FolkWorld Artikel von Walkin' T:-)M:

And It's No! Nay! Never! No Nay Never No More!

1962-2002:   40 Jahre Dubliners


"Da gab es Leute, die still und leise um die Häuser schlichen, die Geigen unter ihren Mänteln versteckt, falls sie jemand sehen sollte", erinnert sich Rundfunksprecher Ciarán Mac Mathúna. www.thedubliners.myweb.nl Und Fiddler Jimmy Power fügt hinzu: "In jenen Tagen wäre einem eine Flasche über den Kopf gezogen worden, wenn man es in einem Pub nur wagte, einen Ton von sich zu geben." Kaum zu glauben, aber das war die irische Hauptstadt Dublin in den "rare old times", www.thedubliners.myweb.nl den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Doch nur wenige Jahre später sollte sich das Bild völlig gewandelt haben. Das amerikanische Folkrevival schwappt über den Atlantik und löst in Irland den "ballad boom" aus. Die Dubliners sind die erste Gruppe, die Irish Folk auf dem Kontinent bekannt und populär machen. Auch 40 Jahre nach ihrer Gründung wollen die wackeren Mannen noch immer nicht ihre Abschiedsvorstellung geben (-> Termine).

Wie wird man Teil der "Bewegung"? "Man trinke ein paar Pints in O'Donoghue's, borge sich eine alte deutsche Gitarre, überrede seine Mutti, einen Aran-Pullover zu stricken, werfe die Gilettes und das Aftershave fort und lasse sich einen Dublinersbart wachsen, schwups, in ein paar Wochen kann man ein Folkie sein." So oder ähnlich muss es wohl gewesen sein. Als Irish Folk selbst auf der grünen Insel noch absolut uncool ist und Instrumente in den Kneipen nicht gern gesehen werden, überzeugt Theaterproduzent John Molloy den Besitzer von O'Donoghue's Bar (-> FW#9), ob Musiker zu den Zeiten, in denen das Lokal geschlossen ist, das Hinterzimmer zum Üben nutzen könnten. O'Donoghue's wird schnell zum musikalischen Hauptquartier der sich bildenden Szene. "In jeder Ecke ein Dichter, und jeder zweite Stuhl war mit einem Meister seines Faches besetzt. Joe Heaney, Ronnie Drew, Peter Mulready ..." (C. Moore) Das Lokal zehrt noch heute von seinem Ruhm, so dass "hier in der Hauptreisezeit die amerikanischen, deutschen, italienischen und japanischen Touristen unter sich sind." (R. Sotscheck)

Einige der ersten "richtigen" Konzerte des "ballad movement" finden im alten Grafton Cinema statt. Eines Nachts stehen Barney McKenna am Banjo und Mary Jordan, heute eine bekannte Umweltaktivistin, an den "spoons" (Löffeln) auf dem Programm. Vom Publikum gefeiert geben sie eine Zugabe, bei der Ronnie Drew mit der Gitarre einsteigt. Das ist der Anfang: Die Ronnie Drew Ballad Group!

Ronnie Drew (*16.9.1934, Gesang, Gitarre, Bandmitglied 1962-1974 & 1979-1995): In Dunleary, dem Hafenvorort von Dublin, kann die Gitarre von James Joyce besichtigt werden. Joyces hochgelobte Tenorstimme kann der in der Nachbarschaft geborene Ronnie nicht aufbieten; Ronnies Reibeisenstimme wird wahlweise als "das Geräusch von Koks, zerquetscht unter einer Tür", "musikalisches Knurren mit Gitarrenbegleitung" und "fähig, Käse zu schneiden" beschrieben. Ronnie Drew, www.geocities.com/toeye/dubliners/ Er selbst sieht es gelassen: "Ich weiss nicht, ob es ein Segen oder ein Fluch ist, aber im Augenblick lebe ich davon." Seine Stimme weiss Ronnie einzusetzen: Am Anfang der Karriere jobbt er u.a. als Telephonist. Einmal ist er kurz angebunden, als eine besonders wichtigtuerische Dame Vorrang für einen Anruf haben will. Sie fragt, ob er nicht wüsste, wer sie sei, und verkündigt, sie wäre die Frau eines Regierungsministers. Ronnie fragt zurück, ob sie wüsste, wer er sei. Als sie verneint, sagt er "Thanks be to Jaysus for that" und legt auf. Aus diesem oder einem anderen Grund verschwindet Ronnie für drei Jahre nach Spanien, wo er Englisch lehrt, Unterricht in Flamenco-Gitarre nimmt und als Statist in "Lawrence von Arabien" auftritt. Nach seiner Rückkehr beginnt Ronnie in den Pausen im Gate Theatre Balladen vorzutragen, woraus die Dubliners hervorgehen. 1974 verlässt der "daddy" (J. Sheahan) die Gruppe, tritt 1979 wieder ein und verlässt sie endgültig 1995. "Vor dreissig Jahren haben wir keine Soundchecks gemacht und den ganzen Nachmittag in der Bar verbracht, ein Pint nach dem anderen hinunterstürzend. Das Leben ist jetzt weniger leidenschaftlich, damals war es flott und wild, nur Parties und Trinken und Geschrei." Bei seinen Auftritten lässt Ronnie, "ein Teil von Dublin wie das General Post Office oder O'Connell Bridge" (J. Kelly), sich nun von Gitarrist Mike Hanrahan (Stockton's Wing) begleiten oder singt mit der Sängerin Eleanor Shanley (De Dannan), mit der er bereits "Boots of Spanish Leather" auf dem "30 Years A Greying"-Album aufgenommen hat (-> FW#19).
Ein Konzert im Royal Hibernian Hotel ist "der erste organisierte Balladenabend als solches, mit Leuten, die Eintritt bezahlten." John Molloy inszeniert daraufhin mit der Ronnie Drew Group "A Ballad Tour of Ireland" am Gate Theatre. Die Gruppe besteht nun aus Ronnie und Barney plus Luke Kelly und Ciarán Bourke, später soll noch John Sheahan dazukommen. Die Show ist ein Erfolg und schweisst aus dem Haufen von Individualisten erst eine Gemeinschaft zusammen. Ein Bandname muss her! Ronnie Drew Group ist zu sperrig und wird in Naas einmal sogar als "Ronnie Drew Ballet Group" angekündigt. Man denkt zuerst an "The Heads", wie im Willkommensgruß "Howya, Head?" Schließlich, so der Mythos, schlägt Luke nach endlosen Diskussionen vor, sie sollten sich nach dem Buch benennen, das er gerade lese. Glücklicherweise ist dies Joyces Kurzgeschichtensammlung "Dubliners"; nicht auszudenken, wenn es Wildes "An Ideal Husband" oder Bowens "The Little Girls" gewesen wäre. Später bekennt Luke jedoch, sie hätten den Namen gewählt, weil sie alle Dubliner wären. Außerdem stünden sie damit immer in den Schlagzeilen: "Dubliner raubt Bank aus", "Dubliner geht Bankrott" ...

Am Anfang nimmt man es recht locker. Peggy Jordan macht sich damit verdient, sich um die Bande zu kümmern und "sessions" zu organisieren: "Ich badete meine beiden Jüngsten, brachte sie zu Bett und sammelte dann die Musiker ein, gestimmt wurde im Auto. Ich war immer hinter ihnen her, dass sie richtig gestimmt und pünktlich sind - einfach professionell." An einem Abend, an dem die Dubs die Presse treffen sollen, ziehen sie es lieber vor, einen Schluck in O'Donoghue's zu sich zu nehmen. Peggy taucht auf, unterm Arm die Folkikone Liam Clancy. "Sie konnten einfach nicht einsehen, wozu das Getue gut sei. Sie meinten, es sei doch nur ein Presseempfang, erzähl ihnen einfach alles über uns." Liam klärt auf: "Schaut, Jungs, selbst die berühmten Clancys müssen zu ihren eigenen Presseempfängen gehen."

Luke Kelly (1940-84) (17.11.1940-30.1.1984, Gesang, 5-String-Banjo, 1962-1964 & 1965-1984): Der River Liffey hat schon immer den mondänen, georgianischen Süden Dublins vom ärmeren, runtergekommenen Nordteil getrennt. Daran hat auch der "Keltische Tiger" nicht viel geändert. Luke wird in den Lattimore Cottages auf der Sheriff Street geboren, einer Ansammlung von einstöckigen Gebäuden aus dem 19. Jhd. mit jeweils zwei Räumen, Aussentoilette und einem einzigen Wasseranschluss im Hof. Wie viele junge Männer und Frauen seiner Generation muss Luke Arbeit in England suchen. Luke Kelly, www.thedubliners.myweb.nl "Mein Interesse an Folkmusik wuchs parallel mit meinem Interesse an Politik. Die Musik der Linken war über die Wirklichkeit. Das war Musik, die ich selber singen konnte. Ich brauchte keine Trompete oder so lernen, damit ich etwa Jazz spielen konnte." Luke tourt mit Ewan MacColl, dem "Vater" des britischen Folkrevivals. Er gilt als eine Art "Jim Larkin mit einem Banjo." (D. Geraghty) Als Luke 1961 nach Dublin zurückkehrt, stellt er fest: "Die Leute realisierten, dass die irischen Volkslieder mit einer Kraft gesungen werden konnten, die wir vorher nicht kannten. Sie konnten aus dem Salon genommen und wiederbelebt werden. Es gibt einen neuen Geist unter den jungen Leuten, ein politisches und soziales Bewusstsein, von der ich glaube, dass er unmittelbar mit den Balladen zusammenhängt. Die Bewegung hatte definitiv einen befreienden Einfluss. Ich wuchs in einer toten Stadt auf; ich glaube nicht, dass sie immer noch tot ist. Ich glaube, in Irland geschehen wieder Dinge." Phil Coulter schreibt "The Town I Loved So Well" (über seine Heimatstadt Derry) und "Scorn Not His Simplicity" (über seinen als Kind verstorbenen behinderten Sohn) geradewegs für Luke: "Luke hat die Integrität, nach der jeder Liederkomponist sucht." 1980 kollabiert Luke in Cork auf der Bühne. Es wird ein Gehirntumor festgestellt. "Ich hätte zwei Jahre vorher wissen müssen, das etwas nicht stimmt. Ich bekam schreckliche Kopfschmerzen, die ich auf Migräne oder einen Kater von der Nacht zuvor schob. Ein Arzt schickte mich in Krankenhaus, um `auszutrocknen'. Darum ließ ich mich nie gründlich durchchecken." Luke wird mehrmals operiert, erholt sich und tourt wieder. 1983 stürzt Luke im oberösterreichischen Traun mit einem Kreislaufkollaps von der Bühne. Die "Seele" der Band (J. Sheahan) stirbt im folgenden Jahr. Der Grabstein besagt schlicht: "Luke Kelly - Dubliner."
Die erste LP "Finnegan's Wake" wird 1966 live in der Lokalität gleichen Namens aufgenommen: Luke wird mit "du mit dem fusseligen Kopf" tituliert und kontert "zumindest bin ich nur äusserlich fusselig". Ronnie schlägt vor, die irische Sprache dadurch zu beleben, dass man die Werke aller verbotenen irischen Autoren veröffentliche. Am Abend, nach dem die Lord Nelson-Säule auf der O'Connell Street von der IRA in die Luft gesprengt wird, erscheint Nelsons Haupt auf der Bühne. Unmittelbar danach veröffentlichen sie das ironische "Nelson's Farewell", auf der B-Seite singt Luke die Hymne des Osteraufstandes von 1916, "The Foggy Dew".

Das Lied, das die Dubs jedoch berühmt macht, ist "Seven Drunken Nights", eine englische Version eines humoristischen, irischsprachigen Liedes, das sie vom Sean-Nós-Interpreten Joe Heaney aufgeschnappt haben (selbst widerum eine Version der Child-Ballade "Our Goodman".). "Seven Drunken Nights" wird Paddy's Day 1967 veröffentlicht und prompt aufgrund "Verletzung öffentlicher Sitte und Anstandes auf den Index gesetzt. (Joes irischsprachige Version wird ohne Protest gespielt.) Die Version der Dubs hat nur fünf Strophen und es wird spekuliert, ob die "fehlenden" Verse zu schockierend wären. Die Zensur ist nutzlos; der Piratensender Radio Caroline dudelt die Nummer ohne Pause. Innerhalb von zwei Tagen werden 40.000 Platten verkauft. "Seven Drunken Nights" ist zwei Monate lang an der Spitze der irischen Charts, erreicht die Nummer Fünf in England und führt zu einem Auftritt in "Top of the Pops" der BBC. Ronnie fragt: "Ist das gut oder schlecht?" John antwortet: "Man spielt weiterhin für die Leute. Es sind nur mehr."

Barney McKenna (*16.12.1939, Tenor-Banjo, Mandoline, Melodeon, seit 1962): Die "Rebel Liberties" um Christchurch und St. Patrick's Cathedral, haben den Ruf Freigeister und skurrile Charaktäre hervorzubringen. Barney ist mittendrin geboren, bevor er in Donnycarney herangereift ist. Barney McKenna, imol.vub.ac.be/Dubliners/ Mit zwölf Jahren versucht "Banjo Barney from Donnycarney" in die Number One Army Band einzutreten, begründet 1923 vom deutschen Oberst Fitz Brase, wird aber wegen mangelndem Sehvermögen abgelehnt. Er verlässt mit 14 die Schule, um sich als Glasbläser, Möbelpacker, Bau- und Hochofenarbeiter durchzubringen. Barney arbeitet sogar für das Post- und Telegrafenamt, woran sich später Ronnie erinnert: "Irgendwann war jemand töricht genug und behauptete, dass `Banjo' Barney McKenna vielleicht nicht ganz nüchtern wäre. Seine einfache Methode zu beweisen, dass die Anschuldigung falsch sei, war, auf den nächsten Telefonmast zu klettern. Er hing dort, bis die Polizei erschien und der ganze Ort war in furchtbarem Aufruhr. Aber am Abend beim Konzert war es gerammelt voll." Zuvor verursacht Barney im Uilleann Pipers' Club fast einen Aufruhr, als er dort mit rotem Hemd, Cowboyschnur um den Hals und "Winklepickers" an den Füßen auftaucht. An der Tür muss er seine musikalischen Fähigkeiten beweisen und einen Reel trällern. "Eigentlich sollte ich ein Chieftain werden, aber stattdessen ließ ich mir einen Bart wachsen und wurde ein Dubliner." Barneys Fertigkeiten machen das viersaitige Tenor-Banjo in der irischen Musik populär. Nahezu alle Verehrer des Instruments übernehmen Barneys GDAE-Stimmung, eine Oktave unter der Fiddle. Barneys exzentrisches Verhalten und Äusserungen werden von den Bandmitgliedern als "Barneyismen" bezeichnet: Einmal tritt er eine Hoteltür ein, weil er sich ausgesperrt hat, zieht aber vorher die Schuhe aus, um nicht allzuviel Gäste aufzuwecken. Als sich jemand von schwächerer Statur mit ihm anlegen will, erwidert Barney: "Wenn du mich schlägst und ich höre davon, könnte es Ärger geben." Barney lebt nun mit seiner holländischen Frau in Howth, einer kleinen Landzunge nordöstlich der Metropole (in der Abbey Tavern veranstaltet Peggy Jordan in den 60ern eines der ersten organisierten Folkprogramme), wo er einen Fischkutter sein Eigen nennt. John Sheehan, www.geocities.com/toeye/dubliners/ Diesem Hobby kann er jedoch kaum noch nachgehen, da Diabetes seine Sehkraft stark beeinträchtigt.
John Sheahan (*19.5.1939, Fiddle, Tin-Whistle, Mandoline, Konzertina, Gitarre, seit 1964): "The quiet one" der Dubs, stammt aus dem Stadtteil Marino, dem er mit dem aus einer TV-Werbung bekannt gewordenen "Marino Waltz" ein Denkmal gesetzt hat. John lernt Tin-Whistle auf dem Christian Brothers College; seine Schulkameraden sind Paddy Moloney (Chieftains) sowie Leon und Liam Rowsome. Er studiert klassische Violine auf der Municipal School of Music in Dublin, wo seine Lehrer allerdings kein Gefallen an seinen Improvisationskünsten finden: "Du komponierst schon wieder." John wird Elektriker, spielt aber gleichzeitig traditionelle Musik in verschiedenen Ceilíbands. Die Dubs treten wöchentlich im Royal Hotel auf: "Ich trat hie und da in den Pausen auf. Wir hatten viel Spaß und die Leute meinten, der neue Fiddler klinge gut. Drum fragte Ronnie ,Wie steht es mit nächster Woche?' und ich sagte ,Ja, klar!'" Als Gastmusiker findet man John auch auf Platten von Kate Bush und Terence Trent D'arby. Er ist der einzige Dub mit einer formalen musikalischen Ausbildung, worauf er sehr stolz gewesen ist, bis ihn eines Tages ein alter Mann fragt: "Sag mir, junger Mann, kannst du Noten lesen oder bist du begabt?" John ist ebenso der einzige in der Band, dessen Standardgetränk kein Pint, sondern Cola mit Eis ist, und ihm wird ein Faible für alpine Trachten nachgesagt.
1969 wird das Album "Revolution" im Kilmainham-Gefängnis vorgestellt. Luke singt Phil Coulters "Hand Me Down The Bible", (k)eine Ehrung für einen gewissen Reverend im Norden der Insel. Coulters "Free the People" wird 1971 auf einer großen Demo aufgeführt, zwei Wochen nachdem in Nordirland das "internment" eingeführt worden ist. Daraufhin müssen die Dubs ein Konzert im englischen Lancashire absagen, weil sie nicht auf als unannehmbar betrachtete Stücke verzichten wollen. Aber zu einem Konzert in Amsterdam fliegt ein Kamerateam ein. Es ist die erste irische Fernsehsendung in Farbe. 1971 debütieren die Dubs vor 8.000 Zuhörern in der Berliner Sporthalle. Im folgenden Jahr treten sie in "Richard's Cork Leg" auf, einer Revue von Sketchen und Liedern aus dem Nachlass von Brendan Behan. In Cork wird die Show prompt vom Bischof verdammt.

In den nächsten Jahren reisen die "geistigen Paten aller heutigen irischen Musikgruppen" (S. Winnick) rund um die Weltf. Die gewaltigen Bärte, der bärbeissige Akzent, das spezielle Repertoire und all die Eigenschaften, die den typischen Dubliner ausmachen sollen - Geselligkeit, Witz, Spott, Schlagfertigkeit - machen sie zu gesuchten Entertainern. Sogar der griesgrämige US-Moderator Ed "Old Stone Face" Sullivan läßt sich in seiner berüchtigten Sonntagabend-Show zu einem Lächeln hinreissen. Albentitel wie "A Drop of the Hard Stuff", "More of the Hard Stuff", "Drinkin' and Courtin'" und "The Dubliners at it Again" tragen dazu bei, das Image als "hard-drinking Paddies" zu festigen. Nicht ganz zu Unrecht. Der erste Manager wird mit den ständigen Mahnworten zitiert: "Denkt dran, Jungs, kein Boxenstopp, bevor wir an Inchicore vorbei sind." Ein Vorort Dublins.

Ciarán Bourke (18.2.1935-10.5.1988, Gesang, Gitarre, Tin-Whistle, Mundharmonika, 1962-1974): Ciarán hätte Akademiker werden können, Ciarán Bourke, imol.vub.ac.be/Dubliners/ wenn er nicht das landwirtschaftliche Studium am University College Dublin drangegeben hätte, um sich als Hausmeister, Wagenwäscher, Baumbeschneider, Antiquitätenhändler, Klempner und Dachdecker durchs Leben zu schlagen. In den frühen 60ern lernt Ciarán als Strassenmusiker Barney und Luke kennen. Der Rest ist Geschichte. Ciarán ist für seine Liebe zur irischen Sprache und dem "black stuff" bekannt. Als er das Portal seines georgianischen Hauses in den Dublin Mountains errichtet, bettet er darin 2.000 (natürlich leere) Flaschen in einem dekorativen Bogengang ein. Während einer Show in Eastbourne 1974 kollabiert er an einer Hirnblutung. Die Operation lässt ihn halbseitig gelähmt zurück. Ciarán stirbt 1988.
Jim McCann (*26.10.1944, Gesang, Gitarre, 1974-1979): Auch Jim tauscht das Universitätsstudium und die gutsituierten Aussichten eines Mediziner mit dem Hungerleben des fahrenden Musikers. 1965 schließt er sich dem Ludlow Trio an, benannt nach einem Woodie Guthrie-Song ("Ludlow Massacre"). Jim McCann, www.thedubliners.myweb.nl Dominic Behans "The Sea Around Us" ist der erste Hit des Folkrevivals und erreicht die Nummer 1 in den irischen Charts. In den 70ern debütiert Jim kurze Zeit als Peter in "Jesus Christ Superstar" (Luke Kelly spielt Herodes). Während dieser Zeit wird er gefragt, ob er zeitweilig den kranken Ciarán ersetzen wolle. Als Ronnie die Gruppe verlässt, wird er permanentes Bandmitglied. Als dieser 1979 wieder einsteigt, nutzt Jim dies als Anlass für eine Solokarriere. Jim ist weiterhin ununterbrochen auf Achse, hat einige erfolgreiche Alben eingespielt und mit "Grace" einen erneuten Hit gelandet (-> FW#18).
Bobby Lynch (18.5.1935-2.10.1982, Gesang, Gitarre, 1964-1965): Bobby spielt zu Beginn der 60er zusammen mit John traditionelle Musik. Als Luke 1964 die Band verlässt, springen John und Bobby für "ein oder zwei Konzerte ein. Luke kehrt nach einem Jahr zurück und Bobby verabschiedet sich wieder.
In den 70er und 80er-Jahren sind die Dubs ohne Pause unterwegs, müssen aber auch einige Umbesetzungen und das verfrühte Ableben von Ciarán und Luke verkraften. 1987 melden sie sich zum 25jährigen Bandjubiläum noch einmal spektakulär zurück: RTÉ sendet ein zweieinhalbstündiges Special; der "Irish Rover" mit den Pogues stürmt die irischen und britischen Charts. Die Dubs treten vor 60.000 Zuschauern im Vorprogramm von U2 auf. Zum 1000jährigen Jubiläum der Stadt erscheint 1988 "Dubliner's Dublin" als CD und Video. (988 ist die 841 begründete Wikingersiedlung vom irischen König Malachy gezwungen worden, eine jährliche Abgabe zu zahlen; die Dubliner Bevölkerung feiert also sozusagen "die Tatsache, dass sie seit tausend Jahren Steuern zahlen müssen", R. Sotscheck) 1990 nehmen die Dubs, abermals mit den Pogues, den Fußballweltmeisterschafts-Hit "Jack's Heroes" auf und 1992 mit den Hothouse Flowers die Wohltätigkeitssingle "The Rose".
Seán Cannon (*29.11.1940, Gesang, Gitarre, seit 1982): Die See-, Handels-, Touristen- und Universitätsstadt Galway an der irischen Westküste ist mit seiner Musik- und Pubszene vielleicht die kosmopolitischste Ortschaft Irlands. Seán Cannon, www.dubliners.at Kein Wunder also, dass es Seán schon in jungen Jahren quer durch Europa zieht. In Deutschland übt er nicht nur seine linguistischen Fähigkeiten (in Friedrichshafen arbeitet er u.a. einige Monate lang als Anstreicher), sondern entwickelt auch sein weiteres Interesse für Folkmusik. In den späten 60ern lässt Seán sich in England nieder, wo er immer noch lebt, und wird ein renommierter Solokünstler. 1980 trifft er erstmals mit den Dubs zusammen, beim "First Vienna Celtic Folk Festival" auf dem Wiener Heumarkt, dem allererstem Dubkonzert in Österreich überhaupt. Als Luke erkrankt, springt Seán ein und wird bald darauf Vollzeitmitglied.
Eamonn Campbell (*29.11.1946, Gitarre, 5-String-Banjo, Mandoline, seit 1987): Die Wikingersiedlung Drogheda ist schon immer für Talente gut gewesen: Eamonn Campbell, www.dubliners.at die Taylor-Brüder, die die Uilleann Pipes in D-Stimmung und damit verbundener größerer Lautstärke entwickeln, in jüngerer Zeit die Sänger/innen Seán Corcoran (Cran), Kieran Halpin und Deirdre Scanlan (Sessions from the Hearth, Solas). 1965 wird Eamonn professioneller Musiker. Mit Dermot O'Brien & The Clubmen geht er 1967 gemeinsam mit den Dubs auf eine Großbritannientour. 1972 wird er Studiomusiker und Produzent und spielt mit Orchestern in "Jesus Christ Superstar", "West Side Story" und "Joseph and his Amazing Technicolour Dreamcoat". Eamonn gastiert bei den Dubs bei zahlreichen Gelegenheiten, insbesondere während Lukes Krankheit. 1987 produziert er das "25 Years Celebration"-Album und bringt die Dubs und die Pogues zusammen.
Paddy Reilly (*18.10.1939, Gesang, Gitarre, seit 1996): Rathcoole, Co. Dublin, hat ansonsten nur noch die verhinderte Schwimmerin Michelle Smith zu bieten. (Oh, fast hätte ich Piper Christy O'Leary vergessen!) Paddy Reilly, www.irishtours.com Nach der Hitsingle "The Fields of Athenry" von 1979, einem Song über Hungersnot und Deportation Mitte des 19. Jhds. und unlängst zur Sporthymne mutiert, steigt Paddy als Balladeninterpret in die Pubszene ein. Nach drei erfolgreichen Jahrzehnten als Solist, in denen er sich vor allem auf Irland, die USA und Australien konzentriert, ersetzt er Ronnie, als dieser 1995 die Gruppe endgültig verlässt. Paddy ist zu diesem Zeitpunkt niemals zuvor durch Europa getourt, sieht dem Ganzen aber gelassen entgegen: "Ich denke nicht, dass wir disharmonieren. Und wenn, kann ich immer noch schauen, ob die Chieftains einen Sänger brauchen." Er fügt grinsend hinzu: "Ich hoffe auch, noch jede Menge Geld zu machen, bevor die Hochstapler die Szene ruinieren." John erinnert sich an den ersten gemeinsamen Gig in Oslo: "Es war unser erster Auftritt mit Paddy, und wie wir Dubliners nun mal sind, hatten wir nicht geprobt. Wir hatten gedacht, dass wir frühzeitig an dem Tag zusammenkommen und ein Programm ausarbeiten. Aber natürlich trafen wir uns erst in der Garderobe, eine halbe Stunde vor Beginn, und bastelten hektisch einen Ablauf zusammen. Eines Tages wird diese Gruppe sich mal zusammenreissen und dann geht's los."
"Die Dubliners haben den Weg für Dutzende von irischen und schottischen Bands geebnet. Sie haben Folkmusik Millionen von Menschen in der ganzen Welt nähergebracht; Menschen, die sich sonst nie dafür interessiert hätten. Wann immer es vorbei ist, die Welt wird nie mehr dieselbe sein ..." (T. Øye)

Ende des Jahres führt eine Tournee die Dubs wieder durch deutsche Gefilde. Meine Prognose: Es wird wohl wie immer werden. Wenn die Show nicht Punkt Acht beginnt, setzt forderndes Händeklatschen ein. Aber John kennt das Prozedere: "Mittlerweile warten wir immer fünf Minuten und schlendern dann gemächlich auf die Bühne; es ist Teil der Vorstellung geworden."

The Dubliners on Tour (ab dem 23. November mit Jim McCann & Ronnie Drew) [Tickets: Deutschland]

The Dubliners, Tønder-Festival 2002
25.10.2002 Bielefeld, PC 69
26.10.2002 Leipzig, Anker
27.10.2002 Wernesgrün, Biertenne
28.10.2002 Weimar, Weimarhalle
29.10.2002 Waltrop, Stadthalle
30.10.2002 Heilbronn, Harmonie
02.11.2002 München, Circus Krone
03.11.2002 Frankfurt, Alte Oper
05.11.2002 Nürnberg, Meistersingerhalle
06.11.2002 Hagen, Stadthalle
07.11.2002 Lingen, Theater a.d. Wilhelmshöhe
08.11.2002 Duisburg, Theater am Marientor
09.11.2002 Rahden, Hotel Bohne

21.11.2002 Taunusstein, JZ Bleidenstadt30.11.2002 Stade, Stadeum
22.11.2002 Kaiserslautern, Kammgarn01.12.2002 Pahlen, Eiderlandhalle
23.11.2002 Düsseldorf, Tonhalle02.12.2002 Aurich, Stadthalle
24.11.2002 Münster, Jovel03.12.2002 Bremen, Glocke
25.11.2002 Braunschweig, Stadthalle04.12.2002 Lübeck, MuK
26.11.2002 Göttingen, Stadthalle05.12.2002 Hannover, Theater am Aegi
27.11.2002 Cloppenburg, Stadthalle06.12.2002 Berlin, Tempodrom
29.11.2002 Flensburg, Deutsches Haus07.12.2002 Hamburg, CCH, Saal 1

FolkWorld-Artikel und -Rezensionen:

Ronnie Drew & Eleanor Shanley "A Couple More Years"
Jim McCann "The Collection", "By Request"
The Fureys "Lonesome in O'Donoghues"

Dubliners Fansites:

www.dubliners.at
www.geocities.com/toeye/dubliners/
www.thedubliners.myweb.nl
imol.vub.ac.be/Dubliners/
www.bath.ac.uk/%7Eexxdgdc/music/dubliner.html
www.irishmusicweb.ie/texts/dubliners.html

Bibliographie:

Des Geraghty, Luke Kelly - A Memoir. Basement Press, Dublin 1994. ISBN 1-855940-906
The Dubliners Songbook. Music Sales, London 1974. ISBN 0-7119-0476-0
The Dubliners Songbook. Baycourt, Dublin 1994.

Photo Credit: Last photo @ Tønder Festival 2002; by Tom Keller; all others: Press Photos.

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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 9/2002

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