FolkWorld Ausgabe 34 11/2007; Artikel von Stephan 'Stoney' Steiner & Klara Schiffermüller


A Decade of Folk A Decade of Folk

A Decade of Folk

Austrofolk



Die Folk- & Weltmusik-Festivalszene in Österreich war über die letzten Jahre in einem stetigen Umbruch. Einige langjährige Festivals haben aufgehört zu existieren: das Kultodrom-Festival in Mistelbach und das Bordunmusikfest in Kremsmünster, das Folkfestival in Gutenbrunn und das Festival in Hallein.

So ist als einziges Festival unter den bereits länger bestehenden offenbar das Festival "Glatt & Verkehrt" in Krems übrig geblieben. Sicher eine hochinteressante Veranstaltung mit Stars der internationalen Weltmusikszene. Auf der anderen Seite hat das ganze eher den Charakter einer hochkulturellen Veranstaltung, sowohl von der Preisgestaltung wie auch dem Setting insgesamt.

Wackelstein Festival Wegweiser

2. Wackelstein-Festival Amaliendorf 2007

Vom 20. bis 22. Juli 2007 fand in Amaliendorf zum zweiten Mal das Wackelsteinfestival statt. Der Verein Duine De Dan hat mit viel Einsatz und in bester Zusammenarbeit mit der Gemeinde und FF Amaliendorf wieder ein rundum gelungenes Wochenende für alle Freunde der Folk- und anverwandten Musik gestaltet, auf das ich hier kurz zurückblicken möchte.

Der Freitag begann mit der im 2. Jahr schon traditio-nellen Eröffnung durch die Kinder der VS Amaliendorf, die von den versammelten Mitgliedern der Bluespumpn unterstützt wurden. Danach als erste Folkpartie des Festivals: Serendipity. Die junge Gruppe aus Pongau im Innviertel, die von der Open Stage des Vorjahres weg engagiert worden war, zeigte in einem fulminanten Programm, was sie drauf hat. Besonders bemerkenswert für mich Mona Strassers Sologesang.

Im Anschluss daran kam es aufgrund eines organisa-torischen Missverständnisses zu einer Programm-änderung, Arceann wurden vom Samstag vorverlegt und setzten den irisch-keltischen Abend fort mit virtuosen Instrumentals und Songs von allen 4 Bandmitgliedern. Als Highlight schlossen Lori Watson Three aus Schottland den Abend mit schottischer Musik ab, vorgetragen in einer beneidenswert in ihre Tradition versunkenen, aber trotzdem ungemein mitreißenden Weise. Der sintflutartige Regenfall direkt nach dem Ende des Konzertprogramms konnte der Stimmung keinen Abbruch tun, es wurde in den Getränke- und Verkaufs-ständen noch lange weitergefeiert.

Am Samstag trocknete das Festivalgelände schnell wieder auf, schon am Vormittag pilgerten zahlreiche Gäste mit geschulterter Gitarre in den Steinbruch zum Fingerpicking-Workshop, ab Mittag waren die ersten jungen Gäste unterwegs zum Kinder-Betreuung-Programm, die Älteren konnten dann ab 14 Uhr dem Programm der Open Stage lauschen bzw. sich später bei einem Workshop im Steinbruch tänzerisch bewegen.

Den Auftakt des Konzertprogramms bildeten Stary-monetti mit der wunderbaren Marinette Bonnert aus Belgien am Akkordeon und Stephan Stoney Steiner an Geige und Nyckelharpa sowie einer ganzen Session-partie, die zum Tanz aufspielte.

Das hochkarätige Samstagabendprogramm bot dann mit Harlequin's Glance einen auf- und anregenden Ausflug in Singer-Songwriter-Rockgefilde mit der unverwechsel-baren Stimme Gernot Feldners, danach mein ganz persönliches Highlight des Festivals, Malinky, eine der angesagtesten Folkbands aus Schottland, die vokal und instrumental überzeugten - pure Energie, die da von der Bühne kam. Als Draufgabe noch Besh O Drom aus Ungarn, die mit ihren Balkanklängen professionell das Publikum rockten. Nach dem Konzertprogramm noch am Weinstand die Köstlichkeiten verkostet und dann zum Energietanken ins Zelt gekrochen.

Der Sonntagvormittag: ein etwas unkonventioneller Frühschoppen mit der Tuivelsminne - mittelalterliches Spektakel auf der Bühne (die zum Glück unter der Belastung nicht eingebrochen ist) in Fellhosen, die an Perchten erinnern. Dann ein wienerisches Kontrast-programm mit den schönen, feinen Melodien der Gaismeier Schrammeln. Nach einer kurzen Pause, die der Stärkung diente (einmal noch die köstlichen Falafel von Vegi-Chefkoch Michi Reiter), ein kurzer europäisch-musikalischer Hexenritt mit W.i.t.Ch. und dann zum Abschluss die mit Sicherheit gitarren-lastigste Band des Festivals, Fresch, wo mit der Gitarrenzertrümmerung durch Floh Kargl Wackelstein-Festival-Geschichte geschrieben wurde.

(Klara Schiffermüller)

www.wackelsteinfestival.at
Campieren, spontanes Musizieren in Sessions, oft auch in der Nacht, Gemeinschaftsgefühl: all diese Charakteristika klassischer Folkfestivals bleiben dort leider aus. Wie gesagt, das Festival hat andere Qualitäten.

Wo aber sind die Festivals geblieben oder frisch entstanden, wo man all das (wieder) findet?

Die gute Nachricht: ja, es gibt sie!

Steirischer Geigentag 2005

Wackelstein-Festival, Amaliendorf im Waldviertel, Niederösterreich, www.wackelsteinfestival.at

Die Premiere 2006 hat alle Erwartungen übertroffen: Stimmung, musikalische Qualität, Vielfalt wurden von allen Besucher/innen als einzigartig betrachtet. Von der musikalischen Ausrichtung her am ehesten ein Nachfolger des Folkfestivals in Gutenbrunn, lässt sich dieses Festival schon jetzt als unangefochtenes Musicians' Festival No. 1 in Österreich bezeichnen.

Steirischer Geigentag 2005

Krahu Musik Festival, Buchschachen bei Markt Allhau, Burgenland, www.krahu-music-festival.at

Was will man sagen zu einem Festival, das zum ersten Mal stattfindet? In jedem Fall so viel, dass alle, die schon einmal im Luftgrobn in Markt Allhau vorbeigeschaut haben, von der Open-Air-Stimmung beeindruckt waren und die örtlichen Gegebenheiten als fast ideal wahrgenommen haben. Schön also, dass das endlich passiert! Des weiteren lässt sich feststellen, dass die Programmierung spannend und gut ist - von hochklassiger Irish-Trad-Musik über Balkanbrass bis hin zum Neuen Wienerlied ist da sehr viel dabei. Da kann also fast nix schiefgehen!

Steirischer Geigentag 2005

Alpe-Adria-Folkfestival, Liesing im Lesachtal, Kärnten, www.volksmusikakademie.com

Eine tolle Mischung von Workshops, Konzerten und Tanz rechtzeitig zum Beginn des Sommers! In landschaftlich extrem reizvoller Lage im hintersten Winkel Kärntens gelegen, ist dieses Festival sicher vorerst noch ein Geheimtipp - aber so etwas kann sich bekanntlich schnell ändern. Die Programmierung bringt, passend zur Namensgebung, Gruppen aus Österreich, Norditalien und Slowenien zusammen, wobei das breite musikalische Spektrum von Irish Trad über bordunige Tanzmusik bis zur neuen Volksmusik reicht. Workshops laden zum Tanz, zum Bau einfacher Obertoninstrumente oder aber zum Kennenlernen spezifischer musikalischer Traditionen ein. Tipp: der Geigenworkshop von Dario Marusic, sicher der Experte für die vielfältige und urtümliche Musik Istriens.

Organic Sound Harvest, Tullnerbach im Wienerwald, Niederösterreich, www.organicsound.at

Der Biobauernhof "Norbertinum" in Tullnerbach, westlich von Wien, gehört zu jenen Juwelen, die der Wienerwald bekanntermaßen bietet, wo's einen aber vielleicht nicht so oft hin verschlägt, ausser man ist am ökologischen Gärtnern interessiert oder aber Schüler/in in der benachbarten Fachschule. Das ist schade: das weitläufige Gelände bietet ein einzigartiges Ambiente, wo sich das Ensemble von stattlichen Wirtschaftsgebäuden in gründerzeitlicher Architektur und englisch anmutende sanfte Hügel und Weiden, von dichtem Mischwald umstanden, zu einem harmonischen Ganzen vereinen. Ein ideales Festivalgelände mit unzähligen Gestaltungsmöglichkeiten also, und das ganz in der Nähe der Hauptstadt. 2006 fand daher als Pilotprojekt zum ersten Mal das Festival "Organic Sound Harvest" im Norbertinum statt: der Besuch blieb zwar deutlich hinter den Erwartungen zurück, Qualität und Ambiente der Veranstaltung wurden aber von allen Besucher/innen begeistert aufgenommen. Steirischer Geigentag 2005 Impuls für die Organisatorinnen, es heuer erneut stattfinden zu lassen - mit noch internationalerem Konzertprogramm, tollem, vielseitigem Mitmachprogramm und sehr kinderfreundlich-günstigen Tickets. Das Angebot der Musik-Workshops reicht von Flötenbau und Dudelsackspiel über Obertonsingen, Jodeln, Folk-Tänze bis hin zu Percussion oder lateinamerikanischen Musiktraditionen und wird überwiegend von den beim Festival auftretenden Musikern gestaltet, also überaus hochkarätig besetzt.

Steirisches Treffen der Dudelsack- & Drehleierspieler, Schloss Freiberg bei Gleisdorf, Steiermark, www.steirisches-volksliedwerk.at

Toll, wenn es eine Veranstaltung über so lange Zeit schafft, kontinuierlich und auf hohem Niveau zu agieren! Bereits zum 18. Mal findet das traditionelle Treffen der Dudelsack- und Drehleierspieler auf Schloss Freiberg bei Gleisberg (südöstl. Steiermark) statt - der traditionelle Sommerabschluss der mitteleuropäischen Bordunmusikszene. In jedem Fall ist das Kursangebot wieder sehr abwechslungsreich und lohnend: Spielkurse für Anfänger und Fortgeschrittene für Dudelsäcke wie Schäferpfeife, Hümmelchen und Dudey, für Drehleier und erstmals auch einen Ensemblekurs - Zusammenspiel von Instrumenten mit und ohne Bordun. Samstag zu Mittag gibt's zusätzlich einen Tanz-Crashkurs, denn ... um 20 Uhr beginnt die lange Tanznacht im wunderschönen Barocksaal, gespickt mit netten musikalischen Einlagen.

Noch ein Tipp: Nächste Gelegenheit für eine umfassende Vertiefung ins Dudelsack- und Drehleierspiel gibt's Anfang Jänner 2008 in Maria Waldrast/Tirol.

Hotel Palindrone

Die Texte wurden dankend dem EuRoots / Tradivarium-Newsletter entnommen.

EuRoots e.V. wurde 2002 von Musikern der Folk-, World- und Roots-Szene mit dem Ziel gegründet, die Musikszene in und um Wien zu beleben und das Interesse der Öffentlichkeit zu wecken.

Klara Schiffermüller ist Geigerin bei den Gruppen W.i.t.Ch. und Smoky Finish.

Stephan 'Stoney' Steiner spielt u.a. bei der Gruppe Hotel Palindrone.

Photo Credits: (1) Wackelstein Signpost (by Wackelstein Festival); (2)-(5) Impressionen Steirischer Geigentag 2005, (6) Hotel Palindrone (by Walkin' Tom).


Zurück zum FolkWorld-Inhalt
Zur englischen FolkWorld

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 11/2007

All material published in FolkWorld is © The Author via FolkWorld. Storage for private use is allowed and welcome. Reviews and extracts of up to 200 words may be freely quoted and reproduced, if source and author are acknowledged. For any other reproduction please ask the Editors for permission. Although any external links from FolkWorld are chosen with greatest care, FolkWorld and its editors do not take any responsibility for the content of the linked external websites.


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Home
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld