. Das liegt zum Teil am Son, den die Musiker
beherzt zu spielen in der Lage sind. Zum anderen sind die außergewöhnlichen
Stimmen der Sänger dafür verantwortlich, dass diese kubanische Musik anders
klingt, als das gewöhnliche Geklapper mit kubanischem Aufkleber. Die Musiker
warten mit klassischer Gesangsausbildung auf. Der fünfstimmige Chorgesang vermittelt
dem Hörer den Eindruck einem besonderen Hörerlebnis beizuwohnen. Ihr Repertoire
aus Boleros, Sons und Guarachas schöpft aus den Quellen kubanischen und lateinamerikanischen
Liedgutes. Die geschickten Arrangements des Bandleaders Miguel Aza glätten die
Kanten und lassen den Übergang von Traditionellem und Zeitgenössischem fließend
erscheinen. Die CD wirkt auffallend frisch und gutgelaunt und hebt sich damit
angenehm von anderen kubanischen Produktionen der letzten drei Jahre ab. Als
Endirecto Proposisón in sein Produktionsprogramm genommen hat, bewies dieser
kleine Kulturprojektförderer einmal mehr Geschmack und ein sicheres Händchen.
Kontakt zum Label: info@endirecto.de
Karsten Rube
Hauk Buen -Norwegian Hardanger Fiddler "Bridal
March"
Label: Global
Village; CD817; 2001; 24 Tracks; Norwegen; Spielzeit: 60:03 min
In Liedern und Tänzen das Leben darzustellen und es sich damit auch ein Stück
erträglicher zu machen, das ist von Alters her ein Grundbedürfnis der Menschheit.
Nicht anders ergeht es den Menschen in der Provinz Telemark, im Osten Norwegens.
Dabei kamen die unterschiedlichsten Instrumente zum Tragen. Das wohl eigentümlichste
stellt die in dieser Region gebaute Hardanger Fiddle dar. In filigraner Handarbeit
mit Intarsien belegt, geschmückt mit Tintemalereien mystischer Elemente - zumeist
Drachen oder Löwen - weist sie noch eine Besonderheit auf, die sie von der herkömmlichen
Geige unterscheidet. Sie ist Neunseitig. Hauk Buen gehört zu einer Familie,
in der seit Generation dieses besondere Instrument gebaut wird. Natürlich wissen
die Buens die Hardanger Fiddle zu spielen und Hauk Buen gewann mehrere norwegische
Musikwettbewerbe in der Kategorie Bester Musiker auf einem traditionellen Instrument.
Die CD “Bridal March” des auf das Sammeln von weltmusikalischen Seltenheiten
spezialisierten amerikanischen Global Village Labels beinhaltet eine umfassende
Sammlung von Liedern und Tänzen der Region aus den letzten 300 Jahren, allesamt
gespielt von Hauk Buen auf der Hardanger-Fiddle. Für Musiker, die auf diesem
oder einem artverwandten Instrument zu spielen in der Lage sind, dürfte es eine
recht informative CD sein.
Karsten Rube
Susana Seivane "Alma de Buxo"
Label: Colección
do fol nr.28/ BOA1002028; Galicien 2002; 13 Tracks; Spielzeit: 47:26 min
Man täte ihr Unrecht, würde man Susana Seivane als eine von vielen galizischen
Dudelsackspielerinnen bezeichnen. Unter den jungen Musikerinnen der galizischen
Musikszene, sticht Susana Seivane besonders hervor. Zum einen besitzt sie den
Charme einer jungen unverbrauchten und überaus talentierten Musikerin, die mit
ihrem Publikum zu kokettieren weiß, zum anderen beeinflusste sie ihr familiärer
Hintergrund massiv, der ihr den Dudelsack bereits in die Wiege legte. In ihrer
Familie lebt seit Generationen die Tradition der Dudelsackherstellung. Eine
lange Linie von Gaitabauern und -spielern sorgte dafür, dass sie nicht nur ein
quietschendes Plüschtier, sondern auch eine quietschende Gaita ankuscheln konnte.
Entsprechend innig ist ihr Verhältnis zur Musik Galiziens. Nachdem sie sich
mit ihrem Debütalbum in die Herzen der europäischen Festivalbesucher geblasen
hat, erschien nach einer längeren Pause ihr zweites Album "Alma de buxo". Der
Buxo, der Buchsbaum, ist der Baum dessen sehr hartes Holz das beste Material
für die Pfeifen des galizischen Dudelsacks liefert. Entsprechend ist der Titel
"Die Seele des Buchsbaumes" das Synonym für den Geist, der in diesem Instrument
lebt. So hervorragend Susana Seivane diesen Geist auch beherrscht, insgesamt
wirkt das Album ein wenig unentschlossen. Während sie in der ersten Hälfte recht
modern und peppig neue, ungewohnte Rhythmen anzustimmen weiß, sogar lateinamerikanische
Anklänge hören lässt, wird sie zum Ende hin etwas behäbig. Der amüsanteste Track
der CD findet sich im Titel “Rumba para Susi”. Stark schunkelverdächtig hat
der Komponist Ernesto Campos während eines Kneipenbesuches eine Rumba für die
Agrupación Musical Harmonía komponiert. So klingt die Rumba wie eine Mischung
aus Dorffest mit Blaskapelle und amerikanischer Westernserienmusik der Sechziger
Jahre. Am Ende von “Alma de buxo” konnte ich den Geist des Buchsbaumes wage
erkennen. Schade, dass er sich nach dem Hören der CD sofort wieder verflüchtigt.
Band/Musiker-Homepage: www.susanaseivane.com
Karsten Rube
Berrogüetto "Hepta"
Label: Colección
do fol/BOA; 00105010; Galicien 2001; 13 Tracks + 1 Hidden Track; Spielzeit:
54:24 min
Die Zahl Sieben ist eine der mystischen Zahlen der Menschheit. Sie steht für
Glück, aber auch für die Todsünden, für die sieben Töne und in diesem Fall für
die Anzahl der Musiker der galizischen Gruppe Berrogüetto. Ihr drittes Album
heißt bezeichnenderweise “Hepta” - Sieben. In der spielerischen Phase der Namenssuche
für das neue Album stolperte die Band über die Zahl Sieben und trieb es dabei
so weit, die Titel nur bis zum Siebenten zu nummerieren. Die restlichen Titel
verzierten sie mit den Nummern 7.1, 7.2 usw.. Wer also beim Albumtitel ein Konzept
sucht, ein mystisches Hintergrundrauschen, sieht sich enttäuscht. Wer sich jedoch
auf die Musik der Gruppe einlässt, dürfte kaum Enttäuschung verspüren. Die überaus
aktiven Musiker, die in der galizischen Musikszene bei einer Vielzahl von Produktionen
ihre flinken Finger rühren - ob musizierend oder produzierend - leisteten auch
bei ihrem ureigensten Bandprojekt beste Arbeit. Jeder der sieben Musiker ist
für sich ein hervorragender Solist. Das ist, zur Ensemblesession ausgeufert,
manchmal zu viel des Guten. Hervorzuheben sind auf diesem Album der Violinist
Quim Fariña, dessen Geige an seinem Hals festgewachsen zu sein scheint und die
Sängerin Guadi Galego, eine der großen galizischen Stimmen. Leider erweist sich
auch “Hepta” nicht als der probate Raum, der ihr zusteht. Hier kommt sie eindeutig
zu kurz. "Hepta" spart nicht mit innovativen Elementen. Berrogüetto verschafft
mit der Verschmelzung von traditionellen und modernen Klängen der europäischen
Folkszene einen weiteren richtungsweisenden Höhepunkt. Das Album fasziniert
letztlich auch durch die musikalische Vielfalt, zu der die Gruppe dank zahlreicher
anders gearteter Projekte der einzelnen Bandmitglieder heute fähig ist. Die
aufwendige Covergestaltung - die CD erscheint in einer bunten Pappschachtel
- springt aus in jedem Plattenregal sofort ins Auge und sollte zusätzlich für
gute Verkaufszahlen sorgen.. Erneut großartiges musikalisches Vermögen aus dem
an wunderbarer Musik nicht eben armen Nordwesten Spaniens.
Band Kontakt via: Nordesia Produccion,
Kontakt: info@nordesia.com
Karsten Rube
Anubía "Segredo a voces"
Label: Boa
MusicColeccíon do fol; BOA 10002024; Galicien 2001; Spielzeit: 43:30 min
Die Gesänge der Pandereiteras gehören zu den wichtigsten Pfeilern galizischer
Folkmusik. Eine Eigenartigkeit, die in dieser Form nur in Galizien auftritt
und leider auf Galizien beschränkt bleibt. In der Begleitung der Pandereita
- einem simplen Tambourin - singen Frauen in einstimmigem Wechselgesang Lieder
aus ihrem Alltag. Da die Frauen in der Vergangenheit dabei häufig unter sich
blieben, etwa wenn sie in schwerer Handarbeit gemeinsam die Wäsche ihrer Männer
wuschen, zogen sie ganz ungeniert über die restlichen Dorfbewohner insbesondere
der männlichen her. Das war kein feiner Umgang und der Begriff des lästernden
Waschweibes fand dort sicherlich seine Bestimmung. Mittlerweile ist dieser Gesang
umgänglicher geworden, zumindest wenn man die Texte betrachtet, die auf der
Handvoll CD’s zu finden sind, für deren Produktion Galiziens Plattenfirmen den
Mut aufbrachten. Selten haben sich Pandereiteras über Galiziens noch weniger
über Spaniens Grenzen hinaus gewagt. Das Wenige, was man jedoch bisher hören
konnte, hat sich in den Köpfen derjenigen, die es hörten fest eingeprägt. Neben
der Musik der Gruppe Leilía, die auf etlichen Festivals auftraten, gelangte
nun die CD “Segredo a voces” der Gruppe Anubía aus der nordspanischen Isolation.
Was bei Leilía manchmal etwas antiquiert und behäbig wirkt, klingt bei Anubía
frisch und erstaunlich aufgeweckt. Es gibt Stellen in ihrem rhythmischen Wechselgesang,
dem ich durchaus die Bezeichnung Vocal-Techno spenden möchte. “Segredo a vozes”
beschränkt sich dabei nicht ausschließlich auf das Geheimnis und die Kraft der
Stimmen der sechs Frauen, sondern wird durch ein Riege hochkarätiger galizischer
Musiker unterstützt. Die Hauptarbeit der Arrangements lag dabei in den Händen
von Anxo Pintos und Quim Fariña. Wer sich in der verwobenen galizischen Musikszene
auskennt, weiß, dass hier wieder kooperiert wurde, als wäre ganz Galizien eine
einzige musikalische Familie. So klingt das Anubía-Album wie das erste Album
“Navicullaria” der Gruppe Berrogüetto, auf der diese hervorragende Band bereits
mit einer Gruppe von Pandereiteras zusammen gearbeitet hat und ihr, meiner Meinung
nach bisher bestes Album vorlegten. Das braucht auch nicht zu verwundern, denn
bei den sechs Damen von Anubía handelt es sich um die selben Sängerinnen, die
1996 unter dem Namen Cantigas e Agarimos das Debüt der Gruppe Berrogüetto begleiteten
und die Musik Galiziens aus seiner Isolation heraus ins europäische Interesse
rückte. Hier nun eine aufregende Neuauflage des 1996 Projektes unter geändertem
Vorzeichen. Diesmal spielen die Pandereiteras die Hauptrolle Energie ist vielleicht
das treffendste Wort, wenn man den Gesang der sechs Damen in einen Begriff pressen
möchte. Schmetternde Gesänge jagen Schauer über den Rücken und lassen den Hörer
gleichzeitig erfreut mitwippen, ja mitsingen, selbst wenn er Sprache noch Geschwindigkeit
der Frauen auch nur annähernd zu beherrschen vermag. Man blubbert einfach mit,
auch wenn der Inhalt der Lieder für die meisten ein Geheimnis bleibt und begreift
diese kraftvollen Stimmen als Instrument. Das Album “Segredo a vozes” der Gruppe
Anubía ist nicht nur weiterer Glanzpunkt in der überaus lebendigen Folkszene
Galiziens. Es ist ein aufregendes Album, das belebt und erfrischt, wie ein lang
erwarteter Sommerregen und alle schlechte Laune aus Kopf, Herz und Seele pustet.
Band Kontakt via: Nordesia Produccion,
Kontakt: info@nordesia.com
Karsten Rube
Bach - 3 Barden 1 Band "Käptn Käptn"
Label: Eigenverlag;
1999; Spielzeit: 18:48 min; 5 Tracks; ohne Infos und Texte
Ja es gibt sie doch noch kleine Bands, die ohne Beatmaschine oder Drummer
einfach gute Musik machen. Drei Musiker mit ihren Stimmen, Gitarre und Bass,
dazu freche geistreiche deutsche(!) Texte aus der Feder von Armin W. Bach für
hintergründig schöne Denkanstöße und nach dem dritten
Hören haben sich die Ohrwürmer festgehackt. Handgemachte akustische
Gitarrenmusik moderner Spielleute.
Mit den fünf Stücken ist die CD eigentlich nur ein Appetitanreger
...
c/o Marcus Waloschik, Kirchweg
7a, D-90419 Nürnberg, Tel./Fax +49/9 11/5 81 85 58, info@bach3barden1band.de
Frank Jagusch
Boogalusa "Breakdown"
Label: Active
Events; Spielzeit: 11:18 min; 3 Tracks; ohne Infos und Texte
Nach dem Einlegen zuerst der Griff zum Lautstärkeregler - leiser. Eine
rockige Gitarrenband mit einem Verschnitt von Rock, Pop und (Louisiana-)Blues.
Auch nach dem dritten zuhören kein Bezug zum Folk- und Wordmusik zu erhören.
Wer schickt so 'was an die Folkworld?
Active Events,
Lisa or Susan, 62 Kelvingrove Street, GB - Glasgow G3 7SA, Tel. +44/1 41/3 31
12 02, boogalusa@compuserve.com
Frank Jagusch
Coila "full on"
Label: Lochshore;
2001; Spielzeit: 47:23 min; 12 Tracks; mit vielen Infos
Eine schottische Band mit fünf vielversprechenden jungen Musikern ist angetreten
mehr zu spielen als die altverordneten. Fest verwurzelt in der Tradition ihres
Landes spielen sie Jigs und Reels mit Saft und Kraft wie auf den besten Ceili-Sessions.
Seitensprünge geben der CD das Besondere: Ein deftiger Griff in die Saiten
der E-Gitarre im "5 a.m. Ceilidh", stimmungsvolle Airs oder das interessante
Wechselspiel der von Alistair McCulloch und Andrew McGarva geführten Fiddlebögen
in "Takashi's Dawn".
Eine Band, die erst am Anfang steht und zwei Musiker die man sich merken sollte
- die in meinen Ohren schönsten Stücke stammen aus den Federn der
erwähnten Fiddler.
Lochshore, KRL, 9 Watt Road, Hillington,
GB - Glasgow G52 4RY, Tel. +44/1 41/8 82 99 86, Fax +44/1 41/8 83 36 86, krl@krl.co.uk,
www.coila.com
Frank Jagusch
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Übersicht: Inhalt der CD-Rezensionen
Zum Inhalt der FolkWorld
Nr. 22
© The Mollis - Editors
of FolkWorld; Published 06/2002
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