Die Frage, was das Deutsche in der Musik ist, ist mit dem Abtreten der letzten NS-Infizierten ausgestorben. Die Frage, was ist typisch Deutsch in der deutschen Musik, treibt jedoch immer noch einige Interessierte umher.
Es war einmal ... ein Mädchen, ein armer Bauer, Edelmann und Knecht ...
Das Deutsch-Folk-Duo Erledanz, bestehend aus Klaus und Henrike Eckhardt, hat sich der traditionellen Musik - Volks- lieder wie
Tanzmusik - von der deutsch-französischen Grenze verschrieben. Ihre Hauptquelle ist die Volksliedsammlung "Verklingende Weisen"
(pub- liziert 1926 bis 1939), die Pfarrer Louis Pinck zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Lothringen zusammengetragen hat.
Einige dieser Lieder, wie z.B. das bekannte "Brombeeren", waren in ganz Deutschland verbreitet, andere nur regional bekannt.
Die Eckhardts haben die interessantesten Lieder frisch, fromm und frei arrangiert. Ihr eigenes Liederbuch Hör an mein Stimm präsentiert 20 Stücke,
einschließlich all der auf der bereits 2008 erschienen CD "Nimmerleis"
mit Flöten, Psalter, Zister, Mandola und Épinette interpretierten Stücke [37].
Die Eckhardtsche Sammlung ist schön illustriert
und enthält Noten, Texte, Akkorde und Anmerkungen.
Siehe Hörproben @ www.deutschfolk.de!
Klaus und Henrike Eckhardt, Hör an mein Stimm: Wiederentdeckte Volkslieder.
Books on Demand, 2014, ISBN 978-3-7347-3193-8, 48 S, €14,90 (digital €7,99)
Erledanz @ FolkWorld:
FW#37
www.deutschfolk.de
Der US-amerikanische Folk- musiker Happy Traum
[32]
ist vor allem durch die Partnerschaft mit seinem 2008 verstorbenen Bruder Artie [35] bekannt.
Happy Traum ist aber auch der Begründer von Homespun Tapes,
die sich Video-Lektionen vor allem für akustische Instrumente, Folk und Blues widmet [43][50][53].
The Blues Bag ist die erstmalig in deutscher Sprache erscheinende Sammlung von 30 Country-Blues-Klassikern,
wie z.B. die weit verbreiteten "See See Rider", "St. James Infirmary" oder "Corinna"
(gerade erst von Hubert von Goisern neu interpretiert [56]). Auf der anderen Seite sind
Henry Browns "Titanic Blues" oder die für den Blues untypische Ballade "Betty and Dupree"
vielleicht noch niemals im Druck erschienen.
Die kurzweilige Sammlung enthält nicht nur Texte, Anmerkungen, Noten, sowie Gitarren-Tabulaturen bei den Instrumental-Intros und -Solos, sondern
auch eine kurze Historie des gleichzeitig begrenzten und komplexen Blues-Genres und eine
drei-seitige Einführung in das Bluesgitarrenspiel. Die Stärke liegt vor allem darin,
Bluesstile von Brownie McGhee bis Leadbelly kurz und prägnant dargestellt und anschaulich nähergebracht zu haben.
Happy Traum, The Blues Bag.
Bosworth BOE7760,
2015, ISBN 978-3-86543-868-3, 95 S, €19,95
Justin Sandercoe ist mittlerweile nun wirklich eine nicht mehr wegzudenkende Größe
bezüglich On- und Offline-Gitarrenkursen
[51][53][55].
Nun hat sich der umtriebige Gitarrist und Gitarrelehrer auch auf dem wachsenden Markt für die Ukulele
[45][49][50][54][55]
versucht: Das Songbook für Ukulele enthält 25 sagenhaft coole Songs,
beginnend mit 5 leichten Einsteigern mit ein- fachen Akkord-Griffen wie
des gerade verstorbenen Ben E. Kings "Stand By Me" und Jeff Buckleys Version von "Halle- lujah"
arbeitet es sich zu abspruchsvolleren zeitlosen Hits von Bill Withers ("Ain't No Sunshine"),
Don McLean ("American Pie") und Iz Kamakawiwo'oles Uku-Medley "Over the Rainbow / What a Wonderful World"
wie auch modernen Dauerbrennern von Pharrell Williams ("Happy") und Miley Cyrus ("Wrecking Ball") vor.
Alles speziell für Ukulele arrangiert mit Texten, Akkord-Griffen, Schlagmustern und Spieltipps
Justin Sandercoe, Justinguitar.com - Songbook für Ukulele.
Bosworth BOE7762,
2015, ISBN 978-3-86543-870-6, 64 S, €16,95
Von "A Rindvieh" bis "Wo die Nordseewellen" führt Gerhard Hildners musikalische Reise Kreuz und Quer auf dem Akkordeon.
Leicht spielbar sind die 100 Golden Oldies ("Proud Mary"), Schunkelschlager ("Viva Colonia"),
Seemanns- ("Santo Domingo") und Volkslieder ("Kufsteiner Lied").
Für die Folkies gibt es immerhin "Ade zur guten Nacht", "Die Gedanken sind frei",
"Amazing Grace", "Greenseleeves" und "City of New Orleans".
Gerhard Hildner, Kreuz und Quer auf dem Akkordeon.
Bosworth Edition/Musikverlag Monika Hild- ner, 2015, ISBN 978-3-86543-854-6, 262 S, €29,95
Da gibt es die neue Deutschrockszene - Böhse Onkelz, Frei.Wild, BRDigung[47] - eine immer konservativer, jedenfalls deutlich spießiger werdende Rockkultur in Deutschland. Zahlreiche Heavy-Metal-Bands verarbeiten nordische Mythologie und Heldensage unter Voraussetzung der fragwürdigen Gleichsetzung germanisch = deutsch und nordische = germanische Mythologie.
Wenn das Motto Typisch deutsch auf der Agenda steht, dann darf das Thema Volkslied natürlich nicht fehlen:
Aber es ...
Ernüchternd muss man also feststellen, dass nichts typisch ist. Die Antwort muss auch eher lauten, dass nicht bestimmte Merkmale, Eigenschaften, Verhaltensweisen typisch deutsch sind, sondern dass sie als typisch deutsch gelten.
So findet man zum Beispiel auch überraschenderweise, dass typisch deutsch ist, nicht auf Fremdsprachiges stehen:
Die von Dietrich Helms und Thomas Phleps[33] zusammengestellten Beiträge sind Schriftfassungen von Vorträgen anlässlich der 24. Arbeitstagung des Arbeitskreis Studium Populärer Musik (ASPM) vom November 2013. Akademisch und streng wissenschaftlich, aber streckenweise auch vergnüglich zu lesen:
Was ist also typisch deutsch? Oder typisch deutscher? Rammstein oder Rio Reiser? Neue deutsche Welle oder Krautrock? Das bringt uns zur Biographie des 1952 geborenen Berliners Lutz Ulbrich, genannt Lüül.
Inspiriert durch die Beatles erlernt er mit zwölf Jahren das Gitarrenspiel und macht als Hilfs-Roadie bei Jethro Tull[55] erste Erfahrungen mit dem merkwürdigen Musikgeschäft.
Imagepflege ist wohl nie Lüüls Ding gewesen, lässt sich schlussfolgern, wenn wir seiner Spur folgen. Die Darbietung seiner Schülerband wird bereits als sehr eigenwillig bezeichnet. 1970 spielt Lüül die zweite Gitarre in der Krautrockband Agitation Free, die lange Improvisationen entwickelte.
Zunächst für Livekonzerte und schließlich auch für Studioaufnahmen steigt Lüül bei Ash Ra Tempel ein. Dazwischen liegt die Liasion mit der Ex-Velvet-Underground-Sängerin Nico.
Es beginnt ein Junkie-Leben als Nicos Gitarrist und Lover. Als Solokünstler ist Lüül zunächst aber ziemlich frustriert; Stefan Waggershausen für Arme bezeichnet ihn ein Journalist.
Sein erstes Soloalbum im Jahre 1980 enthält dann aber den eingängigen Popsong "Morgens in der U-Bahn", der sich zu Beginn der aufkommenden Neuen Deutsche Welle nicht nur zum Kulthit entwickelt, sondern aus heutiger Perspektive betrachtet auch noch eines der ersten deutschsprachigen Lieder mit einem Sprechgesang ist.
Im letzten Drittel von Lüüls Autobiographie beginnt das für unseren Leserkreis wahrscheinlich interessanteste Kapitel, die 17 Hippies!
Dudelsack, Ukulele, Kontrabass, Querflöte, Gitarre, Akkordeon, Klarinette waren ...
Lüül selbst entdeckt das Banjo für sich. Chanson, Polka, Balkan und Blues werden in Folge eine bunte Mischung eingehen und das vormalige Hobby eine Eigendynamik entwickeln, die das Orchester (zeitweise über 20 Musiker) um die ganze Welt führen wird. Ich selbst habe die 17 Hippies beispielsweise 2002 beim Folkwood-Festival in Eindhoven live erleben dürfen.[24]
Für den preisgekrönten Film "Halbe Treppe" komponieren sie die Filmmusik und tauchen selbst als Running Gag auf; zunächst ein einzelner Straßenmusiker vor dem Grill Halbe Treppe, dem sich nach und nach immer mehr Musiker anschließen.
Im letzten Jahrzehnt ist Lüül auch solo, als Trio oder Quartett in Deutschland unterwegs. Lieder seiner Soloalben finden sich regelmäßig in der Liederbestenliste wieder oder wurden mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet.
Bereits 2006 erschien seine inzwischen vergriffene Autobiographie, in denen er vier Jahrzehnte on the road Revue passieren lässt, Die überarbeitete Neuauflage …und ich folge meiner Spur im Eigenverlag ist temporeich, lakonisch und amüsant. Dabei ist Lüül in allen Punkten ehrlich und direkt. Begleitend zu den Erinnerungen ist bereits 2006 die CD "Zeitreise" erschienen, auf der sich Lüüls musikalische Karriere von Agitation Free und Ashra bis zu den 17 Hippies nachverfolgen lässt.
Wer viel unterwegs ist, kann viel erzählen. Ein kluger Mann sagte aber auch einmal, um ein Land zu verstehen, genügt es nicht, es zu bereisen, sondern man muss in ihm leben. Lüül hat viele Ort gesehen. Und er hat gelebt. Beste Voraussetzung für eine lesenswerte Biographie.
Photo Credits:
(1ff) Book/CD Covers,
(8) Erledanz,
(9) Lüül,
(10) 17 Hippies
(from website/author/publishers).