FolkWorld Live Review 8/2001; aus den LAG Folk News Nr 3/01:

Zum dritten Mal Folk im Museum

Drones & Bellows und Brian McNeill


Von Helmut Beushausen

Auch nach dem dritten Konzert in der Reihe "Folk im Museum" steht fest: In keinem soliden norddeutschen Folkie-Terminkalender darf unter dem Freitag oder Sonnabend der ersten Aprilwoche die Eintragung "Museum für Volkskunde, Schleswig, Hesterberg, 20.00 Uhr" fehlen. Stimmten vor zwei Jahren Strandgut und Schmelztiegel gehörig ein, gefolgt im neuen Jahrtausend vom launig-lyrischen Irish Folk und wahrhaft angelitischem Lifestyle der Gruppen Black Bush und Lorbass, ging es diesmal am 6. 4. dänisch-schottisch ab. Zu danken war dieser Abend Drones & Bellows aus Dänemark und Brian McNeill aus Schottland, "da, wo es so flach ist wie Dithmarschen".

Drones & Bellows mit Brian McNeill in Tonder 1999, Photo by The MollisNoch kurz vor Mitternacht stand das Publikum in der ausverkauften Volkskunde-Halle rhythmisch klatschend mit gerade noch gezügelten tanzwütigen Gliedern vor den dichten Stuhlreihen. Keine Spur von Musentempel-Befangenheit. Nicht die geringste. Das Museum ist der wahrhafte Ort für die Folk-Szene. Das Lächeln sei nicht verboten, erklärte Brian McNeill zu Beginn des Konzerts, und die Schleswiger zeigten dem Barden, welche Leidenschaft in ihnen steckt. Man hätte noch weitermachen können - natürlich, wäre da nicht Brians Geburtstag gewesen. Was hat er nicht alles vorher gezeigt mit der Geige, Gitarre, all diesen anderen Instrumenten wie Mandoline, Concertina, Mundharmonika und, und, und - und nun dies am Schluss: eine Flasche Whisky vom Volkskunde-Museum zum Ge-burtstag. Da drängte es ihn in die Backstage-Räumlichkeiten. Eine weitere Gratulation, ein weiteres Geschenk - ob in der flaschen-langen Verpackung wirklich nur "Grüner Tee" war? - gab es von seinen musikalischen Partnern Drones & Bellows.

Dass beide schon lange folkmäßig kooperieren, hat dieser Abend oder besser diese Nacht eindrucksvoll gezeigt. Ihr gemeinsames Repertoire ist so groß und eingespielt, dass sie es sich leisten können, auch situativ, nur "aus dem Bauch heraus", zu improvisieren und zu arrangieren. So gut und so originell, dass es wohl auch für ein ganzes Konzert gereicht hätte.

Sie teilten es sich aber zunächst ordentlich auf. Drones & Bellows bestritten das erste Drittel. Frech die Folk-Version des Bach-Chorals "Jesu, meine Freude" und die gelungene Folk-Metamorphose einer Beethoven-Phrase. Von der Leichtigkeit des Seins - die folkige Verarbeitung eines geklauten Gruppen-Buses - oder von seiner unfreiwilligen Komik: Wohin fährt am Ende ein "back-wards" in den Zug nach Westerland manövriertes Gefährt? Zu verzwickt für einen Schädel aus dem Wikinger-Land. Vieles zum Mitsingen, Mitklatschen, Mitstampfen.

Drones & Bellows mit Brian McNeill in Tonder 1999, Photo by The MollisEs bedurfte dann keines folkigen Warming-ups mehr, um auf Brian McNeill einzustimmen. Von dem hörten wir Geschichten, Anekdoten noch und noch, aus einem Schottland, das so aussieht wie Dithmarschen - von einem Fischreiher "beim Frühstück" zum Beispiel, beobachtet aus einem eiskalten Auto, das den Geist aufgegeben hat. Dann aber auch Sozialromantisches aus dem Münsterland: Wer kennt beispielsweise Frau Lakenbrink, dieses bierwuchtende Kaliber, zwei Meter in jeder Richtung, aus der nächsten Gastwirtschaft, in die sich ein verarmter schottischer Straßenmusiker "nach Dienstschluss" ganz einfach verlieben muss. Oder etwa nicht? Auch ein Exkurs über den Großen Teich durfte nicht fehlen. Da hören wir von einem 93jährigen Auswanderer-Onkel aus dem Altenheim, dem gegen jeden ärztlichen Rat der Whisky das einzig wahre Lebenselixier ist - wenn nicht anders möglich, füllt er es ganz einfach in seine Wärmflasche ab.

Richtig eingeheizt wurde dann noch einmal im dritten, gemeinsamen Teil der Veranstaltung. Absolut fetzig die schrille Blues-Nummer mit Filzhüten und Sonnenbrillen. Brian McNeill Rücken an Rücken mit Thomas Wieder von den Drones & Bellows, biegsam und lässig wie ein Junge aus der Bronx Mundharmonika spielend - unnachahmlich. Man kann den Veranstaltern zu diesen Interpreten nur gratulieren. - Also vormerken im Kalender

Der Konzertbericht ist den LAG Folk News entnommen. Weiteres über Drones & Bellows mit Brian McNeill im FolkWorld Interview in Ausgabe 12 12/99.

Photos by The Mollis: Drones & Bellows mit Brian McNeill in Tonder 1999


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 8/2001

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