FolkWorld Ausgabe 39 07/2009; Live-Bericht von Adolf „gorhand“ Goriup


Schöne Frauen, wilde Recken
Van Langen Band @ Met Bar, Lenzburg, 7. März 2009

Wunderschöne meist dunkel gekleidete Frauen und wilde Gesellen mit langen Haaren und Bärten versammeln sich in der Met Bar immer dann, wenn sich dort Spilleyt einfinden, um ihre Lieder erschallen zu lassen.

Van Langen

Van Langen @ FolkWorld: FW #26, #31, #36, #37

Icon Sound @ www.vanlangen.de

Icon Movie @ www.youtube.com

Das Bier und der Met fließen in Strömen und so mancher schwingt sein Tanzbein, andere hören aufmerksam den Gesängen zu, spenden lautstark Beifall und johlen den Musikanten zu.

An diesem frühlingshaften Märztag hatte ich tagsüber einen Spaziergang zum Schloss Lenzburg gemacht und auf einer Bank sitzend dem Geschrei der Krähen und dem Gesang der Vögel gelauscht. Dann, als langsam die Nacht hereinbrach, verließ ich die Idylle des Schlosshügels und begab mich in das gemütliche Ambiente der Met Bar. Dort traf ich auf den Hexenmeister und Spielmann Marcus Van Langen und wechselte ein paar Worte mit ihm über sein kürzlich vollendetes Liederbuch und seine neuen Lieder, die demnächst erscheinen werden. Während er sich dann für den bevorstehenden Auftritt vorbereitete, vertrieb ich mir die Zeit mit einem Spiel namens Billard, das die Angelsachsen zu uns gebracht hatten.

Wie gewöhnlich betraten die Spilleyt die Bühne erst nach 21:00 Uhr. Neben Marcus, der singt und die elektrische Gitarre spielt, waren dies Bernd Intveen (E-Gitarre), Thomas Marcincus (E-Bass), Tom Space (Schlagwerk) und Marcel Ebert (Flöten und Sackpfeifen). Und dann ging das Spektakel los.

Van Langen ist ein charismatischer Frontmann, Sänger und Gitarrist, der sich darauf versteht das Publikum in seine Welt zu entführen und ihnen den Alltag auszutreiben. Leidenschaftlich trägt er seine Lieder vor und wird dabei nicht von Pauken und Trompeten, sondern von heißen Gitarrenriffs, pulsierendem Bass, grossartigen Rhythmen und neuerdings eben auch dem Klang der Sackpfeife, der Schalmeien und der Flöten begleitet. Bernd bringt dabei die Saiten seiner Gitarre mit erstklassigen Solis zum Glühen, sein Spiel beweist, dass er wohl einer der besten Heavy-Metal-Gothic-Medieval-Rock-Gitarristen der deutschen Lande ist.

Thomas liefert dazu den Puls, den Tom aufgreift und zu einem mitreißenden Rhythmus verarbeitet. Van Langen Sein Schlagzeugspiel erinnert an die ganz großen Drummer der Rockszene wie John Bonham von Led Zeppelin, vor allem als die fünf Spilleyt lange nach dem regulären Programm nochmals auf die Bühne traten um das Publikum mit ihren Instrumenten zu unterhalten. Das Tüpfchen auf dem I war für mich der Klang der Windinstrumente, den Marcel beisteuerte. Egal ob das sanfte Wispern der Flöten, das lautstarke Tönen der Tröte oder der unverkennbare Klang der Sackpfeife, immer konnte er dem Ensemble genau den mittelalterlichen Touch verpassen, den ich so schätze.

Alle fünf Spielmänner schöpften aus dem Vollen und überzeugten mit tollem Zusammenspiel und atemberaubenden Solis. So war das Schlagzeugsolo gegen Mitte des Abends absolut genial, ebenso wie die Gitarrensoli von Bernd. Marcus dominiert die Bühne sicherlich mit seiner magnetischen Anziehungskraft, doch lässt er seinen Gefährten genügend Raum um sich dem Publikum von ihrer besten Seite zu zeigen. Schade, dass mein Sohn das Konzert nicht miterlebt hat, denn ich bin sicher, es hätte ihm sehr gut gefallen. So genoss ich einen Abend mit mittelalterlicher Rockmusik, Heavy-Metal-Einflüssen und Bluesrock-Improvisationen alleine mit den schönen Frauen, wilden Recken und dem hervorragenden Wurzel-Met, den mir der Mundschenk Marcel zum Probieren gab. Die Feste gehen weiter mit Van Langen wie auch in der Met Bar. Kommt und schließt euch an!


Marcus van Langen, Liebe, Wollust, Spielmannslieder

Marcus van Langen ist seit Jahren eine der zentralen Figuren in der deutschen Mittelalterrock Szene. Angefangen von der ersten EP, die 1995 unter seinem Namen erschien, über seine Band Des Teufels Lockvögel bis hin zum Palästinalied Projekt, das von verschiedenen Künstlern der Szene gemeinsam für Not leidende Kinder in Israel und Palästina produziert worden war, hat er starke Akzente gesetzt. Nun hat er aus seiner reichen Erfahrung schöpfend ein mittelalterliches Liederbuch herausgegeben. Jedoch beschränkte sich van Langen nicht darauf, ein Noten- und Textbuch mit altbekannten Liedern herauszugeben. Er verfasste ein Werk mit 42 Liedern und hochinteressanten Informationen, die zwar keinen wissenschaftlichen Anspruch stellen, aber dennoch sorgfältig recherchiert wurden, wie man an dem Quellen- und Literaturverzeichnis erkennt. Jedes Lied wird mit Originaltext, eventuellen Nachdichtungen, einer Übersetzung vom Mittelhochdeutschen ins Neuhochdeutsche, moderner Notenschrift und einer den Neumen (Vorgänger der Notenschrift im Mittelalter) ähnelnden Tabulatur für die Gitarre vorgestellt; dazu kommen Hintergrundinformationen über Herkunft und Authentizität der Lieder sowie weitere Erklärungen. Neben einem ausführlichen Vorwort und der informativen Einleitung über das Spielmannsrecht und den Status der Spielmänner, werden sieben der berühmtesten deutschen Minnesänger in einem eigenen Kapitel mit mindestens einem ihrer Werke vorgestellt. Weitere Kapitel handeln von der Carmina Burana (13.Jhdt.), den Gassenhauern und Spielmannsliedern (13. bis 16. Jahrhundert), englischsprachigen Liedern (16. bis 18. Jahrhundert) sowie modernen Nachahmungen und Neuschöpfungen. Der praktische Index führt die Lieder sowohl nach Titeln wie auch nach Strophenanfängen auf. Die Darstellung mit moderner Notenschrift, Tabulatur und moderner Akkordschrift für Gitarre ermöglicht es auch jenen die Lieder nachzuspielen, die das Notenlesen nicht beherrschen. Da mir jedoch nicht alle Lieder bekannt sind, würde mir eine CD mit einfachen akustischen Aufnahmen beim Nachspielen große Dienste erweisen. Das im Verlag Zauberfeder erschienene Liederbuch vermittelt sehr viel Wissenswertes über unsere Vergangenheit, soll dazu beitragen altes Liedgut zu bewahren und im Sinne mittelalterlicher Spielleute an die moderne Zeit anzupassen und bietet detailreiche authentisch wirkende Illustrationen. So wie es van Langen im Vorwort ausdrückt: „wer die Vergangenheit nicht kennt, wird die Zukunft nicht vollständig verstehen“: „Ich bin ich weiß nicht wer, ich komme ich weiß nicht woher, ich gehe ich weiß nicht wohin, mich wundert dass ich so fröhlich bin. (aus dem Cherubinischen Wandersmann von Angelus Silesius 1624-1677).

Marcus van Langen, Liebe, Wollust, Spielmannslieder. Zauberfeder, 2009, ISBN 978-3-938922-16-3, 144 S, €24,90.

www.met-bar.ch
Photo Credits: (1)-(2) Marcus van Langen (by Adolf „gorhand“ Goriup).


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 07/2009

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